31.05.2011

Zur Haftung der KfW und der Bundesrepublik Deutschland für den dritten Börsengang der Deutschen Telekom

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau muss Aufwendungen der Deutschen Telekom AG ersetzen, die dieser nach dem sog. "dritten Börsengang" durch einen in den USA im Zusammenhang mit Sammelklagen wegen Prospekthaftung geschlossenen Vergleich entstanden sind. Ob auch die Bundesrepublik Deutschland der Telekom zum Ersatz der Aufwendungen verpflichtet ist, muss noch geklärt werden.

BGH 31.5.2011, II ZR 141/09
Der Sachverhalt:
Klägerin ist die Deutsche Telekom AG, Beklagte sind die Bundesrepublik Deutschland und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Die Aktien der Klägerin, die aus der Umwandlung des früheren Sondervermögens der Deutschen Bundespost in ein Unternehmen privater Rechtsform hervorgegangen ist, hielt zunächst vollständig die Bundesrepublik Deutschland. Ende März 2000 war sie direkt noch zu 43,18 Prozent und über die in ihrem Mehrheitsbesitz befindliche KfW zu weiteren 21,6 Prozent beteiligt.

Mitte Juni 2000 veräußerte die KfW im Rahmen des sog. "dritten Börsengangs" aus ihrem Besitz auf dem nationalen und internationalen Kapitalmarkt 200 Millionen Aktien der Telekom an Privatanleger, auch in den USA. Dort wurden in einer Sammelklage Prospekthaftungsansprüche gegen die Klägerin wegen angeblicher Fehler des Verkaufsprospekts geltend gemacht. Aufgrund eines im Januar 2005 geschlossenen Vergleichs zahlte die Klägerin an die Sammelkläger 120 Mio. US-Dollar. Mit der Klage verlangt sie von den Beklagten Ersatz des Vergleichsbetrags und der für die Rechtsverteidigung aufgewandten Kosten i.H.v. insgesamt rd. 112,6 Mio. €.

Das LG gab der Klage dem Grunde nach statt; das OLG wies sie ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegenüber der KfW Anspruch auf Ersatz des Vergleichsbetrags und der für die Rechtsverteidigung aufgewandten Kosten.

Die mit dem öffentlichen Angebot in den USA verbundene Übernahme der Prospektverantwortung und das daraus folgende Haftungsrisiko begründen eine nach § 57 AktG verbotene Einlagenrückgewähr der Klägerin an ihre Aktionärin, die KfW. Die in der Übernahme des Prospekthaftungsrisikos liegende Leistung der Aktiengesellschaft an ihre Aktionärin ist durch keinen vollwertigen Gegenanspruch ausgeglichen worden.

Die KfW war daher nach § 62 Abs. 1 AktG verpflichtet, die Klägerin wegen der entgegen § 57 AktG erlangten Einlagenrückgewähr von den mit der Sammelklage geltend gemachten Ansprüchen freizustellen. Da sie dieser Freistellungsverpflichtung nicht nachgekommen ist, muss sie die Vergleichssumme und die Rechtsverfolgungskosten ersetzen. Das OLG wird im zweiten Rechtsgang die Höhe des Anspruchs festzustellen haben.

Ob die Bundesrepublik Deutschland der Klägerin nach § 311 Abs. 1, § 317 AktG zum Ersatz verpflichtet ist, hängt von der gleichfalls noch vom OLG zu treffenden Feststellung ab, ob sie die Platzierung der Aktien der KfW in den USA veranlasst hat.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 91 vom 31.5.2011
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