Zur Vergütung des Insolvenzverwalters bei einem freihändig veräußerten mit Grundpfandrechten belasteten Grundstück
BGH 9.6.2016, IX ZB 17/15Der weitere Beteiligte ist Verwalter in dem am 30.3.2011 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Zur Insolvenzmasse gehörte der hälftige Miteigentumsanteil des Schuldners an einem mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück. Die zweite Miteigentumshälfte stand im Eigentum seiner Ehefrau, über deren Vermögen ebenfalls ein Insolvenzverfahren eröffnet war. Das Grundstück war mit einer Sicherungsgrundschuld zugunsten der Frankfurter S sowie mit mehreren Zwangssicherungshypotheken zugunsten anderer Gläubiger belastet. Es wurde vom weiteren Beteiligten am 2.12.2011 zu einem Kaufpreis von 205.000 € freihändig veräußert.
Der auf den Miteigentumsanteil des Schuldners entfallende Erlösanteil von 102.500 € wurde vollständig zur Abgeltung der Absonderungsrechte der Grundpfandgläubiger verwendet. Die während des Insolvenzverfahrens verwaltete Masse betrug nach der Schlussrechnung unter Einschluss des mit 102.500 € bewerteten Grundstücksanteils 150.290,41 €.
Der weitere Beteiligte beantragte, die Vergütung für seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter auf rd. 22.000 € zzgl. Auslagen und Umsatzsteuer, insgesamt auf rd. 33.000 €, festzusetzen. Ausgehend von der aus einer Masse von rd. 48.000 € berechneten Regelvergütung (rd. 16.000 €) machte er eine Erhöhung um rd. 2.000 € nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 InsVV (50 v.H. der Feststellungskosten von 4 Prozent aus 102.500 €) und Zuschläge i.H.v. insgesamt 25 Prozent geltend.
Das AG - Insolvenzgericht - lehnte die begehrte Erhöhung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV ab und setzte die Vergütung unter Zubilligung eines Zuschlags von 15 Prozent auf insgesamt rd. 27.000 € fest. Die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten hatte vor dem LG ebenso wenig Erfolg wie seine vorliegende Rechtsbeschwerde vor dem BGH.
Die Gründe:
Das LG hat mit Recht die Vergütung des weiteren Beteiligten aus einer Berechnungsgrundlage von rd. 48.000 € bestimmt. Der Wert des Miteigentumsanteils des Schuldners am Grundstück ist bei der Berechnungsgrundlage nicht zu berücksichtigen.
Feststellungsbeiträge der absonderungsberechtigten Gläubiger sieht das Gesetz nur bei der Verwertung von beweglichen Gegenständen und Forderungen (§ 170 Abs. 1 S. 1 InsO) und insoweit vor, als sich die Zwangsversteigerung eines Grundstücks auf bewegliche Gegenstände erstreckt (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG). Für die Verwertung eines Grundstücks durch freihändige Veräußerung gibt es keine entsprechende Regelung. Ob in diesem Fall dennoch eine Sondervergütung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 und 2 InsVV beansprucht werden kann, musste vorliegend nicht entschieden werden.
Der Anspruch auf eine Vergütung unter Berücksichtigung des vollen Werts eines mit einem Absonderungsrecht belasteten Grundstücks setzt jedenfalls voraus, dass die Verwertung durch den Insolvenzverwalter zu einem dem Feststellungsbeitrag vergleichbaren Massezufluss geführt hat. Dies folgt schon aus dem Wortlaut der Regelung, die von einem Feststellungsbeitrag spricht, der in die Masse geflossen ist. Auch in der Amtlichen Begründung zu § 1 InsVV ist von einem "anfallenden Kostenbeitrag" die Rede. Ein solches Verständnis entspricht dem der InsVV zugrunde liegenden, aus § 63 Abs. 1 S. 2 InsO abzuleitenden und in § 1 Abs. 2 Nr. 1 S. 3 InsVV zum Ausdruck kommenden Überschussprinzip, wonach die Vergütung des Verwalters nur aus demjenigen Vermögen zu berechnen ist, das auch zur Begleichung der Vergütung zur Verfügung steht.
Die Begrenzung der Vergütung auf 50 Prozent eines erlangten Feststellungsbeitrags in § 1 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 InsVV bringt zum Ausdruck, dass die Verwertung eines mit einem Absonderungsrecht belasteten Gegenstands auch den ungesicherten Gläubigern noch einen Nutzen bringen soll, indem die zweite Hälfte des Feststellungsbeitragslungsbeitrags nicht für die Vergütung des Verwalters verbraucht werden darf, sondern der Masse vorbehalten bleibt. Wäre der Feststellungsbeitrag als bloße Rechengröße heranzuziehen, führte die Verwertung des Verwalters hingegen nicht zu einer Vermehrung, sondern zu einer Verkürzung der den Insolvenzgläubigern zur Verfügung stehenden Masse.
Die Tätigkeit des Insolvenzverwalters im Zuge der Verwertung eines Grundstücks muss gleichwohl nicht unvergütet bleiben. Wird durch die freihändige Veräußerung ein höherer Erlös als im Falle einer Zwangsversteigerung erzielt, ist dies für die Insolvenzgläubiger ungeachtet eines vereinbarten Kostenbeitrags der absonderungsberechtigten Gläubiger dann von Nutzen, wenn sich infolge des Mehrerlöses die zur Tabelle angemeldeten persönlichen Ausfallforderungen dieser Gläubiger verringern und sich dadurch die Befriedigungsquote der ungesicherten Gläubiger erhöht. Dies zu ermöglichen, gehört zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters. Unternimmt er dafür besondere Anstrengungen, können diese durch einen angemessenen Zuschlag zur Vergütung nach § 3 Abs. 1 Buchst. a InsVV berücksichtigt werden.
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