04.05.2020

Abgasskandal: Schadensersatz auch bei Kauf nach Bekanntwerden der Manipulationen

Die beklagte Herstellerin des vom sog. Abgasskandal betroffenen Motors EA 189 haftet auch bei "spätem" Kauf nach Bekanntwerden des Manipulationsvorwurfs aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung. Das hat der 8. Zivilsenat des OLG Koblenz in kürzlich veröffentlichten Urteilen (Urteile v. 13.3.2020 - 8 U 1351/19, und v. 3.4.2020 - 8 U 1956/19) entschieden. Der 8. Zivilsenat weicht damit von Urteilen anderer Senate des OLG Koblenz ab (vgl. Hinweis a.E.).

OLG Koblenz v. 3.4.2020 - 8 U 1956/19 u.a.
Der Sachverhalt:
Den Entscheidungen liegt jeweils der Fall zugrunde, dass der Kläger ein vom sog. Abgasskandal betroffenes Fahrzeuge deutlich nach Bekanntwerden des Manipulationsvorwurfs gekauft hatte. Einmal erfolgte der Kauf eines gebrauchten VW Touran am 17.2.2016 (Urteil v. 13.3.2020 - 8 U 1351/19). Das andere Mal erwarb der Kläger am 17.10.2017 einen gebrauchten VW Passat (Urteil v. 3.4.2020 - 8 U 1956/19). Die Käufer hatten sich jeweils darauf berufen, von der Beklagten über die Beschaffenheit des Fahrzeugs getäuscht worden zu sein.

Das OLG gab den Klagen statt und hat damit die erstinstanzlichen Urteile des LG Trier und des LG Bad Kreuznach, mit denen jeweils die Klage abgewiesen worden war, abgeändert.

Die Gründe:
Die Beklagte haftet auch für diese "späten" Käufe aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung. Auch soweit die Beklagte die Öffentlichkeit in einer Mitteilung vom 22.9.2015 und durch eine im Oktober 2015 freigeschaltete Website über den Einbau der beanstandeten Software informiert hat, entfällt hierdurch das ihr anzulastende objektiv sittenwidrige Verhalten nicht. Das objektiv sittenwidrige Verhalten der Beklagten hat zum Zeitpunkt des jeweiligen Kaufs weiterhin angedauert, weil diese die Öffentlichkeit im Zusammenhang mit dem Manipulationsvorwurf nicht hinreichend informiert hat. Die Beklagte vertritt bis heute die Auffassung, gar keine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut zu haben. Auch hat sie nicht offengelegt und eingeräumt, dass durch die Verwendung der Abschaltsoftware die Stilllegung der betroffenen Fahrzeuge drohe. Bis heute bagatellisiert die Beklagte auch den Schaden für die Umwelt.

+++ Hinweis: +++
Andere Senate des OLG Koblenz verneinen im Fall eines "späten" Kaufs einen Schadensersatzanspruch. Folgende Entscheidungen sind hierzu veröffentlicht:

  • Urteil vom 6.2.2020 (6 U 1219/19): Kauf des Fahrzeugs im August 2016
  • Urteil vom 25.10.2019 (3 U 948/19): Kauf des Fahrzeugs im Oktober 2016 (s. PM des OLG Koblenz vom 10.12.2019)
  • Urteil vom 29.8.2019 (1 U 241/19): Kauf des Fahrzeugs im Juni 2016.
OLG Koblenz PM vom 30.4.2020
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