Zur Grundpreisangabe im Internet
BGH v. 19.5.2022 - I ZR 69/21Der Kläger ist ein eingetragener Verein und gleichzeitig Interessenverband von Online-Unternehmen. Der Beklagte ist Online-Händler. Der Kläger hatte im Oktober 2019 festgestellt, dass der Beklagte im Internet Kraftfahrzeugzubehör - ein Hydro-Stößel-Additiv mit einem Volumen von 300 ml und eine Keramik-Paste mit einem Gewicht von 50 g - anbot, ohne den Grundpreis anzugeben.
In einem vorangegangenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist der Beklagte verpflichtet worden, es zu unterlassen, Angebote für Kraftfahrzeugzubehör zu veröffentlichen und/oder unter Angabe von Preisen zu bewerben und/oder Angebote bzw. Preiswerbung zu unterhalten, ohne den Grundpreis und den Gesamtpreis unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar anzugeben. Soweit der Kläger begehrt hatte, dem Beklagten zu verbieten, Kraftfahrzeugzubehör anzubieten und/oder zu bewerben, ohne den Grundpreis in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises anzugeben, ist sein Antrag zurückgewiesen worden.
Der Kläger blieb auch im Hauptsacheverfahren bei der Ansicht, der Beklagte habe den Grundpreis "in unmittelbarer Nähe" des Gesamtpreises anzugeben. LG und OLG haben die hierauf gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der BGH die Vorentscheidungen aufgehoben und der Unterlassungsklage vollumfänglich stattgegeben.
Gründe:
Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass ein Verstoß gegen das sich aus § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV ergebende Gebot, den Grundpreis in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises anzugeben, wettbewerbsrechtlich nicht mehr sanktioniert werden kann. Dieses Gebot fällt zwar in den durch die Richtlinie 2005/29/EG angeglichenen Bereich; es wurde aber weder zur Umsetzung einer Klausel, die über die Mindestharmonisierung hinausgehende nationale Vorschriften zulässt, erlassen noch ist es restriktiver oder strenger als die Richtlinie 2005/29/EG. Das Gebot, den Grundpreis in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises anzugeben, fällt in den durch die Richtlinie 2005/29/EG angeglichenen Bereich.
§ 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV geht somit mit seiner Forderung, den Grundpreis in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises anzugeben, nicht über die Mindestharmonisierung der Richtlinie 98/6/EG hinaus. § 2 Abs. 1 Satz 1 PAnGV konkretisiert damit lediglich das Erfordernis der klaren Erkennbarkeit des Grundpreises aus Art. 4 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/6/EG. Da der Grundpreis als Preis je Maßeinheit auf den Verkaufspreis bezogen ist, ist er nicht schon dann klar erkennbar, wenn er für sich genommen deutlich wahrnehmbar ist. Vielmehr ist er nur dann als solcher klar erkennbar, wenn er in dem Sinne in unmittelbarer Nähe des Verkaufspreises steht, dass er zusammen mit diesem auf einen Blick wahrgenommen werden kann.
Infolgedessen war das Berufungsurteil aufzuheben. Die Klage ist begründet. Der Beklagte hat gegen § 2 Abs. 2 Satz 1 PAngV verstoßen, weil er in der beanstandeten Internetwerbung den Grundpreis nicht in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises angegeben hatte. Darin liegt eine nach § 5a Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 UWG unlautere und nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung, die den vom Kläger geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG begründet.
Aufsatz
Die Novellierung der Preisangabenverordnung und ihre Auswirkungen für den Handel
Verena Hoene, IPRB 2022, 123
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