Zur Zulässigkeit der Wiedergabe komprimierter Buchrezensionen Dritter (perlentaucher.de)
OLG Frankfurt a.M. 1.11.2011, 11 U 75/06 u.a.Die Klägerinnen verlegen namhafte Tageszeitungen, in denen auch Buchrezensionen veröffentlicht werden. Die Beklagte stellt auf ihrer Webseite "perlentaucher.de" Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt vor und spricht Empfehlungen aus. Dabei veröffentlicht sie auch Buchrezensionen aus den von den Klägerinnen verlegten Zeitungen in komprimierter Fassung. Diese sog. "Abstracts" werden von den Mitarbeitern der Beklagten formuliert, enthalten aber einzelne Zitate und Passagen aus den Originalkritiken.
Die Klägerinnen halten dies für unzulässig und verlangen mit den vorliegenden Klagen in der Hauptsache ein generelles Verbot derartiger Abstracts, hilfsweise die Untersagung von Abstracts mit Originalzitaten sowie bestimmter konkreter Abstracts. Nach Ansicht der Klägerinnen verletzen die Abstracts wegen des Umfangs der Übernahme von Formulierungen aus den Originalrezensionen ihre Urheberrechte.
LG und OLG wiesen die Klagen ab. Auf die hiergegen gerichteten Revisionen der Klägerinnen hob der BGH die Berufungsurteile teilweise auf und verwies die Sachen an das OLG zurück. Der BGH bestätigte zwar, dass die Klägerinnen kein generelles Verbot der Verwendung ihrer Buchrezensionen verlangen können. Es sei urheberrechtlich grundsätzlich zulässig, den Inhalt eines Schriftwerks in eigenen Worten zusammenzufassen und diese Zusammenfassungen zu verwerten.
Allerdings vertrat der BGH die Auffassung, dass die Übernahme der Rezensionen im konkreten Einzelfall die Urheberrechte der Klägerinnen verletzten könnte. Er wies das OLG an zu prüfen, ob die Verbreitung einzelner konkreter Abstracts der Beklagten das Urheberrecht der Klägerinnen verletzen. Das OLG gab den Klagen nun teilweise statt. Die Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig.
Die Gründe:
Einige der beanstandeten im Dezember 2004 erschienenen Perlentaucher-Kritiken, die von den Klägerinnen konkret benannt wurden, verletzen deren Urheberrecht.
Diese Abstracts bestehen mehr oder weniger aus einer Übernahme von besonders prägenden und ausdrucksstarken Passagen der Originalrezensionen, von denen lediglich einige Sätze ausgelassen wurden. Sie stellen deshalb eine unzulässige "unfreie" Bearbeitung i.S.d. UrhG dar und hätten ohne die Einwilligung der Klägerinnen nicht übernommen werden dürfen. In diesem - eingeschränkten - Umfang war den Berufungen daher stattzugeben; die vorausgegangenen Urteile des LG waren entsprechend abzuändern.
Die Verurteilung der Beklagten lässt keine allgemeine Aussage darüber zu, in welchem Umfang die Übernahme von Buchrezensionen urheberrechtlich zulässig ist. Jede Übernahme oder Verarbeitung muss vielmehr im Einzelfall daraufhin überprüft werden, ob sie eine zulässige freie Bearbeitung des Originaltextes darstellt.