13.08.2018

Anspruch auf Grundbucheinsicht eines ehemaligen Lebensgefährten wegen Ersatzansprüchen nur bei berechtigtem Interesse

Ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht besteht i.S.v. § 12 Abs. 1 S. 1 GBO besteht auch, wenn ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers dargetan ist, das auch mit einem bloß tatsächlichen, insbesondere wirtschaftlichen Interesse begründet werden kann. Wird eine erweiterte Einsicht in die Grundakten nach § 12 Abs. 3 Nr. 1 GBO, § 46 Abs. 1 GBV begehrt, ist eine strenge Prüfung des berechtigten Interesses erforderlich.

OLG München 26.7.2018, 34 Wx 239/18
Der Sachverhalt:

Der Beteiligte führte mit Frau R.M. eine nichteheliche Lebensgemeinschaft. Diese habe ihm während der Beziehung erzählt, dass sie von ihrem Großvater ein Grundstück erhalten habe, das sie bebauen wolle. Der Beteiligte erbrachte nach seinem Vortrag Leistungen für das zwischenzeitlich errichtete Haus auf dem Grundstück. Nach Beendigung der Beziehung machte er dann Ansprüche für die erbrachten Arbeiten geltend.

Dazu beantragte seine Anwältin beim Grundbuchamt, ihm schriftliche Auskunft zu erteilen, ob es einen Überlassungsvertrag des Großvaters an die frühere Lebensgefährtin des Beteiligten gebe. Das Grundbuchamt teilte mit, dass die Auskunft mangels rechtlichen Interesses verweigert werde. Die Anwältin beantragte zudem beim LG die Übersendung einer unbeglaubigten Kopie des notariellen Vertrags. Mit weiterem Anwaltsschreiben wandte sich der Beteiligte gegen die Versagung der beantragten Informationen und beantragte nunmehr auch die Erteilung eines unbeglaubigten Grundbuchauszugs.

Das Grundbuchamt wies auch diesen Antrag zurück, da aus dem Vortrag des Beteiligten kein berechtigtes Interesse für eine Gewährung einer Grundbuch- und Grundakteneinsicht hergleitet werden könne. Es half der dagegen erhobenen Beschwerde mit der die Anträge auf Übersendung einer unbeglaubigten Kopie des Grundbuchauszugs und des etwaigen Überlassungsvertrags weiterverfolgt wurden, nicht ab. Die Beschwerde hatte vor dem OLG München teilweise Erfolg.

Die Gründe:

Die Einsicht in das Grundbuch ist gem. § 12 Abs. 1 S. 1 GBO jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Ein berechtigtes Interesse besteht nicht nur, wenn dieses rechtlicher Natur ist, also dem Antragsteller am Grundstück ein Recht zusteht, sondern auch dann, wenn ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers dargetan ist, das auch mit bloß tatsächlichen, insbesondere wirtschaftlichen Interesse begründet werden kann. Der Regelungszweck bezieht sich auf eine Einsicht wegen einer zu erwartendem Teilnahme am Rechtsverkehr im Zusammenhang mit im Grundbuch dokumentierten Rechtsverhältnissen. Das Interesse an der Grundbucheinsicht ist daher vom Grundbuchamt mit dem Recht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung abzuwägen.

Werden Ansprüche - wie hier - gegen den Eigentümer eines Grundstücks behauptet, so ist Einsicht in das Grundbuch zu gewähren, wenn die geltend gemachten Ansprüche aus einem Recht am Grundstück herzuleiten sind. Der Antragsteller muss nachvollziehbare Tatsachen in der Weise vortragen, dass dem Grundbuchamt daraus die Überzeugung von der Berechtigung des geltend gemachten Interesses verschafft wird. Das Grundbuchamt hat genau zu prüfen, ob durch die Einsichtnahme schutzwürdige Interessen der Eingetragenen verletzt werden können. Gerade bei einer erweiterten Einsicht in die Grundakten nach § 12 Abs. 3 Nr. 1 GBO, § 46 Abs. 1 GBV - wie hier - ist eine strenge Prüfung des berechtigten Interesses erforderlich, da das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Parteien des schuldrechtlichen Vertrags berührt ist.

Bei einer Abwägung der Interessen wird ein Vorzug des Einsichtsrechts dann in Betracht kommen, wenn daraus relevante Informationen zu dem im Grundbuch für den Einsichtnehmenden eingetragenen Recht zu erwarten sind. Nach diesen Maßstäben steht dem Beteiligten nur ein Recht auf Einsicht in das Bestandsverzeichnis des Grundstücks, an dem er nach seinem Vortrag Arbeiten erbracht hat, sowie in Abteilung I des Grundbuchs zu. Ein weitergehender Anspruch besteht jedoch nicht. Es kommt für den Beteiligten für die Geltendmachung seiner Ansprüche wegen erbrachter Arbeitsleistungen am Grundstück darauf an, ob die damalige Lebensgefährtin Alleineigentümerin des bebauten Grundstücks ist. Dies ergibt sich aus der Einsicht in das Bestandsverzeichnis und der Abteilung I. Es ist hingegen für die Frage irrelevant, ob Rechte am Grundstück in Abteilungen II und II eingetragen sind.

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