Zur Durchführung interner Revisionen als Dienstvertrag
BGH 22.9.2011, III ZR 95/11Die Klägerin ist ein größeres Wirtschaftsprüfungsunternehmen. Sie führte jährlich interne Revisionen in den deutschen Standorten der Beklagten durch. Im Juni 2007 hatte die Beklagte die Klägerin für die Jahre 2009 bis 2011 unter Vereinbarung eines Honorars von mind. 63.000 €. "In der Regel" waren jährlich zwei Revisionseinheiten zu je fünf Tagen unter Einsatz von zwei Revisoren vor Ort mit anschließender Nachbearbeitung vorgesehen.
Im Mai, Juni und Juli 2009 kündigte die Beklagte diese Vereinbarung mehrfach, zuletzt mit Hinweis auf § 627 BGB. Die Klägerin, die für das Jahr 2009 noch keine Leistungen gegenüber der Beklagten erbracht hatte, widersprach der Kündigung und bot der Beklagten ihre Revisionstätigkeit vergeblich an. Anschließend nahm sie die Beklagte auf Zahlung eines Honorarteilbetrags i.H.v. 6.000 € für das Jahr 2009 in Anspruch.
Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.
Die Gründe:
Die Beklagte hatte das Vertragsverhältnis gem. § 627 Abs. 1 BGB wirksam gekündigt.
Bei der Beauftragung eines Wirtschaftsprüfungsunternehmens mit der internen Revision handelt es sich um einen Vertrag über die Leistung von Diensten höherer Art, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen. Es liegt hingegen kein - dem Kündigungsrecht nach § 627 Abs. 1 BGB entgegenstehendes - dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen vor. Ein solches erfordert, dass das Dienstverhältnis ein gewisses Maß an wirtschaftlicher Erheblichkeit und persönlicher Bindung für den Dienstverpflichteten mit sich bringt, um ein schützenswertes und gegenüber der Entschließungsfreiheit des Dienstberechtigten vorrangiges Vertrauen auf die Fortsetzung des Dienstverhältnisses begründen zu können. Ob diese Voraussetzung gegeben ist, unterliegt der tatrichterlichen Würdigung des Einzelfalls.
Für die in § 627 Abs. 1 BGB geregelte negative Voraussetzung des Kündigungsrechts genügt es nicht, dass nur eines der Merkmale "dauerndes Dienstverhältnis" und "feste Bezüge" erfüllt ist. Es müssen vielmehr beide Merkmale - kumulativ - vorliegen, weil sie als gemeinschaftliche Bestandteile der negativen Voraussetzung und aufeinander bezogen zu verstehen sind. Die Notwendigkeit der Erfüllung beider Merkmale ergibt sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung ("dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen"), der Regelungsabsicht des Gesetzgebers (die Tätigkeiten des Leibarztes, Hofmeisters und Syndikus) und dem Zweck des Kündigungsrechts in § 627 Abs. 1 BGB.
Letztlich muss eine gewisse persönliche Bindung zwischen den Vertragsparteien bestehen, an der es jedoch fehlt, wenn ein Dienstleistungsunternehmen seine Dienste einer großen, unbestimmten und unbegrenzten Zahl von Interessenten anbietet. Somit ist es im Regelfall erforderlich, dass das Dienstverhältnis die sachlichen und persönlichen Mittel des Dienstverpflichteten nicht nur unerheblich beansprucht, was das Berufungsgericht bei der ihm obliegenden tatrichterlichen Würdigung auch beachtet hatte. Angesichts der Größe des von der Klägerin betriebenen Wirtschaftsprüfungsunternehmens, des vergleichsweise geringen Umfangs der Inanspruchnahme seiner persönlichen und sachlichen Mittel sowie der Höhe der vereinbarten Vergütung hatte es das für ein "dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen" i.S.v. § 627 Abs. 1 BGB erforderliche gewisse Maß an wirtschaftlicher Erheblichkeit und persönlicher Bindung, zu Recht verneint.
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