Zur Haftung bei missbräuchlicher Abhebung von Bargeld an Geldautomaten
BGH 29.11.2011, XI ZR 370/10Dem Beklagten wurde von der klagenden Bank eine Kreditkarte zur Verfügung gestellt, die zur Abhebung von Bargeld an Geldautomaten zugelassen war. In den zugrunde liegenden AGB hat die Bank den Höchstbetrag für Bargeldauszahlungen auf 1.000 € pro Tag begrenzt. Weiter war danach der Karteninhaber verpflichtet, Verlust oder festgestellten Missbrauch der Karte der Bank unverzüglich anzuzeigen. Bis zum Eingang dieser Verlustmeldung sollte er grundsätzlich nur bis zu einem Höchstbetrag von 50 € haften.
In der Nacht vom 12. auf den 13.8.2009 kam es an Geldautomaten von Kreditinstituten in Hamburg zu insgesamt sechs Abhebungen zu je 500 €, wobei die persönliche Identifikationsnummer (PIN) des Beklagten verwendet wurde. Die Klägerin belastete das Girokonto des Beklagten mit den abgehobenen Beträgen im Lastschriftverfahren. Der Beklagte widersprach den Abbuchungen und kündigte den Kreditkartenvertrag.
Die klagende Bank begehrt von dem Beklagten im Wege des Schadensersatzes Ausgleich der Belastungsbuchungen und der Gebühren für Rücklastschriften sowie für die Erstellung eines Kontoauszugs i.H.v. insgesamt noch 2.996 €. Sie ist der Ansicht, der Beklagte habe die Geheimhaltungspflicht hinsichtlich der verwendeten PIN verletzt.
AG und LG gaben der Klage statt. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH Berufungsurteil auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.
Die Gründe:
Zwar kann nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 5.10.2004, XI ZR 210/03; Beschluss vom 6.7.2010, XI ZR 224/09) in Fällen, in denen an Geldausgabeautomaten unter Verwendung der zutreffenden Geheimzahl Geld abgehoben wurde, der Beweis des ersten Anscheins dafür sprechen, dass entweder der Karteninhaber die Abhebungen selbst vorgenommen hat oder - was hier nach der Feststellung des LG allein in Betracht kam - dass ein Dritter nach der Entwendung der Karte von der Geheimnummer nur wegen ihrer Verwahrung gemeinsam mit der Karte Kenntnis erlangen konnte.
Das setzt aber voraus, dass bei der missbräuchlichen Abhebung die Originalkarte eingesetzt worden ist, da bei Abhebung mithilfe einer ohne Kenntnis des Inhabers gefertigten Kartenkopie (z.B. durch Skimming) kein typischer Geschehensablauf dafür spricht, Originalkarte und Geheimzahl seien gemeinsam aufbewahrt worden. Den Einsatz der Originalkarte hat dabei die Schadensersatz begehrende Bank zu beweisen.
Weiter erfasst eine von der kontoführenden Bank im konkreten Fall in ihren AGB verwendete Klausel, nach der bis zum Eingang einer Verlustmeldung der Karteninhaber nur bis zu einem Höchstbetrag von 50 € haften soll, entgegen der Auffassung des LG auch die Haftung des Karteninhaber bei schuldhafter Verletzung seiner Sorgfaltspflichten. Der beklagte Karteninhaber kann sich damit auf die Haftungsgrenze von 50 € unabhängig davon berufen, ob er schuldhaft gehandelt hat.
Schließlich schützt ein in den AGB der Bank festgelegter Höchstbetrag für Bargeldauszahlungen pro Tag mit einer konkreten Karte auch den Karteninhaber, sodass dessen Haftung im Falle eines Kartenmissbrauchs auf diesen Betrag begrenzt sein kann, wenn die die Karte ausstellende Bank ihrer Pflicht, die Einhaltung dieses Höchstbetrags zu sichern, nicht genügt hat.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
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