Arglistiges Verschweigen von Schwammbefall
OLG Rostock v. 6.4.2023 - 3 U 33/21
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte im Grundstückskaufvertrag vom 28.4.2014 ein Grundstück samt Haus vom Beklagten erworben. Die Parteien hatten einen Gewährleistungsausschluss vereinbart. Später wurde allerdings ein Schwammbefall am Haus festgestellt. Die Balkenköpfe der Kellerdecke hin zur Straßenseite waren abgefault und somit nicht mehr vorhanden. Die Balken waren von unten entsprechend abgestützt worden. Auch ein Teil der Kellerdecke war nicht mehr vorhanden. Letztlich konnte eine teilweise Erneuerung des Dielenfußbodens im Erdgeschoss klar einem früheren Schwammbefall zugeordnet werden.
Der Beklagte war ab dem Jahr 2006 Eigentümer des Hauses. Er gab an, von einem Schwammbefall bzw. von etwaigen Baumaßnahmen gegen den Schwammbefall keine Kenntnis zu haben.
Das LG hat die Klage auf Schadensersatz abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG die Entscheidung abgeändert und den Beklagten zur Zahlung von 18.021 € verurteilt.
Die Gründe:
Die Klägerin kann gegenüber dem Beklagten einen Anspruch aus §§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 437 Nr. 3 BGB geltend machen. Der Befall eines Hauses mit echtem Hausschwamm stellt einen Mangel i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB a.F. dar, denn üblicherweise setzt der Käufer eines Wohnhauses voraus, dass das Haus nicht von Schädlingen befallen ist. Da die Parteien im Grundstückskaufvertrag vom 28.4.2014 einen Gewährleistungsausschluss vereinbart hatten, kam eine Haftung des Beklagten gem. § 444 BGB nur im Falle der arglistigen Täuschung in Betracht. Eine arglistige Täuschung kann auch im Verschweigen eines Mangels liegen. Und dies war hier der Fall.
Ein bloßes Schweigen stellt eine arglistige Täuschung dar, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsache eine Aufklärungspflicht besteht. Im Falle des Befalls mit echtem Hausschwamm besteht eine Informationspflicht des Verkäufers. Das gilt selbst dann, wenn der Verkäufer einen Schwammbefall vor Jahren technisch einwandfrei durch eine Fachfirma beseitigen lassen hat, weil ein Schwammbefall immer die Gefahr in sich trägt, wieder aufzutreten. Insoweit gilt bei Schwammbefall der Grundsatz nicht, dass der Verkäufer nach einer Beseitigung des Mangels durch eine Fachfirma hierauf nicht mehr hinweisen muss, wenn er der Ansicht ist, dass der Mangel beseitigt ist.
Es war für den Senat auch schlicht nicht plausibel, dass der Beklagte, der nach eigenen Angaben seit 70 Jahren in dem Haus gewohnt hatte, keine Kenntnis von den erfolgten Arbeiten und dem Zustand der Kellerdecke sowie deren Ursache gehabt haben wollte. Es war ausgeschlossen, dass ihm derart nachhaltige Eingriffe und Veränderungen, insbesondere das Abstützen der Deckenbalken, verborgen geblieben sein konnten.
Der Schadensersatzanspruch der Klägerin war auch nicht wegen Kenntnis vom Mangel ausgeschlossen. Nach § 442 BGB scheidet eine Gewährleistung aus, wenn der Käufer den Mangel kennt und den Vertrag gleichwohl vorbehaltlos abschließt. Voraussetzung ist allerdings eine positive Kenntnis des Mangels. Es genügt nicht, dass der Käufer die Möglichkeit des Vorhandenseins eines Mangels in Betracht zieht. Diese Kenntnis ist vom Verkäufer vorzutragen und zu beweisen. Für eine positive Kenntnis hatte der Beklagte nichts vorgetragen. Selbst aber dann, wenn ein möglicher Schwammbefall für den Käufer bei einer Besichtigung hätte erkennbar sein können, hätte dies den Beklagten nach BGH-Rechtsprechung nicht von seiner Hinweispflicht entbunden.
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Die Klägerin hatte im Grundstückskaufvertrag vom 28.4.2014 ein Grundstück samt Haus vom Beklagten erworben. Die Parteien hatten einen Gewährleistungsausschluss vereinbart. Später wurde allerdings ein Schwammbefall am Haus festgestellt. Die Balkenköpfe der Kellerdecke hin zur Straßenseite waren abgefault und somit nicht mehr vorhanden. Die Balken waren von unten entsprechend abgestützt worden. Auch ein Teil der Kellerdecke war nicht mehr vorhanden. Letztlich konnte eine teilweise Erneuerung des Dielenfußbodens im Erdgeschoss klar einem früheren Schwammbefall zugeordnet werden.
Der Beklagte war ab dem Jahr 2006 Eigentümer des Hauses. Er gab an, von einem Schwammbefall bzw. von etwaigen Baumaßnahmen gegen den Schwammbefall keine Kenntnis zu haben.
Das LG hat die Klage auf Schadensersatz abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG die Entscheidung abgeändert und den Beklagten zur Zahlung von 18.021 € verurteilt.
Die Gründe:
Die Klägerin kann gegenüber dem Beklagten einen Anspruch aus §§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 437 Nr. 3 BGB geltend machen. Der Befall eines Hauses mit echtem Hausschwamm stellt einen Mangel i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB a.F. dar, denn üblicherweise setzt der Käufer eines Wohnhauses voraus, dass das Haus nicht von Schädlingen befallen ist. Da die Parteien im Grundstückskaufvertrag vom 28.4.2014 einen Gewährleistungsausschluss vereinbart hatten, kam eine Haftung des Beklagten gem. § 444 BGB nur im Falle der arglistigen Täuschung in Betracht. Eine arglistige Täuschung kann auch im Verschweigen eines Mangels liegen. Und dies war hier der Fall.
Ein bloßes Schweigen stellt eine arglistige Täuschung dar, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsache eine Aufklärungspflicht besteht. Im Falle des Befalls mit echtem Hausschwamm besteht eine Informationspflicht des Verkäufers. Das gilt selbst dann, wenn der Verkäufer einen Schwammbefall vor Jahren technisch einwandfrei durch eine Fachfirma beseitigen lassen hat, weil ein Schwammbefall immer die Gefahr in sich trägt, wieder aufzutreten. Insoweit gilt bei Schwammbefall der Grundsatz nicht, dass der Verkäufer nach einer Beseitigung des Mangels durch eine Fachfirma hierauf nicht mehr hinweisen muss, wenn er der Ansicht ist, dass der Mangel beseitigt ist.
Es war für den Senat auch schlicht nicht plausibel, dass der Beklagte, der nach eigenen Angaben seit 70 Jahren in dem Haus gewohnt hatte, keine Kenntnis von den erfolgten Arbeiten und dem Zustand der Kellerdecke sowie deren Ursache gehabt haben wollte. Es war ausgeschlossen, dass ihm derart nachhaltige Eingriffe und Veränderungen, insbesondere das Abstützen der Deckenbalken, verborgen geblieben sein konnten.
Der Schadensersatzanspruch der Klägerin war auch nicht wegen Kenntnis vom Mangel ausgeschlossen. Nach § 442 BGB scheidet eine Gewährleistung aus, wenn der Käufer den Mangel kennt und den Vertrag gleichwohl vorbehaltlos abschließt. Voraussetzung ist allerdings eine positive Kenntnis des Mangels. Es genügt nicht, dass der Käufer die Möglichkeit des Vorhandenseins eines Mangels in Betracht zieht. Diese Kenntnis ist vom Verkäufer vorzutragen und zu beweisen. Für eine positive Kenntnis hatte der Beklagte nichts vorgetragen. Selbst aber dann, wenn ein möglicher Schwammbefall für den Käufer bei einer Besichtigung hätte erkennbar sein können, hätte dies den Beklagten nach BGH-Rechtsprechung nicht von seiner Hinweispflicht entbunden.
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