Zur Verjährung der Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Aufklärungs- oder Beratungspflicht einer Bank
BGH 24.3.2015, XI ZR 278/14Der Kläger unterhielt bei der beklagten Bank seit 1989 ein Wertpapierdepot, in dem er u.a. 501 Anteile des offenen Immobilienfonds H hielt. Bei einem Beratungsgespräch am 18.7.2008 erteilte der Kläger auf Empfehlung der Zeugin F, einer Mitarbeiterin der Beklagten, die Order, die Anteile an dem H-Fonds zu veräußern und stattdessen 406 Anteile an dem P-Fonds, einem Dachfonds, der ganz überwiegend in offene Immobilienfonds investiert, zu einem Betrag von rd. 21.000 € zu erwerben. Die Kauforder wurde von der Beklagten am 22.7.2008 ausgeführt.
Aufgrund einer weiteren Beratung durch die Zeugin F erwarb der Kläger am 15.6.2009 ebenfalls durch ein Festpreisgeschäft weitere 20 Anteile an dem P-Fonds zu einem Betrag von rd. 1.000 €. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger von der Beklagten auf das bei dem Fonds bestehende Risiko einer Aussetzung der Anteilsrücknahme hingewiesen worden ist. Im September 2010 setzte der P-Fonds aufgrund der Schließung einiger Zielfonds, in die er investiert hatte, die Anteilsrücknahme aus. Der Kläger erhielt Ausschüttungen des Fonds i.H.v. insgesamt rd. 11.000 €.
Am 19.7.2011 reichte der Kläger bei dem Ombudsmann der privaten Banken eine Beschwerde ein, in der er der Beklagten eine Falschberatung im Zusammenhang mit dem P-Fonds u.a. wegen fehlenden Hinweises auf das Schließungsrisiko des Fonds vorwarf. Das Schreiben ging bei dem Ombudsmann am 21.7.2011 ein. Mit der bei Gericht am 28.12.2011 eingegangenen verlangt der Kläger von der Beklagten unter Berufung auf die von ihm behauptete unterbliebene Aufklärung über das Schließungsrisiko u.a. die Rückzahlung des unter Abzug der bis einschließlich Oktober 2011 erhaltenen Ausschüttungen - eingesetzten Kapitals i.H.v. rd .14.500 € und die Erstattung der entgangenen Ausschüttungen des H-Fonds für die Jahre 2009 bis 2011 i.H.v. insgesamt rd. 2.600 €. Die Beklagte erhob u.a. die Einrede der Verjährung.
Das LG gab der Klage - unter Klageabweisung im Übrigen - i.H.v. rd. 14.000 € statt. Das OLG wies die Klage insgesamt ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil im Hinblick auf die Kauforder vom 15.6.2009 auf, und verwies die Sache insoweit an das OLG zurück.
Die Gründe:
Die Revision hat nur im Hinblick auf die im Zusammenhang mit dem Beratungsgespräch vom 15.6.2009 verfolgten Ansprüche Erfolg. Sie führt insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das OLG. Die Beurteilung des OLG, die Verjährungsfrist habe gem. § 188 Abs. 2 i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 18.7.2011 geendet, so dass die Einreichung der Beschwerde beim Ombudsmann am 19.7.2011 die Hemmung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB nicht mehr habe herbeiführen können, hält der rechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand. Während die Ausführungen des OLG im Hinblick auf das am 18.7.2008 getätigte Erwerbsgeschäft nicht zu beanstanden sind, hat die Revision in Bezug auf die weitere Kauforder vom 15.6.2009 Erfolg, weil insoweit die Verjährung rechtzeitig durch die Klageerhebung gehemmt worden ist.
Zwischen den Parteien ist am 18.7.2008 und am 15.6.2009 jeweils ein Beratungsvertrag in Bezug auf den von der Beklagten empfohlenen P-Fonds zustande gekommen. Mangels gegenteiliger Feststellungen ist darüber hinaus davon auszugehen, dass die Beklagte ihre Pflicht verletzt hat, den Kläger ungefragt über die Möglichkeit einer zeitweiligen Aussetzung der Anteilsrücknahme durch die Fondsgesellschaft aufzuklären. Diese Vertragspflicht hat die Beklagte allerdings im Falle eines etwaigen Verstoßes nur fahrlässig verletzt, so dass das OLG zu Recht von der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 37a WpHG a.F. ausgegangen ist.
Das OLG hat zutreffend ausgeführt, dass ein etwaiger, allein auf Fahrlässigkeit gestützter Schadensersatzanspruch des Klägers wegen der am 18.7.2008 erfolgten Beratung nach § 37a WpHG a.F. i.V.m. § 43 WpHG verjährt ist. Nach der Rechtsprechung des Senats (BGH 8.3.2005, XI ZR 170/04) beginnt die tagegenau zu berechnende Verjährung nach § 37a WpHG a.F. im Zeitpunkt des Erwerbs der Wertpapiere durch den Anleger. Mit dem "Erwerb der Wertpapiere" ist nicht erst das dingliche Ausführungsgeschäft, sondern bereits der schuldrechtliche Vertragsschluss gemeint. Vorliegend ist das schuldrechtliche Erwerbsgeschäft bereits am 18.7.2008 zustande gekommen. Die Verjährungsfrist begann gem. § 187 Abs. 1 BGB am Tag nach dem Beratungsgespräch, also am 19.7.2008, und endete am 18.7.2011, einem Montag. Mit der am 19.11.2011 beim Ombudsmann der privaten Banken eingereichten Beschwerde konnte der Kläger eine Hemmung der Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB nicht mehr erreichen.
Die Revision hat allerdings Erfolg, als sie sich gegen die Annahme des OLG wendet, der von dem Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei auch im Hinblick auf das am 15.6.2009 getätigte Wertpapiergeschäft verjährt. Dies ist nicht der Fall. Bei dem Beratungsgespräch am 15.6.2009 und dem dabei abgeschlossenen Kaufvertrag über 20 Anteile an dem P-Fonds handelt es sich im Verhältnis zu der Beratung vom 18.7.2008 um einen selbständigen Geschehensablauf und damit einen neuen Lebenssachverhalt, der zur Annahme verschiedener Streitgegenstände führt. Ein auf eine fehlerhafte Beratung gestützter Schadensersatzanspruch unterliegt daher einer eigenständigen Verjährung. Die auch insoweit noch eingreifende dreijährige Verjährungsfrist des § 37a WpHG a.F. i.V.m. § 43 WpHG begann danach am 16.6.2009 und wäre am 15.6.2012 abgelaufen. Durch die Klageerhebung am 13.1.2012 hat der Kläger die Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB rechtzeitig gehemmt.
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