08.11.2011

Zur Zulässigkeit von erkennbar unvollständigen Kurzangaben in Adwords-Anzeigen bei Google (hier: Lieferung innerhalb 24-Stunden)

Die Angabe "Original Druckerpatronen innerhalb 24 Stunden" in einer Adwords-Anzeige ist im Hinblick auf zutreffende nähere einschränkende Informationen, auf die die Anzeige verweist, nicht zwingend irreführend. Voraussetzung ist, dass sich die Einschränkungen - hier: Lieferung am Folgetag nur bei Bestellung bis 16.45 Uhr, keine Auslieferung am Sonntag - in dem Rahmen bewegen, mit dem der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher ohnehin rechnet.

BGH 12.10.2011, I ZR 119/10
Der Sachverhalt:
Die Beklagte, die beim Vertrieb von Druckerzubehör über das Internet mit der Klägerin in Wettbewerb steht, wirbt in einer sog. Adwords-Anzeige beim Suchmaschinenbetreiber Google unter dem Suchwort "Druckerpatronen" mit der Aussage "Original-Druckerpatronen; innerhalb 24 Stunden; günstig - schnell - zuverlässig". Über die in dieser Anzeige als Link ausgestaltete Internetadresse der Beklagten gelangt man zur Startseite des Internetauftritts der Beklagten.

Dort heißt es auf der linken Seite hervorgehoben "Lieferung in 24 Stunden durch DHL EuroPack"; auf der rechten Seite wird dies - in deutlich kleinerer Schrift - wie folgt erläutert: "24 Stunden Lieferservice ohne Aufschlag; Artikel, die Sie bei uns bis 16:45h bestellen, gelangen noch am gleichen Tag zum Versand und sind in der Regel am nächsten Tag (Mo-Sa) bei Ihnen".

Soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, hält die Klägerin diese Werbung u.a. deshalb für irreführend, weil die Anzeige bei Google den Eindruck vermittle, dass die Beklagte binnen 24 Stunden ohne Einschränkung liefere. Die tatsächlich bestehende erhebliche Einschränkung sei erst auf der Startseite des Internetauftritts ersichtlich. Die Irreführung liege in der Anlockwirkung, die auf die Verbraucher von der Anzeige bei Google ausgehe.

LG und OLG wiesen die auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichtete Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG ist zur Recht davon ausgegangen, dass der Durchschnittsverbraucher der Aussage in der beanstandeten Adwords-Anzeige "innerhalb 24 Stunden" aufgrund von Erfahrungen mit dem 24-Stunden-Lieferservice anderer Unternehmen entnimmt, dass er damit nur mit einem Lieferservice rechnen kann, wie er auf der Startseite des Internetauftritts der Beklagten unter der Überschrift "24 Stunden Lieferservice ohne Aufschlag" beschrieben ist.

Der durchschnittliche Verbraucher weiß, dass am Sonntag regelmäßig nicht geliefert wird. Bei der Prüfung der Frage, ob eine möglicherweise verursachte Fehlvorstellung durch nachträgliche Aufklärung beseitigt worden ist war festzustellen, dass bereits ein überwiegender Großteil der Verbraucher gänzlich einschränkungslose Auslieferungen auch zu Abend- und Nachtzeiten sowie an Sonntagen nicht erwartet und damit vertraut ist, dass ein 24-Stunden-Lieferservice im Allgemeinen nicht einschränkungslos gewährleistet wird.

Diese Erwägungen tragen die Verneinung einer relevanten Irreführung durch das OLG. Sie werden durch die sich anschließenden Ausführungen nicht eingeschränkt, die das OLG zu den Verbrauchern gemacht hat, die - anders als der Durchschnittsverbraucher - die Aussage für bare Münze nehmen. Auch eine "dreiste Lüge" - also eine leicht zu vermeidende, eindeutig falsche Werbeaussage, für die kein vernünftiger Anlass besteht - hat das OLG rechtsfehlerfrei verneint. Danach handelt es sich bei der beanstandeten Werbeaussage "Originalpatronen innerhalb 24 Stunden" um eine erkennbar unvollständige Kurzangabe, die - ähnlich einer Überschrift - dazu einlädt, die ausführliche und präzise Information zur Kenntnis zu nehmen, auf die der Link verweist.

Der Durchschnittsverbraucher wird durch die beanstandete Werbung nicht in die Irre geführt, sondern allenfalls dazu veranlasst, sich auf die Startseite des Internetauftritts der Beklagten zu begeben. Dort findet er dann seine Annahme bestätigt, dass auch beim Lieferservice der Beklagten bestimmte Einschränkungen bestehen, wobei er über diese Einschränkungen sofort und in von ihm nicht zu übersehender Weise unterrichtet wird.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
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