Zur Anrechnung von Steuervorteilen auf den Schadensersatzanspruch eines Anlegers gegen die Gründungsgesellschafter eines Immobilienfonds
BGH 11.2.2014, II ZR 276/12Der Kläger verlangt Schadensersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinne. Er beteiligte sich im Jahr 1997 mit 100.000 DM nebst 5 Prozent Agio über einen Treuhandkommanditisten an dem geschlossenen Immobilienfonds D-GmbH & Co. KG. Unter Berufung auf verschiedene Prospektmängel begehrt er von der Beklagten zu 1) als Gründungskomplementärin und der Beklagten zu 2) als Gründungskommanditistin des Fonds im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung der Beteiligung.
Mit seiner Klage verlangte der Kläger Zahlung von rd. 60.000 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligungsrechte an dem Fonds. Weiter beantragt er festzustellen, dass die Beklagten im Annahmeverzug seien und dass sie verpflichtet seien, dem Kläger allen zukünftigen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund der Beteiligung entstehen werde.
Das LG gab dem ersten Feststellungsantrag in vollem Umfang statt, dem zweiten Feststellungsantrag Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung und schließlich der Zahlungsklage mit einem Teilbetrag von rd. 34.000 € nebst Zinsen, ebenfalls Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte. Das OLG erhöhte die Zahlungspflicht der Beklagten auf rd. 40.000 € und wies i.Ü. die Berufungen der Parteien zurück. Dabei rechnete es - entgegen dem Begehren der Beklagten und anders als das LG - die mit der Beteiligung verbundenen Steuervorteile i.H.v. rd. 17.000 € nicht schadensmindernd an.
Die Revision der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG hat den geltend gemachten Schadensersatzanspruch im Ergebnis zu Recht ohne Anrechnung von Steuervorteilen zugesprochen.
Im Rahmen der Schadensberechnung sind vorteilhafte Umstände, die mit dem schädigenden Ereignis in einem qualifizierten Zusammenhang stehen, zu berücksichtigen, soweit ihre Anrechnung dem Sinn und Zweck des Schadensersatzes entspricht und weder den Geschädigten unzumutbar belastet noch den Schädiger unbillig entlastet. Der Geschädigte darf nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Andererseits sind nicht alle durch das Schadensereignis begründeten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, sondern nur solche, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt. Dazu können auch steuerliche Vorteile gehören, die der Anleger aus seiner Beteiligung an einem Immobilienfonds erlangt hat.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH scheidet aber im Rahmen der Schätzung des Schadens (§ 287 ZPO) eine Vorteilsanrechnung bezogen auf Steuervorteile grundsätzlich dann aus, wenn die entsprechende Schadensersatzleistung ihrerseits der Besteuerung unterworfen ist. Soweit die Schadensersatzleistung - als Rückfluss der zuvor angefallenen Betriebsausgaben oder Werbungskosten - vom Anleger zu versteuern ist, ohne dass es bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise darauf ankommt, ob der Anleger die Schadensersatzleistung tatsächlich versteuert, sind die erzielten Steuervorteile nur dann anzurechnen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger derart außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen.
Auf diese Ausnahme beruft sich die Revision nicht. Sie meint vielmehr, dass der Kläger die Schadensersatzleistung der Beklagten im Umfang der hier streitigen Werbungskosten schon grundsätzlich nicht zu versteuern habe, dass also die Steuervorteile dem Kläger erhalten blieben und deshalb auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen seien. Dem kann nicht gefolgt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH und des BGH sind Erstattungsbeträge, die Werbungskosten ersetzen, im Jahr ihres Zuflusses steuerpflichtige Einnahmen der Einkunftsart, bei der die Aufwendungen vorher als Werbungskosten abgezogen worden sind, hier also der Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG. Danach scheidet eine Anrechnung der dem Kläger aus dem Abzug von Werbungskosten entstandenen Steuervorteile aus. Das gilt jedenfalls für die sofort abzugsfähigen Werbungskosten. In deren Höhe führt die Rückabwicklung der Beteiligung des Klägers zu einer Besteuerung der Schadensersatzleistung, die ihm die erzielten Steuervorteile wieder nimmt.
Nach der Rechtsprechung des Senats gilt, anders als vom OLG angenommen, für die Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz - hier i.H.v. rd. 6.000 € - nichts anderes als für die sofort abziehbaren Werbungskosten. Die Revision beruft sich demgegenüber - ebenso wie das OLG - auf eine Sperrwirkung des § 1 Abs. 1 S. 2 FördG und will daraus herleiten, dass bei der Rückabwicklung eines Gesellschaftsbeitritts der Schadensersatzanspruch nicht im Umfang der auf den betreffenden Gesellschafter entfallenden Sonderabschreibungen steuerbar ist. Auch dem kann nicht gefolgt werden.
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