15.07.2024

Anpassung des Versorgungsausgleichs bei Wiederheirat der Ehegatten

Haben die geschiedenen Ehegatten einander wieder geheiratet, kann der Anspruch auf Familienunterhalt zu einer Anpassung nach § 33 VersAusglG führen. Voraussetzung ist, dass ohne die Kürzung der Versorgung der Beitrag des Ausgleichspflichtigen zum Familienunterhalt höher wäre als der des Berechtigten.

OLG Hamm v. 12.3.2024 - 7 UF 153/23
Der Sachverhalt:
Die Ehe des Antragstellers und seiner Ehefrau wurde am 10.4.2019 rechtskräftig geschieden. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs wurde u.a. geregelt, dass im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der U. Versorgung zugunsten der Ehefrau ein Anrecht i.H.v. monatlich 258,32 €, bezogen auf den 30.06.2018, übertragen wird. Der Antragsteller erhielt von der U. eine Rente in Form eines Besoldungsbezuges i.H.v. 2.088,62 € brutto. Aufgrund des durchgeführten Versorgungsausgleichs wurden hiervon monatlich 276,43 € in Abzug gebracht. Die U. hatte bereits die Kürzung i.H.v. 2,54 € nach den §§ 35, 36 VersAusglG ausgesetzt, weshalb die Kürzung derzeit lediglich noch 273,89 € betrug. Die Ehefrau erzielte auf Minijobbasis ein durchschnittliches monatliches Einkommen i.H.v. 446 €. Im Jahr 2023 heirateten der Antragsteller und seine Ehefrau zum zweiten Mal.

Mit Schreiben vom 15.6.2023 hat der Antragsteller persönlich die Eheschließung beim AG angezeigt und darauf hingewiesen, dass damit der Versorgungsausgleich "entfallen dürfte". Nach Hinweis des AG, dass das Ziel seines Schreibens nicht nachvollzogen werden könne, hat der nunmehr anwaltlich vertretene Antragsteller beim AG einen Anpassungsantrag nach § 33 VersAusglG gestellt und (sinngemäß) beantragt, die Kürzung seiner anpassungsfähigen Anrechte bei der U. Versorgung i.H.v. derzeit 274 € mit Wirkung ab dem ersten Tag des Monats nach Antragstellung auszusetzen.

Das AG hat den Anpassungsantrag zurückgewiesen. Es handele sich nicht um einen Anspruch auf Unterhalt i.S.d. Legaldefinition des § 194 Abs. 1 BGB. Außerdem fehle es an der von § 33 Abs. 1 VersAusglG vorausgesetzten Situation, die von der Verpflichtung einer ohne die Kürzung zu zahlenden Geldrente ausgehe, da die Vorschrift keinen Anspruch des einen Ehegatten gegen den anderen auf eine unabhängig vom beiderseitigen Einvernehmen bestimmbare Leistung gewähre.

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hat das OLG den Beschluss abgeändert und die Kürzung der laufenden Versorgung des Antragstellers ausgesetzt.

Die Gründe:
Nach § 33 Abs. 1 VersAusglG wird die Kürzung der laufenden Versorgung der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag ausgesetzt, solange die ausgleichsberechtigte Person aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine laufende Versorgung erhalten kann und sie gegen die ausgleichspflichtige Person ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.

Der Antragsteller bezieht Rente, während seine frühere und jetzige Ehefrau altersbedingt noch keine laufende Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht erhalten kann. Auch die weitere Voraussetzung dafür, die Kürzung des Anrechts auszusetzen, ist gegeben. Denn die Ehefrau hat ohne den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch gegen den Antragsteller. Zwar besteht kein nachehelicher Unterhaltsanspruch, doch sie hat einen Anspruch auf Familienunterhalt gem. § 1360 BGB , der eine Aussetzung der Kürzung rechtfertigt.

Haben die geschiedenen Ehegatten einander wieder geheiratet, kann der Unterhaltsanspruch nach § 1360 BGB zu einer Anpassung nach § 33 VersAusglG führen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Ausgleichspflichtige deutlich mehr zum Familieneinkommen beiträgt als der Ausgleichsberechtigte. Der Familienunterhalt kann nur dann zu einer Aussetzung der Kürzung führen, wenn ohne die Kürzung der Versorgung der Beitrag des Ausgleichspflichtigen zum Familienunterhalt höher wäre als der des Berechtigten. Nur in diesem Fall entspricht die Situation der Doppelbelastung des Ausgleichspflichtigen, die der Gesetzgeber bei Fassung der Härteregelungen des § 5 VAHRG bzw. § 33 VersAusglG im Blick gehabt hat.

Weder § 5 VAHRG noch § 33 VersAusglG differenzierten nach Art oder Grund des erforderlichen Unterhaltsanspruchs. Auch der Anspruch auf Familienunterhalt ist nach der Terminologie des BGB ein "Anspruch auf Unterhalt". Zudem sprechen Sinn und Zweck des § 33 VersAusglG dafür, auch den Familienunterhalt unter den Begriff des "Unterhalts" zu subsumieren.

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