Anwalt steht bei Beratung des Mandanten bezüglich eines Vergleichs ein Ermessensspielraum zu
OLG Frankfurt a.M. v. 3.12.2019 - 8 U 129/18
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte einen Verkehrsunfall erlitten und war wegen andauernder Beschwerden in einer Praxis operiert worden. Eine medizinische Indikation für diesen Eingriff lag tatsächlich nicht vor. Deshalb beauftragte die Klägerin die beklagte Anwältin, Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegenüber dem operierenden Arzt geltend zu machen.
Die Beklagte führte daraufhin Regulierungsgespräche mit der Haftpflichtversicherung des Arztes und unterschrieb letztlich eine Abfindungserklärung im Namen der Klägerin. Diese behauptete, sie sei von der beklagten Anwältin nicht richtig über die Tragweite dieses Abfindungsvergleichs aufgeklärt worden. Bei richtiger Aufklärung hätte sie dem Vergleich nicht zugestimmt, da nach ihrer Ansicht ein höherer Anspruch durchsetzbar gewesen wäre.
Das LG wies eine Klage gegen die beklagte Anwältin auf Schadensersatz ab. Die Berufung blieb auch vor dem OLG erfolglos.
Die Gründe:
Die Beklagte hat keine schadensbegründende Pflichtverletzung begangen, mithin die Klägerin ausreichend über die Tragweite eines Abfindungsvergleichs aufgeklärt.
Rechtsanwälte müssen zwar Vor- und Nachteile eines von dem Mandanten erwogenen Vergleichs darlegen. Aufgrund der Schwierigkeiten und Ungewissheiten bei dieser Abwägung ist ihnen jedoch ein Ermessensspielraum zuzubilligen. Andernfalls wäre das Haftungsrisiko eines Anwalts regelmäßig nicht tragbar. Von einem Vergleich ist abzuraten, wenn er für die vertretene Partei eine unangemessene Benachteiligung darstellt und insbesondere begründete Aussicht besteht, im Falle einer streitigen Entscheidung ein wesentlich günstigeres Ergebnis zu erzielen.
Ohne Vergleichsschluss bestand darüber hinaus die reale Gefahr, dass die Versicherung ihrem Versicherungsnehmer, dem operierenden Arzt, den Versicherungsschutz verweigert. Die Versicherung hat die Regulierung des von dem Arzt angerichteten Schaden verweigern können, weil dieser möglicherweise vorsätzlich gehandelt hat. Derzeit läuft diesbezüglich ein Strafverfahren vor dem LG gegen den Arzt. Schließlich konnte der Sachverständige nicht alle von der Klägerin geltend gemachten Folgeschäden auf den Eingriff des Arztes zurückführen.
Es fehlt unabhängig davon an einem ersatzfähigen Schaden der Klägerin. Soweit die Beklagte wegen der Vereitelung eines Anspruchs des Mandanten in Regress genommen wird, setzt dies zunächst voraus, dass der vereitelte Anspruch durchsetzbar gewesen wäre. Hierfür konnte die Klägerin den Beweis nicht führen.
OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 73/2019 vom 5.12.2019
Die Klägerin hatte einen Verkehrsunfall erlitten und war wegen andauernder Beschwerden in einer Praxis operiert worden. Eine medizinische Indikation für diesen Eingriff lag tatsächlich nicht vor. Deshalb beauftragte die Klägerin die beklagte Anwältin, Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegenüber dem operierenden Arzt geltend zu machen.
Die Beklagte führte daraufhin Regulierungsgespräche mit der Haftpflichtversicherung des Arztes und unterschrieb letztlich eine Abfindungserklärung im Namen der Klägerin. Diese behauptete, sie sei von der beklagten Anwältin nicht richtig über die Tragweite dieses Abfindungsvergleichs aufgeklärt worden. Bei richtiger Aufklärung hätte sie dem Vergleich nicht zugestimmt, da nach ihrer Ansicht ein höherer Anspruch durchsetzbar gewesen wäre.
Das LG wies eine Klage gegen die beklagte Anwältin auf Schadensersatz ab. Die Berufung blieb auch vor dem OLG erfolglos.
Die Gründe:
Die Beklagte hat keine schadensbegründende Pflichtverletzung begangen, mithin die Klägerin ausreichend über die Tragweite eines Abfindungsvergleichs aufgeklärt.
Rechtsanwälte müssen zwar Vor- und Nachteile eines von dem Mandanten erwogenen Vergleichs darlegen. Aufgrund der Schwierigkeiten und Ungewissheiten bei dieser Abwägung ist ihnen jedoch ein Ermessensspielraum zuzubilligen. Andernfalls wäre das Haftungsrisiko eines Anwalts regelmäßig nicht tragbar. Von einem Vergleich ist abzuraten, wenn er für die vertretene Partei eine unangemessene Benachteiligung darstellt und insbesondere begründete Aussicht besteht, im Falle einer streitigen Entscheidung ein wesentlich günstigeres Ergebnis zu erzielen.
Ohne Vergleichsschluss bestand darüber hinaus die reale Gefahr, dass die Versicherung ihrem Versicherungsnehmer, dem operierenden Arzt, den Versicherungsschutz verweigert. Die Versicherung hat die Regulierung des von dem Arzt angerichteten Schaden verweigern können, weil dieser möglicherweise vorsätzlich gehandelt hat. Derzeit läuft diesbezüglich ein Strafverfahren vor dem LG gegen den Arzt. Schließlich konnte der Sachverständige nicht alle von der Klägerin geltend gemachten Folgeschäden auf den Eingriff des Arztes zurückführen.
Es fehlt unabhängig davon an einem ersatzfähigen Schaden der Klägerin. Soweit die Beklagte wegen der Vereitelung eines Anspruchs des Mandanten in Regress genommen wird, setzt dies zunächst voraus, dass der vereitelte Anspruch durchsetzbar gewesen wäre. Hierfür konnte die Klägerin den Beweis nicht führen.