Ausschluss der Nichtzulassungsbeschwerde in Familiensachen
BGH v. 7.5.2020 - III ZR 50/19Der Kläger nimmt die Beklagte, eine öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für die Wertermittlung von bebauten und unbebauten Grundstücken, unter dem Vorwurf der Erstattung eines unrichtigen Gerichtsgutachtens gem. § 839a BGB auf Schadensersatz in Anspruch.
In einem vorangegangenen Rechtsstreit hatte der Kläger nach rechtskräftiger Scheidung seiner Ehe von seiner geschiedenen Ehefrau Zugewinnausgleich verlangt. Im Auftrag des Familiengerichts erstellte die Beklagte in diesem Verfahren ein Gutachten, in dem sie für ein Grundstück der Frau einen Verkehrswert von 45.000 € ermittelte. Das Familiengericht legte das Gutachten der Beklagten seiner Entscheidung zugrunde und sprach dem Kläger, der zuletzt 110.000 € verlangte, einen Anspruch auf Zahlung von - lediglich - 28.000 € zu. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers wies das OLG ab; die Revision ließ es nicht zu.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger sodann geltend gemacht, das von der Beklagten erstellte Gutachten sei unrichtig und sie habe insoweit grob fahrlässig gehandelt. Das Grundstück habe richtigerweise höher bewertet und ihm, dem Kläger, demzufolge ein höherer Zugewinnausgleich zuerkannt werden müssen. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers hat das OLG zurückgewiesen.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgte der Kläger seine Klageforderung weiter. Der BGH hat nun der Revision des Klägers stattgegeben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen.
Die Gründe:
Der Klageanspruch aus § 839a Abs. 1 BGB ist nicht gem. § 839a Abs. 2 BGB iVm § 839 Abs. 3 BGB wegen Nichtgebrauch eines Rechtsmittels ausgeschlossen. Das Berufungsgericht hat übersehen, dass der Kläger gegen das Urteil des Familiensenats des OLG im Vorprozess keine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen konnte.
Gem. Art. 111 Abs. 1 Satz 1 des FGG-Reformgesetzes (FGG-RG) sind auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes am 1.9.2009 (Art. 112 Abs. 1 FGG-RG) eingeleitet worden sind, weiter die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Vorschriften anzuwenden. Soweit demzufolge die ZPO auf Altverfahren weiterhin Anwendung findet, gilt für diese Verfahren auch § 26 Nr. 9 EGZPO, wonach eine Nichtzulassungsbeschwerde in Familiensachen ausgeschlossen ist, wenn die anzufechtende Entscheidung vor dem 1.1.2020 verkündet oder einem Beteiligten zugestellt oder sonst bekannt gemacht worden ist und das Berufungsgericht die Berufung nicht als unzulässig verworfen hat.
Zwar sollte § 26 Nr. 9 EGZPO durch Art. 28 Nr. 3 FGG-RG mit Wirkung ab dem 1.9.2009 (Art. 112 Abs. 1 FGG-RG) aufgehoben werden, doch hat der Gesetzgeber durch Art. 9 Abs. 3 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften, der gem. Art. 10 Satz 2 dieses Gesetzes am 5.8.2009 - also vor dem 1.9.2009 - in Kraft getreten ist, in Reaktion auf Hinweise aus der Praxis angeordnet, dass § 26 Nr. 9 EGZPO auf Altverfahren bis zum 1.1.2020 anwendbar bleibt.
Hiernach war die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Berufungsurteil im Vorprozess nicht eröffnet. Der Rechtsstreit über den Zugewinnausgleich zwischen dem Kläger und seiner geschiedenen Ehefrau betraf eine Familiensache und wurde im Jahre 2007 - also vor Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes am 1.9.2009 - eingeleitet. Gem. § 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG waren für dieses Verfahren bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss die Vorschriften der ZPO weiter anzuwenden; maßgebend ist insoweit insgesamt allein das Datum der Einleitung des Verfahrens in erster Instanz. Zum Zeitpunkt der Zurückweisung der Berufung des Klägers im Oktober 2014 war die Geltungsfrist des § 26 Nr. 9 EGZPO (für Altverfahren) noch nicht abgelaufen und diese Vorschrift somit weiterhin anwendbar. Dem Kläger war es demzufolge gem. § 26 Nr. 9 EGZPO versagt, im Vorprozess eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision einzulegen.
Der festgestellte Rechtsfehler ist auch entscheidungserheblich, denn das Berufungsgericht hat die Zurückweisung der Berufung des Klägers allein auf den Anspruchsverlust nach § 839a Abs. 2 BGB iVm § 839 Abs. 3 BGB gestützt.