Zur Zulässigkeit der Werbung eines Lohnsteuerhilfevereins
BGH 14.10.2010, I ZR 5/09Die Parteien sind Lohnsteuerhilfevereine. In einer Ausgabe der Zeitung "Potsdam am Sonntag" im März 2007 ließ der Beklagte in der Rubrik "Steuerberatung - Kompetenz vom Fachmann" eine Anzeigen veröffentlichen, in der die Kontaktdaten des Vereins (Vereinsname, Adresse, Telefonnummer, E-Mail-Adresse), das Vereinswappen und der Begriff "Beratungsstelle" aufgeführt werden.
Auf derselben Zeitungsseite befanden sich ferner redaktionelle Beiträge zu Entfernungspauschalen, zu Freibeträgen und zur Steuerpflicht für Rentner sowie Anzeigen von zwei weiteren Lohnsteuerhilfevereinen und einer Steuerberatungsgesellschaft. Nach Ansicht der Klägerin sind die Anzeigen des Beklagten irreführend, weil sie keinen Hinweis darauf enthalten, dass Lohnsteuerhilfevereine in ihrer Befugnis zur Beratung in Steuersachen beschränkt sind.
Das LG gab der auf Unterlassung und Ersatz der Abmahnkosten gerichteten Klage - bis auf einen Teil der Abmahnkosten - statt. Das OLG wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG ist mit Recht davon ausgegangen, dass ein Lohnsteuerhilfeverein, der in einer Werbeanzeige allein auf sein Bestehen hinweist, nicht zugleich erklären muss, dass eine Beratung nur im Rahmen einer Mitgliedschaft bei ihm möglich und er auch lediglich in eingeschränktem Umfang zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist. Es hat die streitgegenständliche Werbung daher zutreffend als nicht irreführend i.S.v. § 5 Abs. 1 und 2 UWG 2004 angesehen.
Zu Unrecht hält die Revision die vom OLG vorgenommene Beurteilung deshalb für erfahrungswidrig, weil der Verbraucher schon nicht erkennen könne, dass er nur als Mitglied des Beklagten dessen Dienste in Anspruch nehmen könne. Der von der Revision herangezogenen BGH-Entscheidung "Lohnsteuerhilfeverein IV" (21.6.1990, I ZR 258/88) liegt noch das traditionelle Verbraucherleitbild zugrunde, das der Senat seit längerem aufgegeben hat. Überdies baut die Entscheidung auf der vom Senat früher vertretenen, inzwischen aber ebenfalls aufgegebenen Auffassung auf, nach der Werbung im Bereich der Steuerberatung - ebenso wie im Bereich der Rechtsberatung - im Grundsatz verboten und nur ausnahmsweise zulässig war.
Die Revision ist ferner zu Unrecht der Ansicht, es sei widersprüchlich, wenn das OLG einerseits die streitgegenständlichen Anzeigen als Wettbewerbshandlungen i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004 ansehe und andererseits meine, die Anzeigen könnten schon deshalb nicht irreführend sein, weil sie keine weiteren Informationen als die enthielten, die der Beklagte etwa auch an seinem Türschild anbringen würde, so dass der Verbraucher beim Lesen der Anzeige außer der Existenz des Beklagten nichts erfahre. Der von der Revision gesehene Widerspruch besteht nicht. Ein am Geschäftslokal angebrachtes Firmenschild stellt nicht anders als die im Streitfall zu beurteilenden beiden Anzeigen eine Wettbewerbshandlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004 dar.
Im Übrigen weist die Revision zwar zutreffend darauf hin, dass die Ansicht des OLG, es sei unschädlich, dass sich aus der Bezeichnung des Beklagten als Lohnsteuerhilfeverein allein seine eingeschränkte Beratungsbefugnis nicht ableiten lasse, in Widerspruch zur Rechtsprechung der OLG Nürnberg, Dresden und Zweibrücken steht. Die Auffassung, die diese drei OLG in den genannten Urteilen vertreten haben, liefe im Ergebnis aber auf eine zeitlich unbeschränkte faktische Fortgeltung der bereits im Jahr 2000 aufgehobenen Regelungen über in Werbeanzeigen von Lohnsteuerhilfevereinen zu machende Angaben in § 3 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. b und Nr. 3 Buchst. b WerbeVOStBerG hinaus.
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