10.01.2025

Zur Angabe der Art des Darlehens und der Vertragslaufzeit bei einem grundpfandrechtlich gesicherten Annuitätendarlehen

Der BGH hat sich vorliegend mit der Angabe der Art des Darlehens nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB und der Vertragslaufzeit nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 6 EGBGB bei einem grundpfandrechtlich gesicherten Annuitätendarlehen befasst.

BGH v. 3.12.2024 - XI ZR 151/23
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des von den Klägern erklärten Widerrufs ihrer auf den Abschluss eines Immobiliardarlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen und der hilfsweise erklärten Kündigung dieses Vertrags. Die Parteien schlossen im November 2011 zur Finanzierung eines privat genutzten Einfamilienhauses einen Immobiliardarlehensvertrag, der im Kopf der Vertragsurkunde als "befristetes grundpfandrechtlich gesichertes Annuitätendarlehen" bezeichnet war, mit einem Nettodarlehensbetrag von 200.000 € zu einem Sollzins von anfänglich 2,99%. Der Zinssatz war bis zum 30.11.2021 gebunden. Im Vertrag sind u.a. folgende Angaben enthalten:

"1 Höhe des Darlehens: Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, das Darlehen bis spätestens zum 20.11.2012 abzunehmen.

3.1 Sollzinssatz: Bei einem variablen Sollzins oder nach Ablauf der Sollzinsbindung (s.u.) ist die Bank nach dem nachfolgend beschriebenen Verfahren berechtigt, den Sollzinssatz zu erhöhen und in gleicher Weise verpflichtet, den Sollzinssatz zu senken. Die Berechtigung und Verpflichtung der Bank zur Sollzinssatzveränderung orientiert sich an einer Veränderung des Referenzzinssatzes.

Referenzzinssatz ist der am 01.12.2021 ermittelte Durchschnittszinssatz für vergleichbare Kredite gem. EWU Zinsstatistik.

Bei einer Sollzinsfestschreibung können Änderungen frühestens mit deren Ablauf erfolgen. Sofern keine neue Sollzinsvereinbarung getroffen wird, kann die Bank entweder den ursprünglich vereinbarten gebundenen Sollzins als veränderlichen Sollzinssatz fortgelten lassen oder den jeweiligen Durchschnittszinssatz für Darlehen dieser Art, welcher im vorausgehenden Monat in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlicht wurde, als veränderlichen Sollzinssatz zugrunde legen. Diesen Sollzinssatz überprüft die Bank anschließend nach den eingangs getroffenen Regelungen.

4 Darlehensrückzahlung und Laufzeit: Das Darlehen ist wie folgt zurückzuzahlen:
In 369 Annuitätsraten aus Sollzins und Tilgung zzgl. sonstiger Kosten zu zahlen jeweils fällig am Ende eines jeden Monats, erstmals am 31.12.2011 mit vorrangiger Verrechnung auf die Sollzinsen, hiervon 368 Raten i.H.v. EUR 830,00 sowie eine abweichende Rate in Höhe von EUR 501,08.
Bei Sollzinssatzänderungen können die Raten entsprechend geändert werden.

Vertragslaufzeit:
Auf Basis der vereinbarten Konditionen ergibt sich eine voraussichtliche Vertragslaufzeit von 370 Monaten. Zinssatz- und Tilgungsänderungen können zu Änderungen der Ratenhöhe und der Anzahl und damit zur Veränderung der anfänglich vereinbarten Darlehenslaufzeit führen. Das Kapitalnutzungsrecht des vereinbarten Darlehens bleibt bei vertragsgemäßer Erfüllung für den gesamten, zur vollständigen Tilgung benötigten Zeitraum erhalten.

5 Effektiver Jahreszins: 3,03 %.
Bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses wurde eine Auszahlung zum 30.11.2011 angenommen."


Im Mai 2020 erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen und hilfsweise die außerordentliche Kündigung des Darlehensvertrags. Mit ihrer Klage beantragten die Kläger zuletzt, nachdem sie im Laufe des Rechtsstreits das Darlehen vollständig abgelöst hatten, die Beklagte zur Zahlung von rd. 13.000 € nebst Zinsen zu verurteilen.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Die Revision der Kläger hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Kläger ihre auf Abschluss des streitgegenständlichen Immobiliardarlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen nicht wirksam widerrufen haben. Den Klägern stand zwar bei Abschluss des Darlehensvertrags gem. § 495 Abs. 1 BGB i.V.m. § 355 BGB a.F. ein Widerrufsrecht zu. Die Widerrufsfrist begann nicht zu laufen, bevor die Kläger die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hatten. Dies war aber vorliegend bei Abschluss des Darlehensvertrags im November 2011 der Fall, so dass der Widerruf im Mai 2020 verspätet war.

Die Beklagte hat ihre Verpflichtung aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F., § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB, die Art des Darlehens anzugeben, ordnungsgemäß erfüllt. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Bezeichnung des Darlehens als "befristet" nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat ihre Verpflichtung aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F., § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB, die Art des Darlehens anzugeben, ordnungsgemäß erfüllt. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Bezeichnung des Darlehens als "befristet" nicht zu beanstanden. Nach der Gesetzessystematik der §§ 491 ff. BGB unterscheiden sich befristete und unbefristete Darlehen im Grundsatz dadurch, dass unbefristete Darlehen zur Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs einer Kündigung bedürfen, während dies bei befristeten Darlehen nicht der Fall ist. Dementsprechend bestimmt die allgemeine Vorschrift des § 488 BGB in Absatz 3 Satz 1, dass bei einem Darlehen, bei dem was für ein unbefristetes Darlehen kennzeichnend ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt ist, die Fälligkeit von einer Kündigung abhängt.

Diesem Begriffsverständnis steht nicht entgegen, dass dem Darlehensnehmer auch bei einem befristeten Darlehensvertrag unter bestimmten Voraussetzungen nach § 489 Abs. 1 und 2 BGB oder nach § 494 Abs. 6 Satz 1 BGB ein ordentliches oder jederzeitiges Kündigungsrecht zusteht. Hierbei handelt es sich um Sonderregelungen zum Schutz des Darlehensnehmers, die zur vorzeitigen Fälligstellung eines befristeten Darlehens erforderlich sind, weil dieses grundsätzlich erst mit Ende der Laufzeit fällig wird. Nach diesen Maßgaben ist der streitgegenständliche Immobiliardarlehensvertrag befristet. Der Sollzins war zwar nach Ziffer 3.1 des Darlehensvertrags lediglich bis zum 30.11.2021 gebunden. Anschließend sollte aber, sofern es nicht zu einer neuen Sollzinsvereinbarung kommt, ein näher definierter veränderlicher Sollzinssatz gelten. Anders als bei Darlehensverträgen, bei denen für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt ist, bedurfte es zur Fälligstellung keiner Kündigung nach § 488 Abs. 3 Satz 1 BGB.

Des Weiteren macht die Revision ohne Erfolg geltend, dass die von der Beklagten erteilten Angaben zur Vertragslaufzeit (§ 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F., § 3 Abs. 1 Nr. 6 EGBGB) nicht ordnungsgemäß seien. Die Vertragslaufzeit ist die Dauer, für die der Darlehensvertrag nach der Vereinbarung der Parteien bestehen soll und für die der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer ein Kapitalnutzungsrecht einräumt. Die Laufzeit kann durch ein Enddatum oder die Dauer in Jahren und Monaten angegeben werden. Dem ist vorliegend genügt. Aus Ziffer 4 des Darlehensvertrags ("Vertragslaufzeit") ergibt sich, dass die voraussichtliche Vertragslaufzeit auf Basis der vereinbarten Konditionen 370 Monate beträgt. Zugleich wird klargestellt, dass Änderungen von Zinssatz und Tilgung zu einer Veränderung der Darlehenslaufzeit führen können. Die Beklagte hat damit hinreichend klar und verständlich darüber informiert, dass sich die Vertragslaufzeit durch die Veränderlichkeit der Konditionen nach Auslaufen der Sollzinsbindung verkürzen oder verlängern kann. Hieraus kann der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Verbraucher die voraussichtliche Vertragslaufzeit ersehen.

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Aufsatz
Aktuelle Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zum Bank- und Kapitalmarktrecht
Christian Grüneberg, WM 2025, 1

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