17.01.2012

Zur zeitnahen Erhebung von Einwendungen gegen die Einziehung wiederkehrender Sozialversicherungsbeiträge

Erhebt der unternehmerisch tätige Schuldner gegen die Einziehung eines wiederkehrenden Sozialversicherungsbeitrags zeitnah keine Einwendungen, kann die Zahlstelle davon ausgehen, dass die Lastschrift genehmigt ist. Zeitnah sind die Einwendungen, wenn sie innerhalb einer Überlegungsfrist von 14 Tagen ab Zugang des Kontoauszugs, der die Abbuchung ausweist, erhoben werden.

BGH 1.12.2011, IX ZR 58/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der F-GmbH (Schuldnerin). Diese unterhielt ein Girokonto, für das die Schuldnerin und die Bank einen vierteljährlichen Rechnungsabschluss vereinbart hatten. Der Geschäftsbeziehung zu der Schuldnerin lagen die AGB der Bank zugrunde.

Die beklagte Krankenkasse zog am 23.12.2008 - wie schon in den Monaten zuvor ohne Beanstandungen der Schuldnerin - Sozialversicherungsbeiträge aufgrund der ihr erteilten Einzugsermächtigung vom Konto der Schuldnerin ein. Der Kontoabschluss für das vierte Quartal 2008, den die Bank am 30.12.2008 erstellte, ging der Schuldnerin am 2.1.2009 zu. Am 19.1.2009 beantragte die Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Hierauf bestellte das Insolvenzgericht den Kläger am 22.1.2009 zum vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete einen Zustimmungsvorbehalt an.

Der Kläger informierte die Beklagte mit Schreiben vom 5.2.2009 über den Insolvenzantrag der Schuldnerin. Am 10.2.2009 erklärte er gegenüber der Bank die Genehmigung aller Abbuchungen vom Konto der Schuldnerin. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens focht er die genehmigten Leistungen vom 23.12.2008 an und forderte die Beklagte zur Rückzahlung des eingezogenen Betrags auf.

Das AG wies die Anfechtungsklage ab; das LG gab ihr statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung des Klägers zurück.

Die Gründe:
Das LG ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass bei ständig wiederkehrenden Lastschriftabbuchungen von Sozialversicherungsbeiträgen grundsätzlich eine konkludente Genehmigung durch den Schuldner in Betracht kommt. Es hat sich bei seiner Entscheidung jedoch ausschließlich darauf beschränkt, die Höhe der Zahlungen aus den vergangenen Monaten miteinander zu vergleichen und aufgrund ihrer unterschiedlichen Höhe eine konkludente Genehmigung zu verneinen. Damit wird der gesamte Tatsachenstoff nicht ausgeschöpft.

Der Auffassung des LG, es müsse sich um eine Reihe gleichbleibender Zahlungen handeln, um eine konkludente Genehmigung annehmen zu können, war nicht zu folgen. Werden fortlaufend Forderungen in unterschiedlicher Höhe im Rahmen von laufenden Geschäftsbeziehungen im unternehmerischen Verkehr mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren eingezogen, so kommt eine konkludente Genehmigung einer Lastschriftbuchung auch dann in Betracht, wenn sie sich innerhalb einer Schwankungsbreite von bereits zuvor genehmigten Lastschriftbuchungen bewegt oder diese nicht wesentlich über- oder unterschreitet. Entsprechendes gilt für die Einziehung von Sozialversicherungsbeiträgen, um die es vorliegend geht.

Zudem lässt das LG bei seiner Würdigung unberücksichtigt, dass es sich bei den eingezogenen Beträgen um solche gehandelt hat, deren Höhe jeweils vom Schuldner selbst aufgrund der Regelung des § 28f Abs. 3 SGB IV rechtsverbindlich gegenüber der Beklagten erklärt worden ist. Es kann insoweit erwartet werden, dass er die Belastungsbuchungen zeitnah überprüft und ggf. unverzüglich Widerspruch erhebt.

Nach der Rechtsprechung des BGH kann die Bank bei mtl. und im Wesentlichen gleich hohen Lastschriftabbuchungen vom Konto eines Verbrauchers in der Regel spätestens dann, wenn dieser bereits die Mitteilung von zwei Folgeabbuchungen erhalten hat, davon ausgehen, dass in Bezug auf die mindestens zwei Monate zurückliegende Abbuchung keine Einwendungen erhoben werden. Wie lang die Überlegungsfrist unternehmerisch tätiger Schuldner zu bemessen ist, ist bislang offen geblieben.

Für diese ist es verkehrsüblich, dass sie Lastschriften, die typischerweise auf einer von ihnen selbst abgefassten sozialversicherungsrechtlichen Anmeldung beruhen, mit einer Überlegungsfrist von allenfalls vierzehn Tagen widersprechen. Lässt der Schuldner diese Frist in Kenntnis der Abbuchung verstreichen, kann die Bank davon ausgehen, dass Einwendungen nicht mehr erhoben werden sollen. Dies gilt auch im vorliegenden Fall, in dem der Lastschrifteinzug auf der Anmeldung von Sozialversicherungsbeiträgen nach § 28f Abs. 3 SGB IV beruht.

Linkhinweis:

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