Zur Irreführung durch die Verwendung des Begriffs "Vertragspartner" (eines Automobilherstellers) durch einen Autohändler
BGH 17.3.2011, I ZR 170/08Die Parteien sind regionale Wettbewerber beim Vertrieb von Kfz. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung von Werbeaussagen in Anspruch, die er für irreführend hält. Die Beklagte ist Servicepartnerin, nicht aber Vertragshändlerin des Automobilherstellers Ford. Sie stellte vom 14. bis 18.8.2006 in einem Einkaufszentrum in Görlitz einen Pkw Ford Fiesta aus, den sie im März 2006 von einem Ford-Vertragshändler erworben hatte. An den für die Kennzeichen vorgesehenen Flächen waren Schilder mit der Aufschrift "Neuwagen" angebracht.
In einem hinter einer Seitenscheibe platzierten Prospekt fanden sich u.a. in kleinerer Schrift folgende Hinweise: "Deutsches Modell mit Tageszulassung 03/06 Garantiebeginn 03/06". Auf der Frontscheibe des Fahrzeugs war jedenfalls am 18.8.2006 folgender Vermerk in magentafarbener Leuchtschrift angebracht: "Autohaus L - Ihr Ford-Vertragspartner". Der Kläger ist der Ansicht, die Bewerbung des ausgestellten Fahrzeugs als "Neuwagen" sei angesichts der fünf Monate alten Tageszulassung irreführend. Gleiches gelte für den auf der Frontscheibe angebrachten Hinweis, mit dem die Beklagte wahrheitswidrig suggeriere, sie sei Ford-Vertragshändlerin.
LG und OLG gaben der Klage statt und verurteilten die Beklagte, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu behaupten oder durch Dritte behaupten zu lassen, 1.) dass ein Pkw mit einer fünf Monate alten Tageszulassung ein Neuwagen ist, 2.) Ford-Vertragspartner zu sein und dadurch den Eindruck zu erwecken, Ford-Vertragshändler zu sein. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Die Annahme des OLG, die Beklagte habe irreführend mit der Angabe geworben, ein Pkw mit einer etwa fünf Monate alten Tageszulassung sei ein Neuwagen, wird von den getroffenen Feststellungen nicht getragen. Der Antrag, der Beklagten die Behauptung zu verbieten, "Ford-Vertragspartner zu sein, und dadurch den Eindruck zu erwecken, Ford-Vertragshändler zu sein", ist wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig.
Das OLG ist in seinem Urteil davon ausgegangen, dass der beworbene Pkw "seit etwa fünf Monaten zugelassen" war. Dazu stehen das vom OLG bestätigte Unterlassungsgebot und die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des LG in unlösbarem Widerspruch. Es bleibt offen, ob sich das Verbot auf eine Werbung für ein fünf Monate lang zugelassenes Fahrzeug bezieht oder auf eines, das vor fünf Monaten für einen Tag oder allenfalls einige wenige Tage zugelassen war. Das Berufungsurteil war schon wegen dieses Mangels aufzuheben.
Der Antrag des Klägers, der Beklagten die Behauptung zu verbieten, "Ford-Vertragspartner zu sein und dadurch den Eindruck zu erwecken, Ford-Vertragshändler zu sein", ist nicht hinreichend bestimmt und daher unzulässig. Der Unterlassungsantrag umschreibt keine konkreten Verletzungsformen, deren Verbot begehrt wird. Nach seinem Wortlaut soll der Beklagten mit dem Hauptantrag zu 2) die Verwendung der Bezeichnung "Ford-Vertragspartner" nur dann nicht erlaubt sein, "wenn dadurch der Eindruck erweckt wird, Ford-Vertragshändler zu sein". Unter welchen konkreten Umständen der nach Ansicht des Klägers unzutreffende Eindruck entsteht, ist dem Antrag selbst nicht zu entnehmen.
Die Unbestimmtheit des Hauptantrags zu 2) führt jedoch nicht zu dessen Abweisung wegen Unzulässigkeit. Das OLG hätte gem. § 139 Abs. 2 und 3 ZPO auf diesen von den Parteien im Berufungsverfahren übersehenen rechtlichen Gesichtspunkt hinweisen müssen. Zur Frage der Begründetheit dieses Begehrens ist auf Folgendes hinzuweisen: Entsteht beim angesprochenen Verkehr durch die Verwendung des Begriffs "Vertragspartner" aufgrund der konkreten Umstände der unzutreffende Eindruck, der Werbende sei "Vertragshändler" eines Automobilherstellers, liegt darin eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung.
Das LG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Verkehr von einem Händler, der vertraglich in das Vertriebsnetz eines Automobilherstellers eingebunden ist, ein besonders geschultes Fachpersonal, mithin eine gehobene Qualität bei der Beratung, beim Service und bei Werkstattleistungen, erwartet. Zudem liegt es nicht fern, dass sich die Verbraucher von einem Vertragshändler eine besondere Nähe zum Hersteller und damit bessere tatsächliche und rechtliche Möglichkeiten bei der Regelung von Garantie- und Kulanzfällen versprechen als bei einem Betrieb, der mit dem Hersteller lediglich als Servicepartner verbunden ist.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.