Zur Haftung des aus einer Gesellschaft ausgeschiedenen Gesellschafters als Scheingesellschafter
BGH 17.1.2012, II ZR 197/10Der Kläger schloss mit einer GbR, deren Gesellschafterin die Beklagte war, im Juli 2003 einen Verwaltervertrag für ein von ihm vermietetes Wohnhaus. Der Vertrag hatte eine Laufzeit bis 31.12.2004 und sollte sich jeweils um ein Jahr verlängern, wenn er nicht gekündigt wurde. Als Vergütung sollte die GbR mtl. pro Wohneinheit 15 € zzgl. Mehrwertsteuer erhalten, jeweils bis zum 15. eines Monats per Dauerauftrag. Der Kläger überwies mtl. per Dauerauftrag 208,80 €.
Im April 2006 sandte die GbR unter dem Datum vom 10.4.2005 dem Kläger eine Rechnung über einen Rechnungsbetrag von 2.505,60 € (2.160 € zzgl. Mehrwertsteuer). Die Rechnung enthielt eine Rechnungsnummer und lautete u.a.: "Vertragsgemäß berechnen wir Ihnen folgende Provisionszahlung: Hausverwaltertätigkeit 2005 für 12 Monate á 180 €. Wir bitten, den mtl. Betrag i.H.v. Brutto 2.505,60 € jeweils zum 01. des laufenden Kalendermonats auf folgendes Konto zu überweisen". Unter dem Datum vom 10.4.2006 sandte die GbR dem Kläger eine weitere Rechnung über 2.505,60 €, diesmal für die Hausverwaltertätigkeit 2006.
Im April 2006 überwies eine Mitarbeiterin des Klägers an die GbR 5.011,20 € unter Angabe der Rechnungsnummern der Rechnungen von 2005 und 2006 als Verwendungszweck. Die Beklagte war aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses bereits mit Wirkung vom 30.9.2005 aus der Gesellschaft ausgeschieden und ihr Anteil war auf den einzigen weiteren Gesellschafter übergegangen, der die Tätigkeit der Gesellschaft allein fortsetzen sollte. Mit der Klage verlangt der Kläger die Rückzahlung der zusätzlich zu den Zahlungen aus dem Dauerauftrag überwiesenen 5.011,20 €.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Zunächst hat das OLG zutreffend eine Nachhaftung der Beklagten nach § 736 Abs. 2 BGB verneint. Ein Gesellschafter, der nach dem Abschluss eines eine Zahlungspflicht begründenden Vertrages, aber vor einer versehentlichen Doppelzahlung aus der Gesellschaft ausgeschieden ist, haftet nicht für die Bereicherungsschuld der Gesellschaft, wenn die Doppelzahlung in dem ursprünglichen Vertrag nicht angelegt war. Die streitgegenständliche Verbindlichkeit stellt insoweit keine Altverbindlichkeit dar, auf die sich die Nachhaftung erstreckt.
Rechtsfehlerhaft hat das OLG aber nicht geprüft, ob die Beklagte als Scheingesellschafterin haftet. Der Gesellschafter, der aus einer bestehenden Gesellschaft ausgeschieden ist, aber weiterhin als Gesellschafter nach außen auftritt, kann als Scheingesellschafter haften, wenn er gegen den gesetzten Rechtsschein nicht pflichtgemäß vorgegangen ist und sich ein Dritter bei seinem geschäftlichen Verhalten auf den Rechtsschein verlassen hat. Wenn nach außen hin für den Rechtsverkehr eine Veränderung in der personellen Zusammensetzung der Gesellschaft nicht sichtbar geworden ist, muss der ausgeschiedene Gesellschafter sich so behandeln lassen, als bestehe der bisherige Rechtszustand weiter.
Die Beklagte ist nach außen weiterhin als Gesellschafterin in Erscheinung getreten. Dem Kläger, der den Verwaltervertrag mit der Gesellschaft abgeschlossen hatte, war ihr Ausscheiden nicht mitgeteilt worden. Im Gegenteil war die Beklagte jedenfalls auf dem Briefkopf weiterhin als Gesellschafterin genannt, so auch auf den beiden im April 2006 übersandten Rechnungen, die die Überweisung ausgelöst haben. Der Kläger hat sich, wie die ausdrücklich an die Gesellschaft gerichteten Überweisungen zeigen, bei seinen Zahlungen auf den damit gesetzten Rechtsschein eines Fortbestehens der Gesellschaft mit der Beklagten verlassen.
Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht deshalb als richtig, weil die Beklagte bestritten hat, die Verwendung ihres Namens geduldet zu haben. Der ausscheidende Gesellschafter muss im Rahmen des ihm Zumutbaren selbst die Handlungen vornehmen, die geeignet sind, den aus der früheren Kundgabe der Stellung als Gesellschafter erwachsenen Rechtsschein zu zerstören. Die Sache war insoweit nicht zur Entscheidung reif und daher an das OLG zurückzuverweisen, um der Beklagten die Gelegenheit zu geben darzulegen, welche zumutbaren Maßnahmen sie zur Zerstörung des gesetzten Rechtsscheins unternommen hat.
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