Abänderungsverfahren einer Totalrevision nach § 51 VersAusglG
BGH v. 24.11.2021 - XII ZB 359/21
Der Sachverhalt:
Der antragstellende Ehemann begehrt die Abänderung einer Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Wege einer "Totalrevision" nach § 51 Abs. 1 VersAusglG. Die 1973 geschlossene Ehe des 1943 geborenen Ehemanns mit der früheren Ehefrau wurde im Jahr 1989 rechtskräftig geschieden und der Versorgungsausgleich geregelt. Während der Ehezeit (1.3.1973 bis 30.4.1989) hatten der Ehemann ein Anrecht in der Soldatenversorgung des Bundes i.H.v. mtl. rd. 2.000 DM und die Ehefrau ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. mtl. rd. 100 DM erworben.
Das AG - Familiengericht - führte den Versorgungsausgleich im Wege des Quasi-Splittings durch, indem es zulasten des Anrechts des Ehemanns ein Anrecht der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. rd. 950 DM mtl., bezogen auf das Ende der Ehezeit, begründete. Die Ehefrau verstarb am 5.1.2010. Der Ehemann, der eine Pension aus der Soldatenversorgung bezieht, begehrte mit Antrag vom 11.3.2010 eine Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich wegen wesentlicher Wertänderung, nämlich der Absenkung des Höchstruhegehaltsatzes seiner Soldatenversorgung.
Das OLG führte die Abänderung nach § 51 VersAusglG durch, indem es im Wege der internen Teilung zulasten des Anrechts des Ehemanns zugunsten der verstorbenen Ehefrau ein Anrecht i.H.v. rd. 830 DM mtl., bezogen auf den 30.4.1989, übertrug. Dem lag die Erwägung zugrunde, dass die Anrechte beider Ehegatten im Wege der Totalrevision intern zu teilen seien, der Ehemann aber mit dem für ihn zu begründenden Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die Wartezeit erfülle, weshalb gem. § 27 VersAusglG der Ausgleich seines Anrechts auf das Maß zu beschränken sei, das einer Saldierung beider Anrechte nach korrespondierenden Kapitalwerten entspreche.
Mit Antrag vom 29.1.2020 begehrte der Ehemann eine erneute Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich. Er beruft sich nun auf eine nach der ersten Abänderung eingetretene wesentliche Änderung des Werts der gesetzlichen Rentenversicherung seiner Ehefrau und erstrebt im Hinblick auf deren Vorversterben eine Rückgängigmachung des gesamten Versorgungsausgleichs.
Das AG entschied, dass ein Versorgungsausgleich ab dem 1.2.2020 nicht stattfinde. Auf die Beschwerde der Generalzolldirektion (Beteiligte zu 1) änderte das OLG die Entscheidung ab und wies den Antrag des Ehemanns zurück. Die Rechtsbeschwerde des Ehemanns hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Eine (erneute) Abänderung nach § 51 VersAusglG ist nicht eröffnet, weil es sich bei der hier abzuändernden Entscheidung nicht um eine solche handelt, die nach dem Recht getroffen worden ist, das bis zum 31.8.2009 gegolten hat (§ 51 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG).
Wurde die Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich bereits abgeändert, unterliegt zwar auch die Abänderungsentscheidung, wenn sie nach dem bis 31.8.2009 gegoltenen Recht ergangen ist (§ 10 a VAHRG), einer weiteren Abänderung nach § 51 VersAusglG. Wurde eine nach früherem Recht ergangene Entscheidung über den Versorgungsausgleich aber bereits in einem Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG einer Totalrevision unterzogen und sind die in den Ausgleich einbezogenen Anrechte fortan nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG geteilt, steht für eine weitere Abänderung nicht mehr eine erneute Totalrevision nach § 51 VersAusglG offen, sondern nur noch das Verfahren der Abänderung in Bezug auf einzelne Anrechte gem. § 225 FamFG i.V.m. § 32 VersAusglG.
So liegt der Fall hier. Das OLG führte in seiner ersten Abänderungsentscheidung eine Totalrevision nach § 51 VersAusglG durch und teilte die einbezogenen Anrechte nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG. Dabei sah es von einem Ausgleich des Anrechts der Ehefrau bei der Scheidung ab, weil dies für den Ehemann als ausgleichsberechtigte Person im Hinblick auf die nicht zu erreichende Wartezeiterfüllung in der gesetzlichen Rentenversicherung unwirtschaftlich gewesen wäre (§ 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG). Das Anrecht des Ehemanns teilte das OLG intern. Hierbei wich es gem. § 27 VersAusglG von der Halbteilung ab und kürzte den Ausgleichswert im Umfang des nach § 19 VersAusglG unausgeglichen gebliebenen Anrechts der Ehefrau.
Die Vorschrift des § 31 VersAusglG, deren Geltung im Rahmen des § 51 VersAusglG seinerzeit noch umstritten war, blieb unangewendet. Wenngleich das OLG damit in der Sache eine Saldierung der gegenüberstehenden Anrechte nach korrespondierenden Kapitalwerten vornahm, handelt es sich dabei nicht um einen Gesamtausgleich nach dem Recht, das bis zum 31.8.2009 gegolten hat, sondern um einen Einzelausgleich unter Anwendung der §§ 10, 19 und 27 VersAusglG. Eine solche Entscheidung kann nicht im Wege der weiteren Totalrevision nach § 51 VersAusglG abgeändert werden.
Mit dem Ziel der Abänderung eines Einzelausgleichs (§ 225 FamFG) hat der Antrag ebenfalls keinen Erfolg, da das Anrecht im Zuge der vorangegangenen Abänderungsentscheidung wegen fehlender Ausgleichsreife nicht ausgeglichen, sondern nur als Verrechnungsposten im Rahmen einer Härtefallprüfung nach § 27 VersAusglG herangezogen wurde. Die Abänderung einer nach dieser Vorschrift ergangenen Härtefallregelung aufgrund späterer Änderung der zugrunde gelegten Umstände des Einzelfalls sieht das Gesetz aber nicht vor.
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Der antragstellende Ehemann begehrt die Abänderung einer Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Wege einer "Totalrevision" nach § 51 Abs. 1 VersAusglG. Die 1973 geschlossene Ehe des 1943 geborenen Ehemanns mit der früheren Ehefrau wurde im Jahr 1989 rechtskräftig geschieden und der Versorgungsausgleich geregelt. Während der Ehezeit (1.3.1973 bis 30.4.1989) hatten der Ehemann ein Anrecht in der Soldatenversorgung des Bundes i.H.v. mtl. rd. 2.000 DM und die Ehefrau ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. mtl. rd. 100 DM erworben.
Das AG - Familiengericht - führte den Versorgungsausgleich im Wege des Quasi-Splittings durch, indem es zulasten des Anrechts des Ehemanns ein Anrecht der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. rd. 950 DM mtl., bezogen auf das Ende der Ehezeit, begründete. Die Ehefrau verstarb am 5.1.2010. Der Ehemann, der eine Pension aus der Soldatenversorgung bezieht, begehrte mit Antrag vom 11.3.2010 eine Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich wegen wesentlicher Wertänderung, nämlich der Absenkung des Höchstruhegehaltsatzes seiner Soldatenversorgung.
Das OLG führte die Abänderung nach § 51 VersAusglG durch, indem es im Wege der internen Teilung zulasten des Anrechts des Ehemanns zugunsten der verstorbenen Ehefrau ein Anrecht i.H.v. rd. 830 DM mtl., bezogen auf den 30.4.1989, übertrug. Dem lag die Erwägung zugrunde, dass die Anrechte beider Ehegatten im Wege der Totalrevision intern zu teilen seien, der Ehemann aber mit dem für ihn zu begründenden Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die Wartezeit erfülle, weshalb gem. § 27 VersAusglG der Ausgleich seines Anrechts auf das Maß zu beschränken sei, das einer Saldierung beider Anrechte nach korrespondierenden Kapitalwerten entspreche.
Mit Antrag vom 29.1.2020 begehrte der Ehemann eine erneute Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich. Er beruft sich nun auf eine nach der ersten Abänderung eingetretene wesentliche Änderung des Werts der gesetzlichen Rentenversicherung seiner Ehefrau und erstrebt im Hinblick auf deren Vorversterben eine Rückgängigmachung des gesamten Versorgungsausgleichs.
Das AG entschied, dass ein Versorgungsausgleich ab dem 1.2.2020 nicht stattfinde. Auf die Beschwerde der Generalzolldirektion (Beteiligte zu 1) änderte das OLG die Entscheidung ab und wies den Antrag des Ehemanns zurück. Die Rechtsbeschwerde des Ehemanns hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Eine (erneute) Abänderung nach § 51 VersAusglG ist nicht eröffnet, weil es sich bei der hier abzuändernden Entscheidung nicht um eine solche handelt, die nach dem Recht getroffen worden ist, das bis zum 31.8.2009 gegolten hat (§ 51 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG).
Wurde die Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich bereits abgeändert, unterliegt zwar auch die Abänderungsentscheidung, wenn sie nach dem bis 31.8.2009 gegoltenen Recht ergangen ist (§ 10 a VAHRG), einer weiteren Abänderung nach § 51 VersAusglG. Wurde eine nach früherem Recht ergangene Entscheidung über den Versorgungsausgleich aber bereits in einem Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG einer Totalrevision unterzogen und sind die in den Ausgleich einbezogenen Anrechte fortan nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG geteilt, steht für eine weitere Abänderung nicht mehr eine erneute Totalrevision nach § 51 VersAusglG offen, sondern nur noch das Verfahren der Abänderung in Bezug auf einzelne Anrechte gem. § 225 FamFG i.V.m. § 32 VersAusglG.
So liegt der Fall hier. Das OLG führte in seiner ersten Abänderungsentscheidung eine Totalrevision nach § 51 VersAusglG durch und teilte die einbezogenen Anrechte nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG. Dabei sah es von einem Ausgleich des Anrechts der Ehefrau bei der Scheidung ab, weil dies für den Ehemann als ausgleichsberechtigte Person im Hinblick auf die nicht zu erreichende Wartezeiterfüllung in der gesetzlichen Rentenversicherung unwirtschaftlich gewesen wäre (§ 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG). Das Anrecht des Ehemanns teilte das OLG intern. Hierbei wich es gem. § 27 VersAusglG von der Halbteilung ab und kürzte den Ausgleichswert im Umfang des nach § 19 VersAusglG unausgeglichen gebliebenen Anrechts der Ehefrau.
Die Vorschrift des § 31 VersAusglG, deren Geltung im Rahmen des § 51 VersAusglG seinerzeit noch umstritten war, blieb unangewendet. Wenngleich das OLG damit in der Sache eine Saldierung der gegenüberstehenden Anrechte nach korrespondierenden Kapitalwerten vornahm, handelt es sich dabei nicht um einen Gesamtausgleich nach dem Recht, das bis zum 31.8.2009 gegolten hat, sondern um einen Einzelausgleich unter Anwendung der §§ 10, 19 und 27 VersAusglG. Eine solche Entscheidung kann nicht im Wege der weiteren Totalrevision nach § 51 VersAusglG abgeändert werden.
Mit dem Ziel der Abänderung eines Einzelausgleichs (§ 225 FamFG) hat der Antrag ebenfalls keinen Erfolg, da das Anrecht im Zuge der vorangegangenen Abänderungsentscheidung wegen fehlender Ausgleichsreife nicht ausgeglichen, sondern nur als Verrechnungsposten im Rahmen einer Härtefallprüfung nach § 27 VersAusglG herangezogen wurde. Die Abänderung einer nach dieser Vorschrift ergangenen Härtefallregelung aufgrund späterer Änderung der zugrunde gelegten Umstände des Einzelfalls sieht das Gesetz aber nicht vor.
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