13.01.2012

Zur Zulässigkeit eines Rabattmodells für den Arzneimittelbezug aus dem Ausland

Das Rabattsystem einer Apotheke, die für ihre Kunden bei einer Apotheke im Ausland preiswerte Medikamente bestellt, die dann von den Kunden in der deutschen Apotheke abgeholt werden, ist teilweise zulässig. Für die arzneimittelrechtliche Beurteilung ist dabei maßgebend, dass in die Abgabe an den Endverbraucher eine inländische Apotheke eingeschaltet ist, die verpflichtet ist, die Qualität, Eignung und Unbedenklichkeit der auf diese Weise abzugebenden Arzneimittel zu prüfen und die Verbraucher bei Bedarf zu beraten.

BGH 12.1.2012, I ZR 211/10
Der Sachverhalt:
Die Beklagte betreibt eine Apotheke in Freilassing. Sie bietet ihren Kunden an, Medikamente bei einer Apotheke in Budapest zu bestellen und zusammen mit einer Rechnung dieser Apotheke bei ihr in Freilassing abzuholen. Den Kunden verspricht sie dabei einen Rabatt i.H.v. 22 Prozent bei nichtverschreibungspflichtigen und von 10 Prozent bei verschreibungspflichtigen Medikamenten.

Im Falle einer Bestellung lässt die Beklagte die Medikamente zunächst durch einen Großhändler aus Deutschland an die Apotheke in Budapest liefern, von wo aus sie wieder zurückgeliefert werden. Auf Wunsch werden die Kunden, die Medikamente auf diesem Wege beziehen, in der Apotheke der Beklagten pharmazeutisch beraten.

Die Klägerinnen, die ebenfalls in Freilassing Apotheken betreiben, sehen in dem Verhalten der Beklagten - soweit verschreibungspflichtige Arzneimittel abgegeben werden - einen Verstoß gegen die arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften. Soweit die Beklagte sonstige Arzneimittel auf diese Weise abgibt, beanstanden die Klägerinnen in erster Linie den Verstoß gegen andere arzneimittelrechtliche Bestimmungen.

Das LG gab der auf Unterlassung und Schadensersatz gerichteten Klage statt. Das OLG gab ihr insoweit statt, als die Beklagte Rabatte auf preisgebundene verschreibungspflichtige Arzneimittel angeboten hat. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerinnen hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Es liegt kein Verstoß der Beklagten gegen das arzneimittelrechtliche Verbringungsverbot des § 73 AMG vor.

Nach der Vorschrift dürfen zulassungspflichtige Arzneimittel nur unter bestimmten Voraussetzungen nach Deutschland eingeführt werden. Insbes. ist der Versand von Arzneimitteln auch aus dem EU-Ausland an deutsche Endverbraucher nur unter engen Voraussetzungen gestattet, die die hier eingeschaltete Budapester Apotheke nicht erfüllt. Im Streitfall liegt ein Versand unmittelbar an Endverbraucher jedoch nicht vor.

Auch wenn das von der Beklagten praktizierte Modell so ausgestaltet ist, dass sie den Verkauf der bestellten Arzneimittel durch die Budapester Apotheke lediglich vermittelt und der Kaufvertrag deswegen zwischen dem deutschen Kunden und der Budapester Apotheke zustande kommt, ist die Beklagte arzneimittelrechtlich doch als Empfängerin anzusehen, die ihrerseits die Medikamente sodann an die Kunden abgibt. Für die arzneimittelrechtliche Beurteilung ist dabei maßgebend, dass in die Abgabe an den Endverbraucher eine inländische Apotheke eingeschaltet ist, die verpflichtet ist, die Qualität, Eignung und Unbedenklichkeit der auf diese Weise abzugebenden Arzneimittel zu prüfen und die Verbraucher bei Bedarf zu beraten.

Aus diesem Grund ist arzneimittelrechtlich die inländische Apotheke der Beklagten Empfängerin der von der Budapester Apotheke versandten Arzneimittel und somit ein Verstoß gegen das Verbringungsverbot des § 73 AMG zu verneinen. Im Übrigen ist der Beklagten die Gewährung eines Rabatts im Falle verschreibungspflichtiger Arzneimittel von den Vorinstanzen gerade deswegen verboten worden, weil sie die Arzneimittel als inländische Apothekerin abgibt. Denn die insoweit anwendbaren arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften, die einen solchen Rabatt untersagen, gelten nach einer Entscheidung des BSG nur im Falle der Abgabe durch inländische Apotheken.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 5 vom 12.1.2012
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