08.05.2012

Zur internationalen Zuständigkeit bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Internetveröffentlichungen

Der BGH hat in einem Verfahren wegen behaupteter Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Internetveröffentlichungen eines in Österreich ansässigen Medienunternehmens die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht. Maßgeblich war insoweit, dass sich der Mittelpunkt der Interessen des Klägers in Deutschland befand.

BGH 8.5.2012, VI ZR 217/08
Der Sachverhalt:
Der Kläger wurde im Jahr 1993 zusammen mit seinem Bruder wegen Mordes an dem Schauspieler Walter Sedlmayr zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Im Januar 2008 wurde er auf Bewährung entlassen. Er verlangt von einem in der Republik Österreich geschäftsansässigen Medienunternehmen, es zu unterlassen, über ihn im Zusammenhang mit der Tat unter voller Namensnennung zu berichten.

Das beklagte Unternehmen hielt auf seiner Internetseite bis zum 18.6.2007 eine auf den 23.8.1999 datierte, von einem anderen Anbieter übernommene Meldung zum freien Abruf durch die Öffentlichkeit bereit. Darin hieß es unter Nennung des Vor- und Zunamens des Klägers wie seines Bruders wahrheitsgemäß u.a., beide wendeten sich nunmehr, neun Jahre nach dem Mord, mit einer Verfassungsbeschwerde gegen ihre Verurteilung wegen der Tat.

LG und OLG gaben der Klage statt. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Der BGH legte die Sache dem EuGH zur Klärung der Fragen vor, unter welchen Voraussetzungen die internationale Zuständigkeit der Gerichte für Unterlassungsklagen gegen Internetveröffentlichungen von in einem anderen EU-Mitgliedstaat niedergelassenen Anbietern anzunehmen ist und ob sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach deutschem Recht oder gemäß dem Herkunftslandprinzip der e-commerce-Richtlinie nach österreichischem Recht richtet.

Auf Grundlage des EuGH-Urteils vom 25.10.2011 hob der BGH die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Aufgrund der Entscheidung des EuGH war die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zu bejahen, da sich der Mittelpunkt der Interessen des Klägers in Deutschland befindet.

Es war zudem festzustellen, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nach deutschem Recht zu beurteilen ist, weil der Erfolgsort in Deutschland liegt. Denn hier wird die Achtung, die der in Deutschland wohnhafte Kläger in seinem Lebenskreis in Deutschland genießt, gestört. Die - jeweils im Einzelfall vorzunehmende - Abwägung des Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens mit dem Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit führte schließlich - wie in den Parallelverfahren (vgl. PM 255/2009 und 30/2010) - zum Vorrang des Rechts der Beklagten auf freie Meinungsäußerung.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 58 vom 8.5.2012
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