Zur Vergütung eines nur mit der Prüfung einer Insolvenzforderung beauftragten Sonderinsolvenzverwalters
BGH v. 14.1.2021 - IX ZB 27/18
Der Sachverhalt:
Das AG - Insolvenzgericht - eröffnete mit Beschluss vom 5.3.2015 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A-GmbH (Schuldnerin) und bestellte den weiteren Beteiligten zu 1) zum Insolvenzverwalter. Dieser meldete in seiner Eigenschaft als Sachwalter der A. B. GmbH eine Forderung gegen die Schuldnerin i.H.v. rd. 6,2 Mio. € zur Insolvenztabelle an. Mit Beschluss vom 18.5.2015 beauftragte das AG den weiteren Beteiligten zu 2) als Sonderinsolvenzverwalter mit der Prüfung dieser Forderung. Der weitere Beteiligte zu 2) stellte die Forderung i.H.v. rd. 5,7 Mio. € zur Tabelle fest und bestritt sie i.H.v. 500.000 €. Eine Gläubigerin widersprach der Feststellung zur Tabelle und nahm ihren Widerspruch später zurück. Die für die Insolvenzgläubiger zu erwartende Quote beträgt voraussichtlich 53,45 %. Der weitere Beteiligte zu 2) beantragte, seine Vergütung auf rd. 27.000 € zzgl. 19 % Umsatzsteuer, insgesamt rd. 32.000 € festzusetzen.
Das AG setzte die Vergütung auf insgesamt 1.190 € fest. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 2) wies das LG nach Übertragung auf die Kammer zurück. Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 2) hob der BGH den Beschluss des LG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung dorthin zurück.
Die Gründe:
Die Annahme des LG, dass die Mindestvergütung nach § 2 Abs. 2 InsVV i.H.v. 1.000 € gerade noch angemessen sei, erweist sich als rechtsfehlerhaft.
Zwar geht das LG von einer zutreffenden Berechnungsgrundlage für die Bemessung der Vergütung aus. Diese richtet sich bei einem nur mit der Prüfung einer Insolvenzforderung beauftragten Sonderinsolvenzverwalter nach der für die angemeldete Forderung zu erwartenden Insolvenzquote. Zu Recht stellt es dabei auf die angemeldete Forderung und nicht auf den letztlich zur Tabelle festgestellten Betrag ab. Der BGH hat bereits entschieden, dass der Gegenstandswert für die vom Sonderinsolvenzverwalter unter den Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 InsVV für die Prüfung einer Forderungsanmeldung zu beanspruchende Geschäftsgebühr in der Regel der Befriedigungsquote entspricht, die im Zeitpunkt seiner ersten Tätigkeit zu erwarten gewesen ist. Maßgeblich ist hierfür das wirtschaftliche Interesse, welches der Insolvenzverwalter kraft seines Amtes an einer ordnungsgemäßen Prüfung angemeldeter Forderungen hat. Nichts anderes gilt, wenn - wie hier - für die Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters die Regelungen über die Berechnungsgrundlage gem. § 1 InsVV maßgeblich sind. Die Berechnungsgrundlage bestimmt sich nach dem Wert der Insolvenzmasse, welcher der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Verwalters unterliegt oder während des Verfahrens unterlag.
Beschränkt sich der Aufgabenbereich auf die Prüfung einer Forderungsanmeldung, ergibt sich der dieser Tätigkeit entsprechende Wert der Insolvenzmasse aus der Befriedigungsquote, die zum Zeitpunkt der ersten Tätigkeit zu erwarten ist. Denn die durchgeführte Forderungsprüfung beeinflusst den Wert der Insolvenzmasse nur, soweit auf die angemeldete Forderung eine Quote entfällt. Eine Bestimmung der Berechnungsgrundlage nach dem Nennbetrag der angemeldeten Forderung widerspricht dem auf den Wert der Insolvenzmasse abstellenden Grundsatz des § 1 Abs. 1 InsVV. In gleicher Weise stellt § 182 InsO auf den wirtschaftlichen Wert beim Streit um eine Insolvenzforderung ab. Hingegen weist die Annahme des LG, vorliegend stelle die Mindestvergütung den angemessenen Bruchteil der Regelvergütung dar, in einem Punkt durchgreifende Rechtsfehler auf. Bezieht sich die Tätigkeit des Sonderinsolvenzverwalters nur auf einen Teil der Aufgaben des Insolvenzverwalters, ist dem dadurch Rechnung zu tragen, dass die Vergütung auf einen angemessenen Bruchteil der Vergütung des Insolvenzverwalters festgesetzt wird.
Im Ausgangspunkt zutreffend geht das LG davon aus, dass die obere Grenze der Vergütung als Sonderinsolvenzverwalter sich aus der Vergütung ergibt, welche der weitere Beteiligte zu 2) unter den Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 InsVV nach dem RVG beanspruchen könnte, weil seine Aufgabe ausschließlich darin bestand, einen einzelnen Anspruch zu prüfen, den der weitere Beteiligte zu 1) als Insolvenzverwalter zur Tabelle angemeldet hatte. Hierbei ist von einer Geschäftsgebühr für außergerichtliche Tätigkeit nach Nr. 2300 VV RVG auszugehen. Im Streitfall errechnet sich beim Ansatz der 1,3-fachen Regelgebühr und einem Gegenstandswert von rd. 3,3 Mio. € eine maximale Vergütung i.H.v. rd. 15.000 € netto. Bezieht sich die Tätigkeit des Sonderinsolvenzverwalters nur auf einen Teil der Aufgaben des Insolvenzverwalters, richtet sich die Bemessung des angemessenen Bruchteils einer Regelvergütung danach, welchen Anteil die Tätigkeit des Sonderinsolvenzverwalters an den Aufgaben des Insolvenzverwalters ausmacht.
Hat der Sonderinsolvenzverwalter lediglich die Aufgabe, einzelne Ansprüche zu prüfen, zur Tabelle anzumelden oder anderweitig rechtlich durchzusetzen, ist seine Tätigkeit allerdings mit derjenigen eines Insolvenzverwalters kaum mehr vergleichbar. In diesen Fällen ist daher die Vergütung, welche der Sonderinsolvenzverwalter nach dem RVG beanspruchen könnte, für die Bemessung dieses Bruchteils lediglich die obere Grenze der festzusetzenden Vergütung, die nicht überschritten, wohl aber unterschritten werden darf. Ist der Sonderinsolvenzverwalter nur mit der Prüfung einer Forderung beauftragt, ist auf ein hypothetisches Insolvenzverfahren abzustellen, mit einer Masse, die der Befriedigungsquote der zur Tabelle angemeldeten Forderungen entspricht. Neben der Frage, welchen Anteil die Forderungsprüfung an den mit der Regelvergütung abgegoltenen Aufgaben eines Insolvenzverwalters ausmacht, ist auch der tatsächlich erforderliche Aufwand einzubeziehen. Die Vergütung muss in diesem Rahmen in einer dem Aufgabenumfang angemessenen Höhe festgesetzt werden. Das LG berücksichtigt diesen Maßstab nicht hinreichend.
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Das AG - Insolvenzgericht - eröffnete mit Beschluss vom 5.3.2015 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A-GmbH (Schuldnerin) und bestellte den weiteren Beteiligten zu 1) zum Insolvenzverwalter. Dieser meldete in seiner Eigenschaft als Sachwalter der A. B. GmbH eine Forderung gegen die Schuldnerin i.H.v. rd. 6,2 Mio. € zur Insolvenztabelle an. Mit Beschluss vom 18.5.2015 beauftragte das AG den weiteren Beteiligten zu 2) als Sonderinsolvenzverwalter mit der Prüfung dieser Forderung. Der weitere Beteiligte zu 2) stellte die Forderung i.H.v. rd. 5,7 Mio. € zur Tabelle fest und bestritt sie i.H.v. 500.000 €. Eine Gläubigerin widersprach der Feststellung zur Tabelle und nahm ihren Widerspruch später zurück. Die für die Insolvenzgläubiger zu erwartende Quote beträgt voraussichtlich 53,45 %. Der weitere Beteiligte zu 2) beantragte, seine Vergütung auf rd. 27.000 € zzgl. 19 % Umsatzsteuer, insgesamt rd. 32.000 € festzusetzen.
Das AG setzte die Vergütung auf insgesamt 1.190 € fest. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 2) wies das LG nach Übertragung auf die Kammer zurück. Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 2) hob der BGH den Beschluss des LG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung dorthin zurück.
Die Gründe:
Die Annahme des LG, dass die Mindestvergütung nach § 2 Abs. 2 InsVV i.H.v. 1.000 € gerade noch angemessen sei, erweist sich als rechtsfehlerhaft.
Zwar geht das LG von einer zutreffenden Berechnungsgrundlage für die Bemessung der Vergütung aus. Diese richtet sich bei einem nur mit der Prüfung einer Insolvenzforderung beauftragten Sonderinsolvenzverwalter nach der für die angemeldete Forderung zu erwartenden Insolvenzquote. Zu Recht stellt es dabei auf die angemeldete Forderung und nicht auf den letztlich zur Tabelle festgestellten Betrag ab. Der BGH hat bereits entschieden, dass der Gegenstandswert für die vom Sonderinsolvenzverwalter unter den Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 InsVV für die Prüfung einer Forderungsanmeldung zu beanspruchende Geschäftsgebühr in der Regel der Befriedigungsquote entspricht, die im Zeitpunkt seiner ersten Tätigkeit zu erwarten gewesen ist. Maßgeblich ist hierfür das wirtschaftliche Interesse, welches der Insolvenzverwalter kraft seines Amtes an einer ordnungsgemäßen Prüfung angemeldeter Forderungen hat. Nichts anderes gilt, wenn - wie hier - für die Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters die Regelungen über die Berechnungsgrundlage gem. § 1 InsVV maßgeblich sind. Die Berechnungsgrundlage bestimmt sich nach dem Wert der Insolvenzmasse, welcher der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Verwalters unterliegt oder während des Verfahrens unterlag.
Beschränkt sich der Aufgabenbereich auf die Prüfung einer Forderungsanmeldung, ergibt sich der dieser Tätigkeit entsprechende Wert der Insolvenzmasse aus der Befriedigungsquote, die zum Zeitpunkt der ersten Tätigkeit zu erwarten ist. Denn die durchgeführte Forderungsprüfung beeinflusst den Wert der Insolvenzmasse nur, soweit auf die angemeldete Forderung eine Quote entfällt. Eine Bestimmung der Berechnungsgrundlage nach dem Nennbetrag der angemeldeten Forderung widerspricht dem auf den Wert der Insolvenzmasse abstellenden Grundsatz des § 1 Abs. 1 InsVV. In gleicher Weise stellt § 182 InsO auf den wirtschaftlichen Wert beim Streit um eine Insolvenzforderung ab. Hingegen weist die Annahme des LG, vorliegend stelle die Mindestvergütung den angemessenen Bruchteil der Regelvergütung dar, in einem Punkt durchgreifende Rechtsfehler auf. Bezieht sich die Tätigkeit des Sonderinsolvenzverwalters nur auf einen Teil der Aufgaben des Insolvenzverwalters, ist dem dadurch Rechnung zu tragen, dass die Vergütung auf einen angemessenen Bruchteil der Vergütung des Insolvenzverwalters festgesetzt wird.
Im Ausgangspunkt zutreffend geht das LG davon aus, dass die obere Grenze der Vergütung als Sonderinsolvenzverwalter sich aus der Vergütung ergibt, welche der weitere Beteiligte zu 2) unter den Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 InsVV nach dem RVG beanspruchen könnte, weil seine Aufgabe ausschließlich darin bestand, einen einzelnen Anspruch zu prüfen, den der weitere Beteiligte zu 1) als Insolvenzverwalter zur Tabelle angemeldet hatte. Hierbei ist von einer Geschäftsgebühr für außergerichtliche Tätigkeit nach Nr. 2300 VV RVG auszugehen. Im Streitfall errechnet sich beim Ansatz der 1,3-fachen Regelgebühr und einem Gegenstandswert von rd. 3,3 Mio. € eine maximale Vergütung i.H.v. rd. 15.000 € netto. Bezieht sich die Tätigkeit des Sonderinsolvenzverwalters nur auf einen Teil der Aufgaben des Insolvenzverwalters, richtet sich die Bemessung des angemessenen Bruchteils einer Regelvergütung danach, welchen Anteil die Tätigkeit des Sonderinsolvenzverwalters an den Aufgaben des Insolvenzverwalters ausmacht.
Hat der Sonderinsolvenzverwalter lediglich die Aufgabe, einzelne Ansprüche zu prüfen, zur Tabelle anzumelden oder anderweitig rechtlich durchzusetzen, ist seine Tätigkeit allerdings mit derjenigen eines Insolvenzverwalters kaum mehr vergleichbar. In diesen Fällen ist daher die Vergütung, welche der Sonderinsolvenzverwalter nach dem RVG beanspruchen könnte, für die Bemessung dieses Bruchteils lediglich die obere Grenze der festzusetzenden Vergütung, die nicht überschritten, wohl aber unterschritten werden darf. Ist der Sonderinsolvenzverwalter nur mit der Prüfung einer Forderung beauftragt, ist auf ein hypothetisches Insolvenzverfahren abzustellen, mit einer Masse, die der Befriedigungsquote der zur Tabelle angemeldeten Forderungen entspricht. Neben der Frage, welchen Anteil die Forderungsprüfung an den mit der Regelvergütung abgegoltenen Aufgaben eines Insolvenzverwalters ausmacht, ist auch der tatsächlich erforderliche Aufwand einzubeziehen. Die Vergütung muss in diesem Rahmen in einer dem Aufgabenumfang angemessenen Höhe festgesetzt werden. Das LG berücksichtigt diesen Maßstab nicht hinreichend.