Abmahnung gegen Wohnungseigentümer wegen fortgesetzten gemeinschaftswidrigen Verhaltens trotz Klage nicht erforderlich
BGH 25.1.2018, V ZR 141/17Die beiden Beklagten sind Mitglieder der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 14.10.2015 fassten die Wohnungseigentümer den Beschluss, gegen die Beklagte wegen vielfacher Übergriffe auf Eigentümer und Hausverwaltung, Klage auf Veräußerung ihres Wohnungseigentums zu erheben.
Die sodann erhobene Klage stützte die Wohnungseigentümergemeinschaft auf die Behauptung schwerwiegender Pflichtverletzungen der Beklagten und auf Zahlungsrückstände aus der Jahresabrechnung 2014 und dem Wirtschaftsplan 2015. Das AG gab der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten hin wies das LG die Klage ab, da es an einer erforderlichen Abmahnung fehle. Es ließ die Revision nicht zu. Die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hatte vor dem BGH Erfolg. Der BGH hob das Urteil des LG auf und verwies es zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.
Die Gründe:
Das LG hat den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht das Klägervorbringen in der Berufungserwiderung nicht berücksichtig hat. Danach hätten sich weitere Vorfälle nach der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung von August 2016 im Oktober und Dezember 2016 sowie im Januar 2017 ereignet. Der Beklagte zu 1) habe dem Hausmeister mehrmals Gewalt angedroht. U.a. habe er einen Müllsack vor den Füßen des Hausmeisters ausgeleert und diesen aufgefordert, den Müll aufzuräumen. Dabei habe er ihn geschubst und versucht, ihn zu würgen. Diese Vorfälle hat das LG nicht zur Kenntnis genommen, denn sie finden keine Erwähnung bei der Aufzählung der Vorfälle in den Entscheidungsgründen des LG. Zudem basiert das Urteil auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs, denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das LG bei Erweislichkeit der neuen behaupteten Vorfälle die Voraussetzungen für die Entziehung des Wohnungseigentums bejaht und eine Abmahnung als entbehrlich angesehen hätte.
Grundsätzlich setzt eine Entziehung des Wohnungseigentums nach § 18 Abs. 1 WEG eine Abmahnung voraus, denn die harte Maßnahme Entziehung darf nur als letztes Mittel zur Wiederherstellung des Gemeinschaftsfriedens eingesetzt werden. Nur so ist der Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum gem. Art. 14 GG zu rechtfertigen. Der Störer muss dazu nicht nur seine Pflichten verletzen, sondern auch böswillig sein. Dies lässt sich aber nur feststellen, wenn der Wohnungseigentümer zunächst zur Einhaltung seiner Pflicht angehalten wird, er also abgemahnt wird. Daher ist die Abmahnung nur ausnahmsweise entbehrlich, etwa wenn diese der Gemeinschaft unzumutbar ist oder offenkundig keine Aussicht auf Erfolg besteht.
Setzt ein Wohnungseigentümer, gegen den bereits ein gerichtliches Verfahren auf Entziehung des Wohnungseigentums anhängig ist, - wie hier - das in der Klage gerügte Verhalten weiterhin fort, ist eine Abmahnung hinsichtlich des fortgesetzten Verhaltens grundsätzlich entbehrlich. Denn aufgrund der bestehenden Klage, ist dem Wohnungseigentümer der Ernst der Lage klar. Ändert er trotzdem sein gemeinschaftswidriges Verhalten nicht und setzt es trotz Klage fort, bringt er damit zum Ausdruck, dass er sich nicht ändern will. Eine Abmahnung hat in einem solchen Fall regelmäßig keine Aussicht auf Erfolg.
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