21.06.2011

Zur Eintragung eines Insolvenzvermerks in das Grundbuch bei Grundstückseigentum einer Erbengemeinschaft

Ein Insolvenzvermerk ist auch dann in das Grundbuch einzutragen, wenn das Grundstück im Eigentum einer Erbengemeinschaft steht und das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines der Miterben eröffnet wird. Da alle Miterben gemeinsam über das Grundstück verfügen können (§ 2040 Abs. 1 BGB), wäre es dem Schuldner ohne Eintragung eines Insolvenzvermerks möglich, an gemeinschaftlichen Verfügungen über das Grundstück unter Umgehung des Insolvenzverwalters mitzuwirken.

BGH 19.5.2011, V ZB 197/10
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerinnen sind zusammen mit P in Erbengemeinschaft je zur Hälfte im Grundbuch als Eigentümer eines Grundstücks eingetragen. Die Eintragung erfolgte in Abteilung I unter der laufenden Nr. 2a (Antragstellerin zu 1), Nr. 2b (P) und Nr. 2c (Antragstellerin zu 2).

Über das Vermögen von P wurde Anfang 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet. Auf Ersuchen des Insolvenzgerichts wurde zunächst in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen: "Nur lastend auf dem Anteil Abt. I Nr. 2b. Die Zwangsversteigerung ist angeordnet". Drei Tage später wurde die Eintragung "Die Zwangsversteigerung ist angeordnet" gerötet und in Abteilung II unter Veränderungen eingetragen: "Über das Vermögen des Eigentümers ist das Insolvenzverfahren eröffnet".

Die Antragstellerinnen beantragten zunächst, das Grundbuch so zu berichtigen, dass der Insolvenzvermerk mit ausdrücklichem Bezug auf den Schuldner P eingetragen ist. Hieran hielten sie auch nach dem Hinweis des Grundbuchamts fest, dass der Insolvenzvermerk wie folgt eingetragen und zu lesen sei: "Nur lastend auf dem Anteil Abt. I Nr. 2b: Über das Vermögen des Eigentümers ist das Insolvenzverfahren eröffnet".

Das Grundbuchamt wies den Berichtigungsantrag zurück. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde, mit der die Antragstellerinnen beantragt haben, den Insolvenzvermerk insgesamt aus dem Grundbuch zu löschen, blieb vor dem OLG erfolglos. Die Rechtsbeschwerde vor dem BGH hatte ebenso wenig Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass ein Insolvenzvermerk gem. § 32 Abs. 1 InsO auch dann in das Grundbuch einzutragen ist, wenn das Grundstück (teilweise) im Eigentum einer - nicht rechtsfähigen - Erbengemeinschaft steht und das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines der Miterben eröffnet wird. Zwar ist § 32 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht unmittelbar anwendbar. Zu Recht wird aber nahezu einhellig angenommen, dass die Vorschrift entsprechend anzuwenden ist, wenn dem Schuldner das Eigentum an einem Grundstück in Erbengemeinschaft, also gesamthänderisch gebunden zusteht.

Zweck der Vorschrift ist es, die Insolvenzmasse vor Beeinträchtigungen durch einen gutgläubigen Erwerb zu schützen, indem die Verfügungsbeschränkungen, denen der Insolvenzschuldner unterliegt (§ 80 Abs. 1, § 81 Abs. 1 InsO), im Grundbuch verlautbart werden. Da der öffentliche Glaube des Grundbuchs auch das Fehlen von nicht eingetragenen Verfügungsbeschränkungen des Berechtigten über ein Grundbuch eingetragenes Recht umfasst (§ 892 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 81 Abs. 1 S. 2, § 91 Abs. 2 InsO), könnte andernfalls ein Dritter, dem die Beschränkung unbekannt ist, das Grundstückseigentum oder Rechte an dem Grundstück von dem Insolvenzschuldner erwerben.

Dieselbe Gefahr ist gegeben, wenn der Insolvenzschuldner Mitberechtigter einer Erbengemeinschaft ist, welcher das Eigentum an einem Grundstück zusteht. Da alle Miterben gemeinsam über das Grundstück verfügen können (§ 2040 Abs. 1 BGB), wäre es dem Schuldner ohne Eintragung eines Insolvenzvermerks möglich, an gemeinschaftlichen Verfügungen über das Grundstück unter Umgehung des Insolvenzverwalters mitzuwirken. Um auch für diesen Fall die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs eines Dritten gem. § 892 Abs. 1 S. 2 BGB zu verhindern, bedarf es der Eintragung eines Insolvenzvermerks.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die konkrete Form der Eintragung des Insolvenzvermerks nicht zu beanstanden. Sie lässt erkennen, dass das Insolvenzverfahren nur über das Vermögen von P eröffnet worden ist ("nur lastend auf dem Anteil Abt. I Nr. 2b"). Dass dieser nicht - wie geboten - als "Mitberechtiger" bezeichnet worden ist, sondern als "Eigentümer", schadet nicht. Seine Rechtsstellung als Mitberechtigter einer Erbengemeinschaft lässt sich zweifelsfrei aus der insoweit maßgeblichen Abteilung I des Grundbuchs entnehmen.

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