30.06.2011

Zur Versagung der Restschuldbefreiung wegen verweigerter Mitwirkung des Schuldners

Verweigert der Schuldner seine Mitwirkung im Versagungsverfahren nach § 296 Abs. 2 InsO, kann ihm die Restschuldbefreiung nur versagt werden, wenn diesem Verfahren ein statthafter Versagungsantrag nach § 296 Abs. 1 InsO zugrunde liegt. Zulässig muss der Antrag nicht sein.

BGH 19.5.2011, IX ZB 274/10
Der Sachverhalt:
Das im Oktober 2004 eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners wurde nach Ankündigung der Restschuldbefreiung im April 2008 aufgehoben, § 200 InsO. Im Mai 2010 teilte der Treuhänder dem Insolvenzgericht mit, dass trotz Aufforderung seinerseits der Schuldner keine Erklärungen über seine Einkommensverhältnisse abgegeben habe. Auch gegenüber dem Insolvenzgericht erteilte der Schuldner trotz entsprechenden Verlangens und einer Belehrung über die Folgen der unterlassenen Mitwirkung die angeforderten Auskünfte nicht.

Daraufhin versagte das AG die Restschuldbefreiung und hob die Stundung der Verfahrenskosten auf. Das LG wies die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde zurück. Auf die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Schuldners hob der BGH die angefochtenen Beschlüsse von AG und LG über die Versagung der Restschuldbefreiung und die Aufhebung der Stundung der Verfahrenskosten auf.

Die Gründe:
Einem Schuldner kann nach § 296 Abs. 2 S. 3 InsO die Restschuldbefreiung nur versagt werden, wenn ein hierzu berechtigter Gläubiger einen Versagungsantrag nach § 296 Abs. 1 InsO gestellt hat, der zu dem Auskunftsverlangen des Absatzes 2 der Vorschrift geführt hat.

Die Vorschrift des § 296 Abs. 2 S. 3 InsO enthält gegenüber § 296 Abs. 1 InsO einen eigenständigen Versagungstatbestand, der an die Mitwirkungspflichten des Schuldners im Versagungsverfahren nach § 296 Abs. 2 S. 1 InsO anknüpft. Wegen seiner einschneidenden Wirkungen ist der Schuldner in geeigneter Weise darüber aufzuklären, dass seine Mitwirkung, die allerdings nicht erzwungen werden kann, sanktionsbewehrt ist und im Falle einer unentschuldigten Verweigerung schon deshalb die Versagung der Restschuldbefreiung droht. Das Verhältnis dieser beiden Versagungstatbestände zueinander, und insbes. die Frage, ob dem Schuldner die Restschuldbefreiung auch ohne Gläubigerantrag versagt werden kann, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

Nach Ansicht des BGH kann es dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 296 Abs. 2 S. 1 InsO zufolge eine Versagung der Restschuldbefreiung ohne einen Gläubigerantrag nicht geben. Ohne den Antrag eines hierzu berechtigten Gläubigers setzt die Amtsermittlungspflicht des Insolvenzgerichts zum Vorliegen von Versagungsgründen nicht ein. Mit seinem Antrag bestimmt der Gläubiger zugleich den Verfahrensgegenstand. Das Insolvenzgericht darf die Entscheidung über die Versagung der Restschuldbefreiung nicht von Amts wegen auf andere als die vom Antragsteller geltend gemachten Versagungsgründe stützen.

Jedoch kann ein zunächst zulässiger Versagungsantrag im Laufe des Verfahrens unzulässig werden, wenn etwa aufgrund von Vortrag des Schuldners der Versagungsgrund nicht mehr glaubhaft erscheint. Auch mag die Bewertung des Gerichts, ob nach umfassender Würdigung aller Umstände mehr für das Vorliegen eines Versagungsgrundes spricht, sich im Laufe des Verfahrens ändern. Deswegen kann es für die Versagung nach § 296 Abs. 2 S. 3 InsO nicht darauf ankommen, ob der Versagungsantrag nach Auffassung des Beschwerdegerichts zum Zeitpunkt der Versagungsentscheidung zulässig war.

Vorliegend fehlt es an einem Gläubigerantrag. Das AG hat das Versagungsverfahren nach § 296 Abs. 2 InsO von Amts wegen eingeleitet. Dies sieht die InsO nicht vor. Der Versagungsbeschluss konnte deswegen keinen Bestand haben und war aufzuheben.

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