Bedrohung der Nachbarn: "Stalkender" Nachbar zum Ersatz der Umzugskosten verurteilt
OLG Karlsruhe v. 5.11.2021 - 10 U 6/20
Der Sachverhalt:
Der heute 63 Jahre alte Mann hatte nach dem Einzug der Familie in ihr neu errichtetes Mannheimer Eigenheim im Jahr 2014 alsbald damit begonnen, diese zu schikanieren. Dies reichte von ständigen, über das sozialadäquate Maß hinausgehenden Beobachtungen vom eigenen Fenster aus über nächtliche Klopfgeräusche an der Hauswand der Familie bis hin zu wiederholten derben Beleidigungen und gipfelte in zwei konkreten Todesdrohungen im Jahr 2017: Während sich der Mann am 1.4.2017 noch darauf beschränkt hatte, dem Ehepaar damit zu drohen, eine Pistole aus seinem Haus zu holen, lief er dem Ehemann am Abend des 27.7.2017 mit einem erhobenen Beil hinterher. Nur weil der Ehemann fliehen konnte, wandte sich der Nachbar den beiden Kraftfahrzeugen des Ehepaares zu und schlug mit dem Beil auf sie ein, wodurch ein erheblicher Sachschaden entstand.
Die Familie entschloss sich daraufhin zum Umzug, bezog zunächst für einige Monate eine Mietwohnung und erwarb sodann ein neues Eigenheim. Die durch den Umzug entstandenen Kosten sowie die Nebenkosten für den Erwerb des neuen Hauses (Grunderwerbsteuer und Notarkosten), aber auch den Mindererlös bei der Veräußerung ihres verlassenen Familienheimes, nachdem sie die Käufer auf die bisherigen Verhaltensweisen des Nachbarn hingewiesen hatten, sowie die bei der Veräußerung entstandene Maklercourtage wollten die Eheleute ersetzt haben. Sie erhoben gegen ihren ehemaligen Nachbarn daher eine Schadensersatzklage über insgesamt mehr als 113.000 €. Damit hatten sie vor dem LG jedoch keinen Erfolg.
Im Berufungsverfahren sprach ihnen das OLG jetzt aber mehr als 44.000 € zu. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung können beide Parteien Beschwerde zum BGH erheben.
Die Gründe:
Der Nachbar hat sich durch sein Verhalten wegen Nachstellung (§ 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB) und wegen Bedrohung (§ 241 StGB) strafbar gemacht und damit zugleich Schutzgesetze zugunsten des Ehepaares verletzt hat. Aus dieser Schutzgesetzverletzung resultiert zivilrechtlich ein Schadensersatzanspruch des Ehepaares (§ 823 Abs. 2 BGB).
Der Anspruch reicht aber nur so weit, wie die geltend gemachten Schäden auch vom Schutzzweck der Strafnormen erfasst sind. Einen solchen "Schutzzweckzusammenhang" war anzunehmen für diejenigen Kosten, die zur Wiederherstellung des persönlichen Sicherheitsgefühls aufgewandt werden mussten. Der Beklagte war daher zur Erstattung der Umzugskosten sowie der Nebenkosten im Zusammenhang mit dem Erwerb des neuen Eigenheimes und damit zur Zahlung eines Betrags von über 44.000 € zu verurteilen.
Die Wertminderung an dem verlassenen Familienheim und die im Zusammenhang mit dessen Veräußerung angefallene Maklerprovision sind demggü. als bloße Vermögensfolgeschäden zu bewerten, die außerhalb des Schutzzwecks der verletzten Strafnormen liegen. Insoweit hatte die Klage daher auch weiterhin keinen Erfolg.
OLG Karlsruhe PM Nr. 17 vom 10.11.2021
Der heute 63 Jahre alte Mann hatte nach dem Einzug der Familie in ihr neu errichtetes Mannheimer Eigenheim im Jahr 2014 alsbald damit begonnen, diese zu schikanieren. Dies reichte von ständigen, über das sozialadäquate Maß hinausgehenden Beobachtungen vom eigenen Fenster aus über nächtliche Klopfgeräusche an der Hauswand der Familie bis hin zu wiederholten derben Beleidigungen und gipfelte in zwei konkreten Todesdrohungen im Jahr 2017: Während sich der Mann am 1.4.2017 noch darauf beschränkt hatte, dem Ehepaar damit zu drohen, eine Pistole aus seinem Haus zu holen, lief er dem Ehemann am Abend des 27.7.2017 mit einem erhobenen Beil hinterher. Nur weil der Ehemann fliehen konnte, wandte sich der Nachbar den beiden Kraftfahrzeugen des Ehepaares zu und schlug mit dem Beil auf sie ein, wodurch ein erheblicher Sachschaden entstand.
Die Familie entschloss sich daraufhin zum Umzug, bezog zunächst für einige Monate eine Mietwohnung und erwarb sodann ein neues Eigenheim. Die durch den Umzug entstandenen Kosten sowie die Nebenkosten für den Erwerb des neuen Hauses (Grunderwerbsteuer und Notarkosten), aber auch den Mindererlös bei der Veräußerung ihres verlassenen Familienheimes, nachdem sie die Käufer auf die bisherigen Verhaltensweisen des Nachbarn hingewiesen hatten, sowie die bei der Veräußerung entstandene Maklercourtage wollten die Eheleute ersetzt haben. Sie erhoben gegen ihren ehemaligen Nachbarn daher eine Schadensersatzklage über insgesamt mehr als 113.000 €. Damit hatten sie vor dem LG jedoch keinen Erfolg.
Im Berufungsverfahren sprach ihnen das OLG jetzt aber mehr als 44.000 € zu. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung können beide Parteien Beschwerde zum BGH erheben.
Die Gründe:
Der Nachbar hat sich durch sein Verhalten wegen Nachstellung (§ 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB) und wegen Bedrohung (§ 241 StGB) strafbar gemacht und damit zugleich Schutzgesetze zugunsten des Ehepaares verletzt hat. Aus dieser Schutzgesetzverletzung resultiert zivilrechtlich ein Schadensersatzanspruch des Ehepaares (§ 823 Abs. 2 BGB).
Der Anspruch reicht aber nur so weit, wie die geltend gemachten Schäden auch vom Schutzzweck der Strafnormen erfasst sind. Einen solchen "Schutzzweckzusammenhang" war anzunehmen für diejenigen Kosten, die zur Wiederherstellung des persönlichen Sicherheitsgefühls aufgewandt werden mussten. Der Beklagte war daher zur Erstattung der Umzugskosten sowie der Nebenkosten im Zusammenhang mit dem Erwerb des neuen Eigenheimes und damit zur Zahlung eines Betrags von über 44.000 € zu verurteilen.
Die Wertminderung an dem verlassenen Familienheim und die im Zusammenhang mit dessen Veräußerung angefallene Maklerprovision sind demggü. als bloße Vermögensfolgeschäden zu bewerten, die außerhalb des Schutzzwecks der verletzten Strafnormen liegen. Insoweit hatte die Klage daher auch weiterhin keinen Erfolg.