31.05.2012

Zur Wirksamkeit von Honorarbedingungen für freie Journalisten

Das Einräumen umfassender Nutzungsrechte durch einen freien Journalisten gegenüber dem Verlag kann eine vertragliche Hauptleistungspflicht darstellen, die zum Kernbereich privatautonomer Vertragsgestaltung gehört und in der Regel der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB entzogen ist. Dennoch ist der Verwender solcher Geschäftsbedingungen gemäß dem Transparenzgebot gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners klar, einfach und präzise darzustellen.

BGH 31.5.2012, I ZR 73/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist der Deutsche Journalistenverband, der die Interessen angestellter und freier Journalisten wahrnimmt. Der beklagte Axel-Springer-Verlag legt seit Januar 2007 den Verträgen, die er mit freien Journalisten über die Lieferung von Text- und Bildbeiträgen abschließt, seine "Honorarregelungen Zeitungen" und "Honorarregelungen Zeitschriften" zugrunde.

Der Kläger war der Ansicht, dass eine Vielzahl der in den Honorarregelungen enthaltenen Klauseln unwirksam sei. Infolgedessen nahm er den Beklagten auf Unterlassung der Verwendung dieser Honorarregelungen in Anspruch. Das LG gab der Klage hinsichtlich einiger Klauseln statt. Die hiergegen gerichteten Berufungen beider Parteien waren teilweise erfolgreich. Auf die Revision des Klägers erklärte der BGH weitere Klauseln, die das KG für unbedenklich gehalten hatte, für unwirksam.

Die Gründe:
Die Honorarbedingungen, die der beklagte Axel-Springer-Verlag seinen Verträgen mit freien Journalisten zugrunde legt, sind teilweise unwirksam. Auf andere Klauseln traf das wiederum nicht zu.

Im Mittelpunkt stand die Bestimmung, mit der sich der Beklagte umfassende urheberrechtliche Nutzungsrechte an den von den freien Journalisten erstellten Beiträgen einräumen lässt ("Soweit ... nicht anders vereinbart, hat der Verlag das zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkte Recht, die Beiträge im In- und Ausland in körperlicher und unkörperlicher Form digital und analog zu nutzen ..."). Diese Bestimmung ist grundsätzlich wirksam. Der umfassenden Rechtseinräumung steht insbesondere nicht der Schutzgedanke des § 31 Abs. 5 UrhG entgegen, wonach der Urheber möglichst weitgehend an den wirtschaftlichen Früchten der Verwertung seines Werkes beteilig werden soll.

Der § 31 Abs. 5 UrhG kam insoweit nicht als Maßstab einer Inhaltskontrolle von AGB nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Betracht. Zum einen handelt es sich dabei um eine Auslegungsregel, die Inhalt und Umfang der einzuräumenden Rechte grundsätzlich der Disposition der Vertragsparteien überlässt. Zum anderen geht es bei den Klauseln um Regelungen, die unmittelbar den Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht bestimmen. Sie gehören zum Kernbereich privatautonomer Vertragsgestaltung und sind regelmäßig der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB entzogen. Daran hat auch die Einführung des § 11 S. 2 UrhG nichts geändert, wonach das Urheberrecht auch der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werks dient.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes war die Vergütungsregelung dennoch zu beanstanden, und zwar soweit sie bestimmt, dass im vereinbarten Honorar ein angemessener Anteil für die Einräumung der umfassenden Nutzungsrechte enthalten sei. Die Unwirksamkeit der Vergütungsregelung war allerdings nur mit dem Transparenzgebot zu begründen. Danach kann sich eine unangemessene Benachteiligung einer Bestimmung in AGB daraus ergeben, dass die Regelung nicht klar und verständlich ist; der Verwender solcher Geschäftsbedingungen ist vielmehr gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners klar, einfach und präzise darzustellen.

Nach den Honorarregelungen des Beklagten ist jedoch völlig unklar, ob der Journalist für weitergehende Nutzungen eine gesonderte Vergütung erhalten soll oder nicht. Die Regelungen enthalten eine Bestimmung, nach der insofern zu differenzieren ist: Einzelne in einer Klausel aufgeführte Nutzungen sollen "in jedem Fall" abgegolten sein. Nach einer weiteren Klausel, die das Berufungsgericht bereits rechtskräftig für unwirksam erklärt hat, soll sich die Frage, ob für darüber hinausgehende Nutzungen eine gesonderte Vergütung geschuldet wird, danach richten, was zwischen den Vertragsparteien abgesprochen ist. Nach dieser Regelung bleibt es letztlich offen, ob und für welche weitergehenden Nutzungen der Verlag eine gesonderte Vergütung zu zahlen hat.

Das bedeutet jedoch nicht, dass undifferenzierte Vergütungsregeln rechtlich unbedenklich sind, bei denen mit dem vereinbarten Honorar sämtliche weitergehenden Nutzungen abgegolten sind. Denn eine solche pauschale Vergütung wird sich häufig nicht als angemessen erweisen und daher zu einer nachträglichen Vertragsanpassung nach § 32 Abs. 1 S. 3 UrhG führen müssen.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 74 vom 31.5.2012
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