07.12.2011

Zur Formwirksamkeit einer Mithaftungsübernahme

Um den weithin üblichen Vertragsschluss im Korrespondenzweg zu erleichtern wurde die Formvorschrift des § 126 BGB durch die in Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des BGB (Bauhandwerkersicherung) enthaltene und zum 1.5.1993 in Kraft getretene Änderung des § 4 Abs. 1 VerbrKrG in dessen Anwendungsbereich gelockert. Es wurde die Möglichkeit geschaffen, Antrag und Annahme jeweils getrennt schriftlich zu erklären, ohne zugleich den Informationsanspruch des Verbrauchers zu beeinträchtigen.

BGH 25.10.2011, XI ZR 331/10
Der Sachverhalt:
Die Rechtsvorgängerin der klagenden Bank hatte der L-GmbH & Co. KG (L-KG) über deren Hausbank ein Darlehen über 1,4 Mio. DM gewährt. Die Beklagte war Kommanditistin der L-KG. In einer auf Seite 7 zum Bestandteil des Darlehensvertrages gemachten Richtlinie für das Eigenkapitalhilfe-Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft zur Förderung selbständiger Existenzen in den neuen Bundesländern und Berlin (Ost)hieß es:

"Keine dinglichen Sicherheiten. Die Anteilseigner des Unternehmens stellen grundsätzlich ihr Engagement für die Rückzahlung der Eigenkapitalhilfe durch quotale selbstschuldnerische Haftung oder auf andere geeignete Weise dar."

Die Klägerin unterzeichnete den Vertrag am 22.11.1994 jeweils auf Seite 8 und übersandte ihn zusammen mit der Mithaftungserklärung und der Programmrichtlinie an die Hausbank zur Einholung der nötigen Unterschriften. Die Seiten waren zusammengeöst. Die Beklagte unterzeichnete am 30.11.1994 die auf Seite 11 befindliche Erklärung, als Gesellschafterin der Darlehensnehmerin für alle Verpflichtungen der L-KG aus dem Vertrag die Mithaftung in Höhe einer Quote von 2,37 % zu übernehmen.

Am 1.12.1994 unterzeichneten Vertreter der L-KG den Darlehensvertrag auf Seite 8. Nachdem im Jahr 2001 über das Vermögen der L-KG das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, kündigte die Hausbank namens und in Vollmacht der Klägerin das Darlehen und forderte die Beklagte unter Hinweis auf ihre Mithaftungserklärung zur Zahlung eines anteiligen Betrages auf, was diese allerdings ablehnte.

Das LG gab der Klage statt; das OLG wies sie ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung zurück.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus § 607 Abs. 1, §§ 421 ff. BGB a.F. infolge der gem. § 4 Abs. 1 VerbrKrG formwirksamen Mithaftungsübernahme einen Anspruch auf Zahlung eines ihrer Quote von 2,37 % entsprechenden Teils des offenen Darlehensbetrages i.H.v. rund 17.551 €.

Das Angebot der Klägerin wahrte entgegen der Auffassung des OLG die Schriftform des § 4 Abs. 1 VerbrKrG, denn die Unterschrift der Klägerin bezog sich auch auf die den Gesellschaftern angetragene Mithaftungsübernahme. Das Berufungsgericht berücksichtigte nicht, dass die Formvorschrift des § 126 BGB durch die in Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des BGB (Bauhandwerkersicherung) und anderer Gesetze vom 27.4.1993 enthaltene und zum 1.5.1993 in Kraft getretene Änderung des § 4 Abs. 1 VerbrKrG in dessen Anwendungsbereich gelockert wurde.

Um den weithin üblichen Vertragsschluss im Korrespondenzweg zu erleichtern und den durch das oft mehrfache Hin- und Hersenden der einheitlichen Vertragsurkunde verursachten Aufwand zu reduzieren, wurde im neu eingefügten S. 2 abweichend von § 126 BGB die Möglichkeit geschaffen, Antrag und Annahme jeweils getrennt schriftlich zu erklären, ohne zugleich den Informationsanspruch des Verbrauchers zu beeinträchtigen. Infolgedessen konnte der Umstand, dass sich das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Schuldbeitritts drei Seiten vor dessen Annahme durch die Beklagte befindet, deswegen nicht formschädlich sein, weil die Vertragserklärung des Mithaftenden alle nach § 4 Abs. 1 S. 4 VerbrKrG nötigen Pflichtangaben enthielt und sich die Unterschrift der Klägerin erkennbar auf den angetragenen Schuldbeitritt der Beklagten bezog.

Die Auffassung des OLG, dem rechtsunkundigen Gesellschafter fehle in derartigen Fällen das Bewusstsein, mit der Abgabe der Mithaftungserklärung nicht nur eine Verpflichtung gegenüber der darlehensnehmenden Gesellschaft, sondern auch gegenüber der kreditgebenden Bank einzugehen, war unerheblich. Schließlich hatte die Klägerin mit der Übersendung des unterzeichneten und zusammengeösten Vertragswerks sowohl ein Angebot an die L-KG auf Abschluss eines Darlehensvertrages als auch ein Angebot an die Beklagte auf Abschluss eines Schuldbeitritts abgegeben. Für die Beklagte konnte damit unabhängig davon, auf welcher Seite sich die Unterschrift der Klägerin befand, nicht ernstlich zweifelhaft sein, dass sie für eine fremde Schuld die Mithaftung gegenüber dem Darlehensgläubiger übernahm.

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