14.06.2011

Zur Verwendung der Bezeichnung "zertifizierter Testamentsvollstrecker"

Zwar verstößt die Verwendung der Bezeichnung "zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)" durch einen Rechtsanwalt grundsätzlich nicht gegen das anwaltliche Berufsrecht und gegen das Irreführungsverbot, wenn der Betreffende sowohl in theoretischer als auch in praktischer Hinsicht bestimmte Anforderungen erfüllt. Allerdings reicht eine zweimalige Tätigkeit als Testamentsvollstrecker nicht aus, um den Erwartungen zu entsprechen, die der Verkehr an einen "zertifizierten Testamentsvollstrecker" stellt.

BGH 9.6.2011, I ZR 113/10
Der Sachverhalt:
Der Beklagte ist Rechtsanwalt bezeichnet sich im Briefkopf seiner Kanzlei als "Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)". Er verfügt über ein Zertifikat der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge e.V. (AGT), die auf Antrag eine Bescheinigung als "Zertifizierter Testamentsvollstrecker" ausstellt, wenn der Antragsteller an bestimmten Leistungskontrollen teilgenommen hat. Rechtsanwälte benötigen zum Nachweis der praktischen Fertigkeiten lediglich eine zweijährige Tätigkeit im Beruf.

Die Klägerin, die Rechtsanwaltskammer Nürnberg, hielt die Bezeichnung "Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)" für irreführend und berufsrechtswidrig. Schließlich besitze der Beklagte keine hinreichenden praktischen Fähigkeiten auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung. Außerdem werde der unzutreffende Eindruck vermittelt, dass es den Beruf des Testamentsvollstreckers gebe.

Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr statt. Das Berufungsgericht war der Ansicht, die Werbung mit der Bezeichnung "Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)" erwecke bei den Verbrauchern die Erwartung, dass derjenige, der sich in dieser Weise präsentiere, regelmäßig als Testamentsvollstrecker tätig werde. Diese Voraussetzung erfülle der Beklagte allerdings nicht, da er bislang erst in zwei Fällen als Testamentsvollstrecker tätig geworden sei.

Die hiergegen gerichtete Revision des Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Eine zweimalige Tätigkeit als Testamentsvollstrecker reicht nicht aus, um den Erwartungen zu entsprechen, die der Verkehr an einen "zertifizierten Testamentsvollstrecker" stellt.

Zwar bestehen gegen einen Hinweis auf die Zertifizierung im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Testamentsvollstrecker aus berufs- und wettbewerbsrechtlicher Sicht keine Bedenken. Denn die Angabe enthält eine Information, die für das rechtssuchende Publikum durchaus von Bedeutung sein kann. Bei den Werbeadressaten wird dadurch gerade nicht der unzutreffende Eindruck hervorgerufen, das Zertifikat sei von einer amtlichen Stelle ausgestellt worden. Auch die Verwendung der Bezeichnung "Testamentsvollstrecker" ist an sich nicht irreführend oder unsachlich. Denn der Verkehr erkennt durchaus, dass es sich hierbei nicht um eine besondere Berufsbezeichnung, sondern um eine Tätigkeitsbeschreibung handelt.

Die angesprochenen Verbraucher erwarten allerdings von einem "zertifizierten Testamentsvollstrecker", dass dieser über besondere theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung verfügt. Dies setzt schließlich auch bei Rechtsanwälten voraus, dass sie in der Vergangenheit wiederholt als Testamentsvollstrecker tätig geworden sind. Infolgedessen ist es irreführend, wenn Rechtsanwälte ohne praktische Erfahrung als Testamentsvollstrecker die Bezeichnung "zertifizierter Testamentsvollstrecker" verwenden. Auch eine zweimalige Tätigkeit als Testamentsvollstrecker (wie hier) reicht nicht aus, um diesen Erwartungen zu entsprechen.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 102 vom 14.6.2011
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