Zur Darlegungs- und Beweislast beim Eingehungsbetrug wegen fehlerhafter Beratung
BGH 19.7.2011, VI ZR 367/09Die Klägerin hatte mit der Beklagten im Jahr 2005 einen Lizenz- und Franchisevertrag abgeschlossen, auf dessen Grundlage die Klägerin einen Franchisebetrieb zur Wiederbefüllung von Druckerpatronen im Einzelhandel errichtete. Die Verhandlungen wurden u.a. auf der Grundlage eines individuellen Businessplans geführt, den die Wirtschaftsberatungsgesellschaft der Beklagten im Januar 2005 erstellt hatte.
Danach sei die Maschinenausstattung des Shops so gewählt, dass Kapazitätsauslastungen erst ab einer Umsatzgröße von ca. 600.000 € erreicht würden. Der Lizenzpartner erkenne an, dass ihm vom Lizenzgeber keine Rentabilitätsgarantie erteilt wurde und er zugleich darauf hingewiesen worden sei, dass die ihm mitgeteilten wirtschaftlichen Daten des Lizenzsystems auf Erfahrungswerten des Lizenzgebers aus eigenen Filialen bzw. dem Pilotbetrieb zurückgingen.
Vor Eröffnung des Geschäftsbetriebs zahlte die Klägerin eine Einstiegsgebühr von 25.000 € an die Beklagte. Wegen der niedrigen Umsätze der Klägerin kam es zwischen den Vertragsparteien zu Streitigkeiten. Ende November 2006 kündigte die Beklagte den Franchisevertrag. Daraufhin forderte die Klägerin Schadensersatz wegen vorvertraglicher Pflichtverletzungen durch unrichtige Tatsachenangaben in der Umsatzprognose.
Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr dem Grunde nach statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Das Berufungsgericht hatte die Beklagte zu Unrecht überraschend wegen eines drittbegünstigenden Betruges gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zum Schadensersatz verurteilt.
Von der Verletzung der rechtlichen Hinweispflicht gem. § 139 Abs. 2 S. 1 ZPO dahingehend, dass das Berufungsgericht eine Verurteilung aufgrund deliktischer Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB in Betracht ziehe, einmal abgesehen, hatte das OLG die Beweislast dafür, dass die Klägerin über die Verschlechterung der Umsätze im Pilotbetrieb vor Vertragsschluss aufgeklärt worden sei, zu Unrecht der Beklagten auferlegt. Denn derjenige, der sich - wie der Kläger - auf eine deliktische Haftung wegen Verletzung eines Schutzgesetzes stützt, hat grundsätzlich alle Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des Schutzgesetzes ergibt.
Hat der Getäuschte den Beweis geführt, dass er durch einen Irrtum zum Vertragsschluss bestimmt worden war, dann mag der - nach wie vor nicht beweispflichtige - Gegner den Gegenbeweis führen, in dem er die spätere Irrtumsbeseitigung dartut. Zur Führung eines solchen Gegenbeweises genügt aber bereits die Erschütterung der Überzeugung des Tatrichters, seine Überzeugung vom Gegenteil ist hingegen nicht erforderlich. Die Darlegungs- und Beweislast für die Täuschung durch fehlerhafte Beratung verbleibt weiterhin grundsätzlich beim Anspruchsteller. Infolgedessen durfte das OLG die Nichterweislichkeit der unterlassenen Aufklärung der Klägerin über die gesunkenen Umsatzzahlen und die verschlechterten Erfolgsaussichten des Franchisebetriebes nicht der Beklagten anlasten.
Somit begründete die Übergabe des korrekturbedürftigen Businessplanes an die Klägerin für die Beklagte zwar eine Aufklärungspflicht, doch veränderte sich dadurch nicht die Beweislast für die Täuschung der Klägerin zu Lasten der Beklagten. Vielmehr musste die Klägerin die Tatbestandsvoraussetzungen des Betruges, mithin den durch die Täuschung erregten Irrtum, auf Grund dessen sie eine schädigende Vermögensverfügung vorgenommen hatte, beweisen.
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