Zur Vergütung der Mitglieder eines Gläubigerausschusses
BGH v. 6.5.2021 - IX ZR 57/20
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Verwalter in dem in März 2016 eröffneten Insolvenzverfahren der W-AG (Schuldnerin). Er hat die Rückgewähr von Vergütungen, die der Beklagte als Mitglied des Gläubigerausschusses für die Überwachung der Erfüllung eines in einem früheren Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin zustande gekommenen Insolvenzplans erhalten hatte, gefordert.
Der Beklagte war in den Gläubigerausschuss gewählt worden. Im September 2013 wurde das erste Insolvenzverfahren aufgehoben. Danach schlossen die Mitglieder des Gläubigerausschusses, darunter der Beklagte, und die Schuldnerin eine Vergütungsvereinbarung, nach der die Mitglieder des Gläubigerausschusses für ihre Tätigkeit eine Vergütung von 300 € pro Stunde bei einem Mindestzeittakt von je angefangenen sechs Minuten zu erhalten hatten.
In der Folgezeit stellte der Beklagte der Schuldnerin verschiedene Rechnungen über seine Tätigkeit. Die Schuldnerin zahlte hierauf insgesamt 116.268 €. Nachdem das zweite Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet worden war, wurde die Überwachung der Erfüllung des Insolvenzplans aufgehoben.
Der Kläger war der Ansicht, die Vergütung des Beklagten hätte zwingend vom Insolvenzgericht festgesetzt werden müssen. Seine Klage auf Rückgewähr war in den Vorinstanzen überwiegend erfolgreich. Auf die Revision des Beklagten hat der BGH die Entscheidungen aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Gründe:
Entgegen der Annahme der Vorinstanzen ist die Vergütungsvereinbarung nicht wegen Verstoßes gegen zwingende Vorschriften des Insolvenzrechts unwirksam.
Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gem. § 258 Abs. 1 InsO erhält der Schuldner das Recht zurück, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen (§ 259 Abs. 1 Satz 2 InsO). Die Bestimmung des § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO kann nicht abbedungen werden. Eine nur partielle Wiedererlangung der Verfügungsbefugnis des Schuldners ist ausgeschlossen. Lediglich die Vorschriften über die Überwachung der Planerfüllung bleiben von der Aufhebung des Insolvenzverfahrens unberührt. Die Befugnisse von Insolvenzverwalter und Gläubigerausschuss sind jedoch, von der hier nicht einschlägigen Bestimmung des § 263 InsO abgesehen, auf die in der Insolvenzordnung beschriebenen Maßnahmen der Überwachung beschränkt. Die von der Aufhebung des Insolvenzverfahrens an grundsätzlich umfassenden Geschäftsführungs- und Verfügungsbefugnisse des Schuldners bleiben hiervon unberührt.
Gegenständlich ist die Überwachung der Planerfüllung auf diejenigen Ansprüche beschränkt, die den Gläubigern nach dem gestaltenden Teil des Insolvenzplans gegen den Schuldner zustehen. Verbindlichkeiten, die der Schuldner nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens neu begründet, unterliegen allenfalls mittelbar der Überwachung, insofern nämlich, als die Planerfüllung in der Regel gefährdet sein wird, wenn laufende Verbindlichkeiten nicht beglichen werden können.
Grundsätzlich werden Unternehmensentscheidungen, die sich nicht auf die Erfüllbarkeit der Ansprüche der Plangläubiger auswirken, jedoch nicht überwacht. Der Schuldner kann, vom Ausnahmefall des § 263 InsO abgesehen, nach eigenem Gutdünken Verträge schließen und diese erfüllen. Das gilt auch für einen Vertrag, der die Höhe der Vergütung der Mitglieder des gemäß § 261 Abs. 1 Satz 2 InsO fortbestehenden Gläubigerausschusses regelt. Gebunden ist der Schuldner nur an die Entscheidung der Planbeteiligten, die Erfüllung des Insolvenzplans überwachen zu lassen und ihm, dem Schuldner, die Kosten der Überwachung aufzuerlegen.
Zwingende Vorschriften des Vergütungsrechts stehen einer Vergütungsvereinbarung zwischen den Mitgliedern des Gläubigerausschusses und dem Schuldner nicht entgegen. Allerdings sind die Vorschriften der Insolvenzordnung über die Vergütung des Insolvenzverwalters zwingend. Vereinbarungen über die (bereits verdiente) Vergütung des Insolvenzverwalters können nicht Inhalt eines Insolvenzplans sein. Die Verwaltervergütung stellt eine Masseverbindlichkeit dar. Die Ansprüche der am Planverfahren nicht beteiligten Massegläubiger sind einer Regelung im Insolvenzplan, vom Ausnahmefall des § 210a InsO abgesehen, nicht zugänglich.
Die Bestimmungen über die Höhe und die Festsetzung der Vergütung dienen überdies dazu, die Unabhängigkeit des mit hoheitlichen Befugnissen ausgestatteten Insolvenzverwalters gegenüber den Verfahrensbeteiligten zu sichern. Die unabdingbare Festsetzungsbefugnis des Insolvenzgerichts schützt die Interessen der Beteiligten vor einer überhöhten Vergütung und die Interessen des Insolvenzverwalters vor einer zu niedrigen Vergütung. Sie sichert somit die öffentlichen Interessen und die Interessen aller Beteiligten und des Insolvenzverwalters an einer angemessenen Vergütung.
BGH online
Der Kläger ist Verwalter in dem in März 2016 eröffneten Insolvenzverfahren der W-AG (Schuldnerin). Er hat die Rückgewähr von Vergütungen, die der Beklagte als Mitglied des Gläubigerausschusses für die Überwachung der Erfüllung eines in einem früheren Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin zustande gekommenen Insolvenzplans erhalten hatte, gefordert.
Der Beklagte war in den Gläubigerausschuss gewählt worden. Im September 2013 wurde das erste Insolvenzverfahren aufgehoben. Danach schlossen die Mitglieder des Gläubigerausschusses, darunter der Beklagte, und die Schuldnerin eine Vergütungsvereinbarung, nach der die Mitglieder des Gläubigerausschusses für ihre Tätigkeit eine Vergütung von 300 € pro Stunde bei einem Mindestzeittakt von je angefangenen sechs Minuten zu erhalten hatten.
In der Folgezeit stellte der Beklagte der Schuldnerin verschiedene Rechnungen über seine Tätigkeit. Die Schuldnerin zahlte hierauf insgesamt 116.268 €. Nachdem das zweite Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet worden war, wurde die Überwachung der Erfüllung des Insolvenzplans aufgehoben.
Der Kläger war der Ansicht, die Vergütung des Beklagten hätte zwingend vom Insolvenzgericht festgesetzt werden müssen. Seine Klage auf Rückgewähr war in den Vorinstanzen überwiegend erfolgreich. Auf die Revision des Beklagten hat der BGH die Entscheidungen aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Gründe:
Entgegen der Annahme der Vorinstanzen ist die Vergütungsvereinbarung nicht wegen Verstoßes gegen zwingende Vorschriften des Insolvenzrechts unwirksam.
Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gem. § 258 Abs. 1 InsO erhält der Schuldner das Recht zurück, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen (§ 259 Abs. 1 Satz 2 InsO). Die Bestimmung des § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO kann nicht abbedungen werden. Eine nur partielle Wiedererlangung der Verfügungsbefugnis des Schuldners ist ausgeschlossen. Lediglich die Vorschriften über die Überwachung der Planerfüllung bleiben von der Aufhebung des Insolvenzverfahrens unberührt. Die Befugnisse von Insolvenzverwalter und Gläubigerausschuss sind jedoch, von der hier nicht einschlägigen Bestimmung des § 263 InsO abgesehen, auf die in der Insolvenzordnung beschriebenen Maßnahmen der Überwachung beschränkt. Die von der Aufhebung des Insolvenzverfahrens an grundsätzlich umfassenden Geschäftsführungs- und Verfügungsbefugnisse des Schuldners bleiben hiervon unberührt.
Gegenständlich ist die Überwachung der Planerfüllung auf diejenigen Ansprüche beschränkt, die den Gläubigern nach dem gestaltenden Teil des Insolvenzplans gegen den Schuldner zustehen. Verbindlichkeiten, die der Schuldner nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens neu begründet, unterliegen allenfalls mittelbar der Überwachung, insofern nämlich, als die Planerfüllung in der Regel gefährdet sein wird, wenn laufende Verbindlichkeiten nicht beglichen werden können.
Grundsätzlich werden Unternehmensentscheidungen, die sich nicht auf die Erfüllbarkeit der Ansprüche der Plangläubiger auswirken, jedoch nicht überwacht. Der Schuldner kann, vom Ausnahmefall des § 263 InsO abgesehen, nach eigenem Gutdünken Verträge schließen und diese erfüllen. Das gilt auch für einen Vertrag, der die Höhe der Vergütung der Mitglieder des gemäß § 261 Abs. 1 Satz 2 InsO fortbestehenden Gläubigerausschusses regelt. Gebunden ist der Schuldner nur an die Entscheidung der Planbeteiligten, die Erfüllung des Insolvenzplans überwachen zu lassen und ihm, dem Schuldner, die Kosten der Überwachung aufzuerlegen.
Zwingende Vorschriften des Vergütungsrechts stehen einer Vergütungsvereinbarung zwischen den Mitgliedern des Gläubigerausschusses und dem Schuldner nicht entgegen. Allerdings sind die Vorschriften der Insolvenzordnung über die Vergütung des Insolvenzverwalters zwingend. Vereinbarungen über die (bereits verdiente) Vergütung des Insolvenzverwalters können nicht Inhalt eines Insolvenzplans sein. Die Verwaltervergütung stellt eine Masseverbindlichkeit dar. Die Ansprüche der am Planverfahren nicht beteiligten Massegläubiger sind einer Regelung im Insolvenzplan, vom Ausnahmefall des § 210a InsO abgesehen, nicht zugänglich.
Die Bestimmungen über die Höhe und die Festsetzung der Vergütung dienen überdies dazu, die Unabhängigkeit des mit hoheitlichen Befugnissen ausgestatteten Insolvenzverwalters gegenüber den Verfahrensbeteiligten zu sichern. Die unabdingbare Festsetzungsbefugnis des Insolvenzgerichts schützt die Interessen der Beteiligten vor einer überhöhten Vergütung und die Interessen des Insolvenzverwalters vor einer zu niedrigen Vergütung. Sie sichert somit die öffentlichen Interessen und die Interessen aller Beteiligten und des Insolvenzverwalters an einer angemessenen Vergütung.