21.04.2020

Aussetzung einer durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung der Rente

Im Falle einer vollständig auszusetzenden Kürzung der Versorgung wegen Unterhalt (§§ 33, 34 VersAusglG) bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen eine "dynamische" Beschlussformel, bei der der Kürzungsbetrag als Produkt der ausgeglichenen Entgeltpunkte, der maßgebenden Zugangs- und Rentenartfaktoren sowie dem jeweils aktuellen Rentenwert angegeben ist, wenn der sich daraus ergebende Kürzungsbetrag auf einen konkret bezifferten Höchstbetrag begrenzt ist, der der Unterhaltsverpflichtung des Ehegatten entspricht.

BGH v. 26.2.2020 - XII ZB 531/19
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten über die Aussetzung einer durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung der Rente des Antragstellers.

Auf den am 13. Juni 2003 zugestellten Antrag hatte das AG die am 13. Mai 1983 geschlossene Ehe des am 24. März 1952 geborenen Antragstellers und der am 30. Oktober 1954 geborenen weiteren Beteiligten rechtskräftig geschieden und den Versorgungsausgleich im abgetrennten Verfahren nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht durchgeführt.

Während der Ehezeit (1. Mai 1983 bis 31. Mai 2003; § 1587 Abs. 2 BGB aF, jetzt: § 3 Abs. 1 VersAusglG) hatten beide Ehegatten Anrechte in der allgemeinen Rentenversicherung erworben, der Antragsteller außerdem ein Anrecht in der knappschaftlichen Rentenversicherung sowie zwei Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung. Der Versorgungsausgleich wurde dahin geregelt, dass vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der Antragsgegnerin (DRV Knappschaft-Bahn-See, früher: Bundesknappschaft) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 407,54 € im Wege des Splittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB und weiteren 47,60 € im Wege des erweiterten Splittings nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG auf das Versicherungskonto der beteiligten Ehefrau übertragen wurden, jeweils bezogen auf den 31. Mai 2003 als Ehezeitende.

Aufgrund gerichtlichen Vergleichs der geschiedenen Ehegatten zahlt der Antragsteller an die Beteiligte laufenden Barunterhalt in Höhe von monatlich 2.000 €.

Seit dem 1. Oktober 2017 bezieht der Antragsteller Altersrente, die sich ausweislich des Bescheids der Antragsgegnerin vom 10. August 2017 auf monatlich 450,62 € brutto beläuft. Ohne Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs hätte diese Rente des Antragstellers 939,63 € brutto betragen.

Mit dem am 14. August 2017 beim Familiengericht eingegangenen Antrag hat der Antragsteller im Hinblick auf seine Unterhaltspflicht ggü. der weiteren Beteiligten beantragt, die durch den Versorgungsausgleich bedingte Kürzung seiner laufenden Rente vollständig auszusetzen.

Das Familiengericht hat die Kürzung der Rente des Antragstellers bei der Antragsgegnerin für die Zeit ab dem 1. Oktober 2017 in Höhe von monatlich 546,12 € ausgesetzt. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der diese eine Aussetzung der Kürzung in Höhe von nur monatlich 489,01 € verfolgt hat, hat das OLG die Entscheidung dahingehend abgeändert, dass die Kürzung der laufenden Versorgung des Antragstellers bei der Antragsgegnerin ab dem 1. Oktober 2017 in Höhe eines sich aus der Multiplikation von 15,6253 Entgeltpunkten der allgemeinen Rentenversicherung und von 0,1006 Entgeltpunkten der knappschaftlichen Rentenversicherung mit einem Zugangsfaktor von 1,0, einem Rentenartfaktor von 1,0 für die Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung und von 1,3333 für die knappschaftlichen Entgeltpunkte und dem jeweiligen aktuellen Rentenwert ergebenden monatlichen Rentenbetrags, höchstens jedoch in Höhe eines monatlichen Rentenbetrags von 1.463 €, ausgesetzt werde.

Hiergegen richtete sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin, mit der diese eine statische Aussetzung der Kürzung der laufenden Versorgung in Höhe von monatlich 489,01 € weiterverfolgt. Der BGH hat die Rechtsbeschwerde abgewiesen.

Die Gründe:
Die Aussetzung der Rentenkürzung erfolgt höchstens in Höhe der Differenz der beiderseitigen Anrechte iSd. § 32 VersAusglG. Die im Wege des erweiterten Splittings nach § 3 b Abs. 1 VAHRG ausgeglichenen Anrechte der betrieblichen Altersversorgung fallen nicht darunter. Die Differenz der Anrechte beider Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung beträgt bezogen auf das Ehezeitende nur 407,54 € monatlich, zusammengesetzt aus einem monatlichen Rentenbetrag von 404,07 € (entsprechend 15,6253 Entgeltpunkten) in der allgemeinen Rentenversicherung und von 3,47 € (entsprechend 0,1006 Entgeltpunkten) in der knappschaftlichen Rentenversicherung.

Der gesetzliche Unterhaltsanspruch der weiteren Beteiligten von monatlich 1.463 € übersteigt den sich ab 1. Oktober 2017 ergebenden monatlichen Kürzungsbetrag von 489,01 €. Der Kürzungsbetrag ist daher in voller Höhe auszusetzen. Dem Bestimmtheitsgebot wird in dem Fall dadurch genügt, wenn sich der auszusetzende Kürzungsbetrag durch Multiplikation der in der Beschlussformel genannten Entgeltpunkte und des dort genannten Zugangsund Rentenartfaktors mit dem jeweils veröffentlichten aktuellen Rentenwert ermitteln lässt. Durch die gleichzeitige Begrenzung der dynamischen Aussetzung auf die Höhe des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs ist gewährleistet, dass die durch § 33 VersAusglG gezogene Grenze für die Anpassung der Kürzung auch im Falle künftiger Rentenwertanpassungen nicht überschritten wird.

BGH online
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