Zur Rückzahlung einer geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung
LG Stralsund v. 26.5.2023 - 6 O 3/22Die Parteien streiten über die Rückzahlung einer geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung. Im Februar 2017 schlossen die Parteien einen Immobilien-Verbraucherdarlehensvertrag zu einem Darlehensnennbetrag i.H.v. 85.000 €. Der Vertrag sah eine Zinsbindungsdauer von 10 Jahren mit einem Zinssatz i.H.v. 2,6 % p.a. vor. In dem Vertrag heißt es unter 10.2:
"Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung durch die Sparkasse erfolgt nach den gesetzlichen Vorgaben und der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Dies ist derzeit die sog. Aktiv- Passivmethode. Durch diese Berechnungsmethode wird die Sparkasse so gestellt, als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre. Für die Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung wird von einer Anlage der vorzeitig zurückgezahlten Darlehnsmittel in sicheren Kapitalmarkttitel ausgegangen. Zunächst wird der Betrag ermittelt, der zum Ablösestichtag erforderlich ist, um sämtliche ursprünglich vereinbarten Zahlungen aus dem Kreditvertrag sowie das rechnerische Restkapital am Ende der Zinsfestschreibung zu erzielen. Die anfallenden Zinsen sind in diese Berechnung einbezogen. Zusätzlich wird das auf den restlichen Zinsbindungszeitraum entfallende und somit - auf Basis des effektiven Jahreszinssatzes - zu erstattende Disagio in die Berechnung einbezogen, sofern ein Disagio vereinbart wurde.
Die Sparkasse ermittelt ferner die zukünftig entfallenden Risiko- und Verwaltungskosten und reduziert die Vorfälligkeitsentschädigung entsprechend. Durch die vorzeitige Ablösung des Darlehens entsteht ein Institutsaufwand, der Ihnen in Rechnung gestellt wird. Bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wird zusätzlich von Folgendem ausgegangen:
- Berücksichtigung der sich durch die Tilgung verringernden Darlehensschuld;
- Schadensmindernde Berücksichtigung vereinbarter Sondertilgungselemente;
- Abzinsung der ermittelten Schadensbeträge auf den Rückzahlungszeitpunkt.
Sofern der Darlehensnehmer der Sparkasse die Absicht mitteilt, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen, übermittelt die Sparkasse dem Darlehensnehmer in Textform unverzüglich Informationen zur Zulässigkeit der vorzeitigen Rückzahlung, im Fall der Zulässigkeit die Höhe des zurückzuzahlenden Betrags und gegebenenfalls die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung."
Zur Absicherung dieses Darlehens wurde eine erstrangige Grundschuld zugunsten der Beklagten i.H.v. 85.000 € an dem Grundstück der Kläger eingetragen. Im Rahmen einer späteren Veräußerung des Grundstücks sollte das Darlehen vorzeitig abgelöst werden. Nach dem die Parteien eine Aufhebungsvereinbarung unterzeichneten zahlten die Kläger neben dem noch ausstehenden Restdarlehen i.H.v. rd. 78.000 € auch eine Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. rd. 11.000 € an die Beklagte. In der Aufhebungsvereinbarung heißt es: "Unter dem Vorbehalt der Rückforderung und der Überprüfung der Berechtigung der Forderung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach".
Im Oktober 2021 forderten die Kläger schriftlich von der Beklagten die Rückzahlung des geleisteten Vorfälligkeitsentgeltes. Die Beklagte wies den Anspruch zurück. Die Kläger meinen, sie hätten die Vorfälligkeitsentschädigung ohne Rechtsgrund geleistet. Die Vertragsangaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung seien unzureichend i.S.v. § 502 Abs.2 Nr.12 BGB.
Das LG wies die Klage ab.
Die Gründe:
Der Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus § 812 Abs.1 S.1 Alt.1 BGB. Rechtsgrund der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung ist § 502 Abs.1 BGB. Der Anspruch der Beklagten ist auch nicht nach § 502 Abs.2 Nr.2 BGB ausgeschlossen. Die Angaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sind ausreichend.
Bei den Angaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung ist aus systematischer Sicht der Verbraucherkreditrichtlinie entscheidend, dass der Darlehensnehmer die Berechnung der Entschädigung nachvollziehen und seine Belastung, falls er sich zur vorzeitigen Rückzahlung entschließt, zuverlässig abschätzen kann. Die Darlegung einer finanzmathematischen Berechnungsformel bedarf es nicht. Ausreichend ist im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode, dass der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt. Entscheidend ist, dass aus Sicht eines informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers, der Darlehensnehmer die Berechnung der Entschädigung nachvollziehen kann und seine Belastung zuverlässig abschätzen kann.
Diesen Anforderungen werden die Angaben der Beklagten gerecht. Der Darlehensvertrag gibt als Berechnungsmethode die Aktiv/Passiv Methode an, bei der die Differenz zwischen den Zinsen, die der Darlehensnehmer bei gewöhnlichem Vertragsverlauf gezahlt hätte und der Rendite, die sich aus einer laufzeit-kongruenten Wiederanlage der freigewordenen Beträge mit sicheren Kapitalmarktmitteln ergeben hätte, gebildet wird. Dieser Differenzbetrag wird um ersparte Risiko- und Verwaltungskosten gemindert und ist auf den Zeitpunkt der Leistung der Nichtabnahmeentschädigung abzuzinsen.
Nicht erforderlich ist, dass die Beklagte darüber hinaus Angaben dazu macht, wie sie den Betrag ermittelt, der erforderlich ist um die vertraglich geschuldeten Tilgungsraten und Zinsen sowie das rechnerische Restkapital zu erzielen. Weder dem Gesetzestext, noch der Gesetzesbegründung oder der Rechtsprechung des BGH lassen sich solche Anforderungen entnehmen. Gegenteilig führt der BGH sogar aus, dass eben keine finanzmathematische Berechnung und damit eben keine betragsmäßige Bestimmung der Entschädigung möglich sein muss. Etwas anderes gilt zwar dann, wenn Angaben zur finanzmathematischen Berechnung gemacht werden - in einem solchen Fall müssen diese lückenlos und vor allem auch richtig sein. Die Beklagte macht in ihren Vertragsbedingungen aber keine Angaben zur finanzmathematischen Berechnung.
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