19.12.2023

Arglist beim Hausverkauf: Undichtes Terrassendach als Sachmangel

Wird ein Hausgrundstück mit überdachter Terrasse verkauft und tritt durch das Terrassendach wiederholt Regenwasser ein, ist dies regelmäßig nicht nur ein bloßes Symptom für einen Sachmangel; vielmehr begründet bereits die Undichtigkeit des Terrassendaches selbst den Sachmangel. Klärt der Verkäufer eines Hausgrundstückes den Käufer nicht über Wassereintritte durch ein Terrassendach auf, handelt er arglistig, auch wenn er deren Ursache(n) nicht oder nur teilweise kennt.

BGH v. 27.10.2023 - V ZR 43/23
Der Sachverhalt:
Mit notariellem Vertrag erwarben die Kläger im Juni 2016 von den Beklagten ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. Bereits vor Abschluss des Kaufvertrags war es bei Regen wiederholt zu Wassereintritten auf die in dem Maklerexposé genannte überdachte Terrasse gekommen, und zwar sowohl in dem Bereich des von dem Beklagten zu 2) selbst errichteten Kunststoffdachs als auch in dem von dem dachpfannengedeckten Hausdach überdachten Bereich; der Beklagte zu 2) hatte mehrere Reparaturversuche an dem Anschluss des Kunststoffterrassendachs zu dem Traufbereich des Hausdachs unternommen.

Im Juni 2017 leiteten die Kläger ein selbständiges Beweisverfahren ein. Hierbei ergaben sich zwei voneinander unabhängige Ursachen für den Wasseraustritt aus der Deckenverkleidung in dem bereits von dem Hausdach überdachten Bereich der Terrasse, nämlich einerseits eine mangelhafte Abdichtung des Kunststoffdachs zur Hauswand hin und andererseits Folienabrisse unter den Dachpfannen des Hausdachs in den Anschlussbereichen zum Traufbereich und zu den Dachfenstern.

Gestützt auf die Behauptung, die Terrassenüberdachung und das Hausdach seien undicht, erhoben die Kläger u.a. Klage auf Zahlung der in dem selbständigen Beweisverfahren ermittelten Schadensbeseitigungskosten i.H.v. insgesamt 32.100 € (Kunststoffterrassendach: 9.900 €; Hausdach: 22.200 €) sowie weiterer rd. 250 € für eine Notreparatur im Anschlussbereich eines Dachfensters, jeweils nebst Zinsen, Außerdem verlangen sie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für sämtliche künftige weitere Schäden aufgrund der Undichtigkeit des Daches sowie den Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen.

Das LG gab der Klage teilweise statt und verurteilte die Beklagten als Gesamtschuldner unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung der in dem selbständigen Beweisverfahren ermittelten Kosten für die Abdichtung des Kunststoffterrassendaches i.H.v. 9.900 € sowie zur Zahlung anteiliger außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten, jeweils nebst Zinsen. Das OLG sprach den Klägern unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung weitere 1.200 € wegen unzutreffender Angaben zum Jahr des Einbaus der Dachfenster nebst Zinsen und anteiliger außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu. Auf die Revision der Kläger hob der BGH das Urteil des OLG auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Im Ausgangspunkt zutreffend geht das OLG davon aus, dass den Klägern wegen des vertraglich vereinbarten Ausschlusses der Sachmängelhaftung nur dann ein Schadensersatzanspruch gem. § 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1 Satz 1, § 280 Abs. 1, 3 BGB in der hier gem. Art. 229 § 58 EGBGB noch anwendbaren, bis zum 31.12.2021 geltenden Fassung zusteht, wenn die Kläger einen Mangel arglistig i.S.v. § 444 BGB verschwiegen haben. Dies ist nach den getroffenen Feststellungen aber zu bejahen.

Entgegen der Ansicht des ÓLG stellen nämlich bereits die Wassereintritte im Bereich der überdachten Terrasse selbst einen Sachmangel i.S.d. § 434 Abs. 1 BGB a.F. und nicht nur ein Mangelsymptom dar. Wird ein Hausgrundstück mit überdachter Terrasse verkauft und tritt durch das Terrassendach wiederholt Regenwasser ein, ist dies regelmäßig nicht nur ein bloßes Symptom für einen Sachmangel; vielmehr begründet bereits die Undichtigkeit des Terrassendaches selbst den Sachmangel.

In der Folge sind auch die Ausführungen des OLG zur Arglist der Beklagten rechtsfehlerhaft. Denn die Wassereintritte durch das Terrassendach - und damit den Sachmangel - haben die Beklagten arglistig verschwiegen. Klärt der Verkäufer eines Hausgrundstückes den Käufer nicht über Wassereintritte durch ein Terrassendach auf, handelt er arglistig, auch wenn er deren Ursache(n) nicht oder nur teilweise kennt.

Arglist setzt nach ständiger Rechtsprechung Eventualvorsatz voraus. Ein arglistiges Verschweigen eines Mangels i.S.v. § 444 BGB ist danach nur gegeben, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Alleine entscheidend ist, ob der Verkäufer die den Mangel begründenden Umstände kennt; nicht relevant ist dagegen, ob er daraus den Schluss auf das Vorliegen eines Sachmangels zieht.

Danach haben die Beklagten den Sachmangel arglistig verschwiegen. Denn aus den durch das OLG in Bezug genommenen Feststellungen des LG ergibt sich, dass sie die ihnen bekannten Wassereintritte den Klägern, denen sie nicht bekannt waren und auch nicht bekannt sein konnten, nicht offenbart haben, obwohl die Terrassenüberdachung vor Vertragsschluss thematisiert worden und für die Beklagten von Bedeutung war.

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