Zur Eigentumsvermutung beim Vermieterpfandrecht gegenüber Dritten
BGH 3.3.2017, V ZR 268/15Die Beklagte hatte ab 1.12.2011 u.a. an die M-GmbH (Mieterin) Gewerberäume in Berlin zum Betrieb eines italienischen Restaurants vermietet. Am 9.1.2012 schloss die Klägerin mit der Mieterin einen als "Leihvertrag und entgeltliche Gebrauchsüberlassung" bezeichneten Vertrag, dessen Wirksamkeit die Beklagte bestreitet. Danach überließ die Klägerin der Mieterin Inventargegenstände für die Zeit vom 28.2.2012 bis 31.8.2012 zur unentgeltlichen Leihe. Danach sollte die Mieterin die Gegenstände unter Eigentumsvorbehalt der Klägerin für 127.682 € erwerben und den Kaufpreis in monatlichen Raten von 5.320,09 € abzahlen. Die Mieterin stattete die angemieteten Gewerberäume mit Inventar aus und eröffnete Anfang März 2012 in den Mieträumen der Beklagten ein Restaurant.
Im Juli 2012 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis wegen unregelmäßiger und unvollständiger Mietzahlungen fristlos, machte zudem ihr Vermieterpfandrecht geltend und verlangte im September die Räumung und Herausgabe des Mietobjektes bis Oktober. Als die Mieterin das Inventar abtransportieren wollte, ließ die Beklagte die Mieträume durch die Polizei unter Verschluss nehmen und setzte sich im November 2012 auf Grund eines notariellen Zwangsvollstreckungstitels gegen die Mieterin wieder in den Besitz der Mieträume.
Die Klägerin erwirkte gegen die Beklagte eine einstweilige Verfügung auf Herausgabe der Einrichtungsgegenstände an einen Gerichtsvollzieher, vollzog diese aber nicht. Danach ließ die Beklagte einen Teil der Einrichtungsgegenstände versteigern. Mit der Klage verlangte die Klägerin Herausgabe des nicht versteigerten Inventars und Schadensersatz wegen der Versteigerung der übrigen Einrichtungsgegenstände.
LG und KG verurteilte die Beklagte zur Herausgabe der Gegenstände und zur Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 94.631 € nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH die Vorentscheidungen auf und wies die Sache zur Verhandlung und neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.
Gründe:
Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung ließ sich das Eigentum der Klägerin an dem Inventar nicht bejahen und das Eigentum der Mieterin daran nicht verneinen. Der Beklagten kam nämlich die zugunsten ihrer Mieterin streitende Eigentumsvermutung nach § 1006 BGB zugute, die die Klägerin nach den von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht widerlegt hatte.
Umstritten ist, ob sich der Vermieter zur Verteidigung seines Vermieterpfandrechtes auf die zugunsten des Mieters streitende Eigentumsvermutung nach § 1006 BGB berufen kann. Nach einer auf das Reichsgericht (RGZ 146, 334, 339 f.) zurückgehenden Meinung ist diese Frage zu verneinen. Nach der Gegenmeinung kommt allerdings die zugunsten des Mieters streitende Eigentumsvermutung auch dem Vermieter zugute, der sein Vermieterpfandrecht gegen Dritte verteidigen will.
Der Senat entscheidet sie i.S.d. der zweiten Meinung. Denn dem Vermieter kommt zur Verteidigung seines Vermieterpfandrechts gegenüber Dritten die für seinen Mieter nach § 1006 BGB streitende Eigentumsvermutung zugute. Nach ständiger BGH-Rechtsprechung kann sich auf die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB nicht nur der durch die Vermutung begünstigte Besitzer selbst, sondern - im Verhältnis zu Dritten - jeder berufen, der sein Recht von dem Besitzer ableitet.
Unzutreffend war zudem die Annahme des Berufungsgerichtes, die Anwendung der Eigentumsvermutung des § 1006 BGB setze den Nachweis von Eigenbesitz voraus. Für den unmittelbaren Besitzer einer beweglichen Sache wird nämlich nach § 1006 Abs. 1 BGB auch vermutet, dass er mit der Erlangung des Besitzes Eigenbesitzer geworden ist. Nicht richtig gesehen hat das Berufungsgericht schließlich die Anforderungen an die Widerlegung der für die Beklagte streitenden gesetzlichen Eigentumsvermutung nach § 1006 BGB.
Die Vermutung des § 1006 BGB wäre nur dann widerlegt, wenn das Berufungsgericht positiv festgestellt hätte, dass die Mieterin bei Besitzerwerb weder Eigenbesitz begründet noch Eigentum erworben hatte. Daran fehlt es jedoch bisher und muss im weiteren Verfahren vom Berufungsgericht nachgeholt werden.
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