16.06.2016

Zur Schadensregulierung durch Versicherungsmakler

Die Schadensregulierung im Auftrag des Versicherers gehört im Regelfall nicht als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers. Der Begriff der Rechtsdienstleistung in § 2 Abs. 1 RDG erfasst jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen, die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht; ob es sich um eine einfache oder schwierige Rechtsfrage handelt, ist dabei unerheblich.

BGH 14.1.2016, I ZR 107/14
Der Sachverhalt:
Die Beklagte vermittelt als Versicherungsmakler Verträge an Versicherungsgesellschaften. Im Auftrag der Versicherer ist sie daneben mit der Schadensregulierung befasst.

Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte einen Versicherungsvertrag zwischen einem Textilreinigungsunternehmen und einem Haftpflichtversicherer aus der Zurich-Versicherungsgruppe vermittelt. Der Versicherungsnehmer war wegen eines Schadensfalls von einem Kunden in Anspruch genommen worden. Am 16.11.2011 wandte sich die Beklagte im Auftrag der Versicherung mit einem Schreiben an den Kunden, in dem sie ihn u.a. über die Rechtslage aufklärte.

Nach Auffassung der Klägerin, der Rechtsanwaltskammer Köln, hatte die Beklagte mit diesem Schreiben gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstoßen. Infolgedessen beantragte sie, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsgeld zu verurteilen, es zu unterlassen, schadensregulierend so tätig zu werden, wie sich das aus ihrem Schreiben vom 16.11.2011 ergab.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH die Entscheidungen auf und verurteilte die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung.

Die Gründe:
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, das beanstandete Verhalten der Beklagten sei lauterkeitsrechtlich zulässig, hielt sowohl nach dem zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung im November 2011 geltenden Recht gem. §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG a.F. i.V.m. §§ 3, 5 RDG als auch nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung im Januar 2016 maßgeblichen neuen Recht gem. § 3a UWG i.V.m. §§ 3, 5 RDG der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Der Begriff der Rechtsdienstleistung in § 2 Abs. 1 RDG erfasst jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen, die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht; ob es sich um eine einfache o-der schwierige Rechtsfrage handelt, ist dabei unerheblich. Die von der Beklagten mit dem beanstandeten Schreiben erbrachte Tätigkeit bei der Schadensregulierung für den Versicherer war auch nicht gem. § 5 Abs. 1 RDG erlaubt. Danach sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Die Frage, ob eine Nebenleistung vorliegt, ist dabei nach Inhalt, Umfang und sachlichem Zusammenhang der Leistung mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Zwar war der sachliche Zusammenhang der Schadensregulierung mit der Haupttätigkeit gegeben. Die Schadensregulierung im Auftrag des Versicherers gehörte jedoch - jedenfalls im Bereich der Textilhaftpflichtversicherung - nicht als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild der Beklagten als Versicherungsmaklerin.

Für das Berufs- und Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers ist die gesetzliche Definition in § 59 Abs. 3 VVG maßgeblich. Danach ist Versicherungsmakler, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein. Eine Doppeltätigkeit des Versicherungsmaklers sowohl für den Versicherer als auch für den Versicherungsnehmer bei der Vermittlung von Versicherungsverträgen entspricht nicht diesem gesetzlichen Leitbild. Damit unterscheidet sich das Berufsbild des Versicherungsmaklers grundlegend von dem des Handelsmaklers nach § 98 HGB. Insofern unterscheidet auch § 34d Abs. 1 GewO zwischen Versicherungsmaklern und Versicherungsvertretern. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers soll ein Versicherungsvermittler nicht zugleich als Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter tätig sein.

Zu den Aufgaben des Versicherungsmaklers gegenüber dem Versicherungsnehmer gehört es, den Versicherungsvertrag nach Abschluss weiter zu betreuen. Der Versicherungsmakler ist danach Sachwalter des (zukünftigen) Versicherungsnehmers und steht "im Lager des Kunden" und nicht des Versicherers. Für den Versicherungskunden kann er im Schadensfall im Rahmen einer gem. § 5 Abs. 1 RDG erlaubten Nebenleistung schadensregulierend tätig werden. Eine Tätigkeit für den Versicherer gehört dagegen nicht zum gesetzlichen Leitbild des Versicherungsmaklers. Nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint allerdings, dass sich in bestimmten Branchen das Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers dahingehend gewandelt hat oder künftig wandeln könnte, dass es eine schadensregulierende Tätigkeit des Maklers umfasst. Für die hier maßgebliche Branche der Haftpflichtversicherung im Bereich der Textilreinigung war jedoch nichts vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich. Darüber hinaus ist zweifelhaft, ob eine nach § 5 Abs. 1 RDG zulässige Nebenleistung vorliegen kann, wenn ihr Auftraggeber (hier die Versicherung) nicht mit dem Auftraggeber der Haupttätigkeit (hier dem Versicherungsnehmer) identisch ist.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für den Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück