26.07.2012

Zur Unwirksamkeit von Klauseln in Lebens- und Rentenversicherungsverträgen

Versicherungsbedingungen, nach welchen die Abschlusskosten (überwiegend Vermittlungsprovisionen) mit den ersten Beiträgen verrechnet werden, stellen eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar und sind deshalb unwirksam. Die Zillmerung führt nämlich dazu, dass Versicherungsnehmer, die ihren Vertrag bereits nach wenigen Jahren und vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit kündigen, nur einen geringen oder ggf. gar keinen Rückkaufswert erhalten.

BGH 25.7.2012, IV ZR 201/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein. Die Beklagte ist eine deutsche Lebensversicherungs-AG. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Versicherungsbedingungen u.a. betreffend die Rückkaufswerte, den Stornoabzug sowie die Verrechnung von Abschlusskosten (sog. Zillmerung), die die Beklagte jedenfalls zeitweise im Zeitraum 2001 bis Ende 2006 verwendete. Betroffen sind Klauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen für eine kapitalbildende Lebensversicherung, eine aufgeschobene und eine fondsgebundene Rentenversicherung für den Fall der Kündigung sowie der Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung der angegriffenen Klauseln sowohl beim Abschluss neuer Versicherungsverträge als auch bei der Abwicklung bereits geschlossener Verträge in Anspruch. Er hält sie unter Bezugnahme auf die Urteile des Senats vom 9.5.2001 (IV ZR 121/00 und 138/99) und vom 12.10.2005 (IV ZR 162/03 und 177/03) sowie den Beschluss des BVerfG vom 15.2.2006 (1 BvR 1317/96) sowohl wegen fehlender Transparenz als auch wegen inhaltlicher Unangemessenheit für unwirksam.

LG und OLG gaben der Klage überwiegend statt. Das OLG wies die Klage allerdings insoweit ab, soweit der Kläger sich gegen die Verurteilung bzgl. der Verwendung der Klauseln für Neuabschlüsse ab 1.1.2008 wendet. Die Revision der Beklagten hatte vor dem BGH im Wesentlichen keinen Erfolg. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil in dem Umfang auf, als das OLG die Klage hinsichtlich der Neuabschlüsse abgewiesen hat, und gab der Klage auch insoweit statt.

Die Gründe:
Versicherungsbedingungen, nach welchen die Abschlusskosten, bei denen es sich zu einem erheblichen Teil um Vermittlungsprovisionen handelt, mit den ersten Beiträgen verrechnet werden, stellen eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar und sind deshalb unwirksam.

Die Zillmerung führt dazu, dass Versicherungsnehmer, die ihren Vertrag bereits nach wenigen Jahren und vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit kündigen, nur einen geringen oder ggf. gar keinen Rückkaufswert erhalten. Der Senat hat insoweit seine bisherige Rechtsprechung in den Urteilen vom 9.5.2001 (IV ZR 121/00 und 138/99) und vom 12.10.2005 (IV ZR 162/03 und 177/03) unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG im Beschluss vom 15.2.2006 (1 BvR 1317/96) weiterentwickelt.

Zudem waren vorliegend wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot Klauseln für unwirksam zu erklären, die nicht hinreichend deutlich zwischen dem im Fall einer vorzeitigen Vertragsbeendigung nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik zu berechnenden Rückkaufswert (§ 176 Abs. 3 VVG a.F.) einerseits und andererseits dem sog. Stornoabzug, der vereinbart und angemessen sein muss (§ 176 Abs. 4 VVG a.F.) differenzieren.

Wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers sind ferner Bestimmungen unwirksam, die vorsehen, dass dem Versicherungsnehmer nach allen Abzügen verbleibende Beträge unter 10 € nicht erstattet werden. Der BGH hat außerdem klargestellt, dass der beklagte Versicherer sich nicht nur bei der Abwicklung bestehender Verträge, sondern auch bei deren Neuabschluss nicht auf die für unwirksam erklärten Klauseln berufen darf.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 122 vom 25.7.2012
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