Balkonkraftwerk auf dem Boden ohne Substanzbeeinträchtigung muss der Vermieter erlauben
AG Köln v. 26.9.2023 - 222 C 150/23Die Kläger sind Mieter der Beklagten. Sie hatten von ihrer Vermieterin die Erteilung der Genehmigung für den Aufbau einer Solaranlage mit an der Außenseite des Balkons angebrachten Solarmodulen (sog. Balkonkraftwerk") gefordert. Gemäß § 10 des Mietvertrages bedürfen sämtliche Um- und Einbauten, Veränderungen jeder Art, insbesondere Installationen der Zustimmung durch die Beklagte. Diese verweigerte jedoch die Genehmigung.
Die Kläger waren der Ansicht, den Bewohnern ihres Quartiers sei ein umweltbewusstes Leben besonders wichtig. So engagiere man sich für eine "autofreien Siedlung". Sie vor Gericht, um die Zustimmung der Beklagten zu einem Balkonkraftwerk einzufordern. Hilfsweise verlangten die Kläger die Zustimmung zu einer auf dem Boden des Balkon aufgestellten Solaranlage.
Das AG hat die Klage im Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag stattgegeben.
Die Gründe:
Den Klägern steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zustimmung zur Aufstellung einer Solaranlage auf dem Balkon zu.
Grundsätzlich hat der Mieter keinen Anspruch darauf, dass der Vermieter ihm gestattet, selbst bauliche Veränderungen an der Wohnung mit dem Ziel einer Modernisierung vorzunehmen. Die Erteilung einer derartigen Erlaubnis steht vielmehr im Ermessen des Vermieters, der sein Ermessen jedoch nicht missbräuchlich ausüben darf. Im Streitfall war hierbei zugunsten des Vermieters zu berücksichtigen, dass ihm grundsätzlich die Befugnis zusteht, mit seinem Eigentum nach Belieben zu verfahren (Art. 14 GG) und er daher in der Regel auch die Entscheidungsfreiheit hat, die Mietsache in dem mit Abschluss des Mietvertrages vereinbarten Zustand zu belassen. Dies galt insbesondere auch für das äußere Erscheinungsbild des Mietobjekts.
Zugunsten der Kläger war dementgegen zu berücksichtigen, dass die Erzeugung von Solarstrom zum einen - wenn auch in einem überschaubaren Rahmen - Kosten spart und darüber hinaus die Notwendigkeit der Energieerzeugung durch fossile Brennstoffe mindert, so dass eine solche Solaranlage mittelbar auch dem Gemeinwohl dient. Bei einer Installation wie von den Klägern in ihrem Hilfsantrag beschrieben war indes eine Substanzbeeinträchtigung der Mietsache ausgeschlossen, so dass sichergestellt ist, dass die Beklagte die Wohnung nach Beendigung des Mietverhältnisses in einem einwandfreien Zustand zurückerhalten kann.
Nicht zugunsten der Kläger war zu berücksichtigen, ob den Bewohnern ihres Quartiers ein umweltbewusstes Leben besonders wichtig ist. In Anbetracht der genannten Umstände war nach Auffassung des Gerichts das Ermessen der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmissbräuchlichkeit dahingehend eingeschränkt, dass sie die Aufstellung und Nutzung einer Solaranlage in Bodenhöhe des Balkons nicht untersagen kann.
Ein darüberhinausgehender Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung des Aufbaus einer Solaranlage mit an der Außenseite des Balkons angebrachten Solarmodulen besteht nach derzeitiger Sach- und Rechtslage (ein Gesetzentwurf, der den beschleunigten Ausbau von Balkonkraftwerken fördern soll, wird derzeit beraten) nicht. Denn der Eingriff in das äußere Erscheinungsbild eines Mietobjekts durch außenliegende Solarmodule ist unabhängig von der Frage, ob ein rückstandsfreier Rückbau nach Vertragsende überhaupt möglich wäre, gravierend. Ein nicht gesetzlich legitimierter Eingriff in das Eigentumsrecht des Vermieters ist angesichts dessen gerade auch unter Berücksichtigung der doch eher bescheidenen Stromausbeute, die sich mit einem handelsüblichen Balkonkraftwerk erzielen lässt, nicht gerechtfertigt.
Rechtsprechung
Andreas Ott
Kein Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Zustimmung zu einem Balkonkraftwerk
AG Konstanz vom 09.02.2023 - 4 C 425/22 WEG
MietRB 2023, 140
Aufsatz
Keno Zimmer
Ausschluss und Beschränkung der Minderung in der Wohnraummiete - Teil II
MietRB 2023, 81
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