Begründung eines Mieterhöhungsverlangens anhand von Vergleichswohnungen aus öffentlich gefördertem preisgebundenem Wohnraum
BGH v. 18.12.2019 - VIII ZR 236/18
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zustimmung zu einer von der Klägerin begehrten Mieterhöhung. Die Beklagte ist seit dem Jahr 2009 Mieterin einer Wohnung der Klägerin in B. Die Wohnung ist Teil eines Gebäudekomplexes, für dessen Errichtung Fördermittel mit Bescheiden aus den Jahren 1966/1971 bewilligt wurden und die einer Preisbindung unterliegen.
Mit Schreiben vom 10.2.2016 forderte die Klägerin die Beklagte auf, einer Erhöhung der Nettokaltmiete ab dem 1.5.2016 von rd. 343 € um 19 € auf insgesamt mtl. 362 €, was einer Miete von 5 €/qm entspricht, zuzustimmen. Das Schreiben nimmt zur Begründung des Erhöhungsverlangens Bezug auf fünf Vergleichswohnungen mit Mietpreisen zwischen 5,08 €/qm und 5,16 €/qm, bei denen es sich ebenfalls um öffentlich geförderten, preisgebundenen Wohnraum handelt. Die Beklagte verweigerte die Zustimmung.
AG und LG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.
Die Gründe:
Mit der vom LG gegebenen Begründung kann der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung (§ 558 Abs. 1 BGB) nicht verneint werden. Das LG hat zu Unrecht angenommen, das Erhöhungsverlangen genüge nicht den formellen Voraussetzungen des § 558a Abs. 1, 2 Nr. 4 BGB, weil darin auf Vergleichswohnungen Bezug genommen wurde, die einer Preisbindung unterliegen.
Das LG hat die Anforderungen an das Mieterhöhungsverlangen überspannt, indem es angenommen hat, ein Vermieter könne als Vergleichswohnungen i.S.d. § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB stets nur preisfreien Wohnraum heranziehen. Bereits der Wortlaut der vorgenannten Vorschrift sieht eine solche Einschränkung nicht vor. Sie ergibt sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck des Begründungserfordernisses. Zwar ist bei der Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete gem. § 558 Abs. 2 Satz 2 BGB solcher Wohnraum ausgenommen, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist, was vorliegend auf sämtliche Vergleichswohnungen zutrifft.
Hierauf abstellend wird die Auffassung vertreten, dass die Benennung von Wohnungen aus dem preisgebundenen Wohnungsmarkt generell nicht zur Begründung eines Erhöhungsverlangens nach § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB geeignet sei, weil eine Erhöhung gem. § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete möglich sei, an deren Bildung preisgebundene Wohnungen gem. § 558 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht teilnähmen. Diese Ansicht verkennt jedoch, dass die Angabe von Vergleichswohnungen im Mieterhöhungsverlangen nicht dazu dient, bereits den Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete zu führen. Sie soll vielmehr den Mieter lediglich in die Lage versetzen, das Erhöhungsverlangen zumindest ansatzweise nachzuvollziehen und ggf. mittels weiterer Nachforschungen die Vergleichbarkeit der Wohnungen zu überprüfen.
Dem Mieter ist es hiernach - entgegen der Auffassung des LG - nicht nur zumutbar, aufgrund der im Erhöhungsverlangen mitgeteilten Tatsachen weitere Informationen einzuholen; das Erhöhungsverlangen dient vielmehr gerade dazu, ihn hierzu zu befähigen. Denn anhand der Benennung der Wohnungen wird der Mieter nicht nur in die Lage versetzt, weitere Nachforschungen über die in § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB benannten Wohnmerkmale der Vergleichswohnungen, sondern auch über die gezahlte Miete anzustellen. So besteht die Möglichkeit, zu ermitteln, ob es sich bei der Miete um eine Nettokaltmiete, eine Pauschalmiete, eine Teilpauschalmiete oder - wie vorliegend - um eine preisgebundene Miete handelt und wie die Mietbindung im Einzelfall ausgestaltet ist.
Die hierzu erforderlichen Informationen wurden der Beklagten im Schreiben vom 10.2.2016 gegeben. Sie wurde hierdurch in die Lage versetzt, sich ein Bild davon zu machen, wie sich das gegenwärtige Mietniveau für vergleichbare Wohnungen nach den Ausführungen der Klägerin darstellt, und konnte diese Angaben - im Bedarfsfall durch Nachfrage bei der Klägerin zur Preisbindung der Vergleichswohnungen - überprüfen. Der Umstand, dass der Mieter allein anhand des Erhöhungsverlangens die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete nicht abschließend mittels der Vergleichswohnungen überprüfen kann, steht der formellen Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens - anders als das LG meint - nicht entgegen.
BGH online
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zustimmung zu einer von der Klägerin begehrten Mieterhöhung. Die Beklagte ist seit dem Jahr 2009 Mieterin einer Wohnung der Klägerin in B. Die Wohnung ist Teil eines Gebäudekomplexes, für dessen Errichtung Fördermittel mit Bescheiden aus den Jahren 1966/1971 bewilligt wurden und die einer Preisbindung unterliegen.
Mit Schreiben vom 10.2.2016 forderte die Klägerin die Beklagte auf, einer Erhöhung der Nettokaltmiete ab dem 1.5.2016 von rd. 343 € um 19 € auf insgesamt mtl. 362 €, was einer Miete von 5 €/qm entspricht, zuzustimmen. Das Schreiben nimmt zur Begründung des Erhöhungsverlangens Bezug auf fünf Vergleichswohnungen mit Mietpreisen zwischen 5,08 €/qm und 5,16 €/qm, bei denen es sich ebenfalls um öffentlich geförderten, preisgebundenen Wohnraum handelt. Die Beklagte verweigerte die Zustimmung.
AG und LG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.
Die Gründe:
Mit der vom LG gegebenen Begründung kann der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung (§ 558 Abs. 1 BGB) nicht verneint werden. Das LG hat zu Unrecht angenommen, das Erhöhungsverlangen genüge nicht den formellen Voraussetzungen des § 558a Abs. 1, 2 Nr. 4 BGB, weil darin auf Vergleichswohnungen Bezug genommen wurde, die einer Preisbindung unterliegen.
Das LG hat die Anforderungen an das Mieterhöhungsverlangen überspannt, indem es angenommen hat, ein Vermieter könne als Vergleichswohnungen i.S.d. § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB stets nur preisfreien Wohnraum heranziehen. Bereits der Wortlaut der vorgenannten Vorschrift sieht eine solche Einschränkung nicht vor. Sie ergibt sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck des Begründungserfordernisses. Zwar ist bei der Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete gem. § 558 Abs. 2 Satz 2 BGB solcher Wohnraum ausgenommen, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist, was vorliegend auf sämtliche Vergleichswohnungen zutrifft.
Hierauf abstellend wird die Auffassung vertreten, dass die Benennung von Wohnungen aus dem preisgebundenen Wohnungsmarkt generell nicht zur Begründung eines Erhöhungsverlangens nach § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB geeignet sei, weil eine Erhöhung gem. § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete möglich sei, an deren Bildung preisgebundene Wohnungen gem. § 558 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht teilnähmen. Diese Ansicht verkennt jedoch, dass die Angabe von Vergleichswohnungen im Mieterhöhungsverlangen nicht dazu dient, bereits den Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete zu führen. Sie soll vielmehr den Mieter lediglich in die Lage versetzen, das Erhöhungsverlangen zumindest ansatzweise nachzuvollziehen und ggf. mittels weiterer Nachforschungen die Vergleichbarkeit der Wohnungen zu überprüfen.
Dem Mieter ist es hiernach - entgegen der Auffassung des LG - nicht nur zumutbar, aufgrund der im Erhöhungsverlangen mitgeteilten Tatsachen weitere Informationen einzuholen; das Erhöhungsverlangen dient vielmehr gerade dazu, ihn hierzu zu befähigen. Denn anhand der Benennung der Wohnungen wird der Mieter nicht nur in die Lage versetzt, weitere Nachforschungen über die in § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB benannten Wohnmerkmale der Vergleichswohnungen, sondern auch über die gezahlte Miete anzustellen. So besteht die Möglichkeit, zu ermitteln, ob es sich bei der Miete um eine Nettokaltmiete, eine Pauschalmiete, eine Teilpauschalmiete oder - wie vorliegend - um eine preisgebundene Miete handelt und wie die Mietbindung im Einzelfall ausgestaltet ist.
Die hierzu erforderlichen Informationen wurden der Beklagten im Schreiben vom 10.2.2016 gegeben. Sie wurde hierdurch in die Lage versetzt, sich ein Bild davon zu machen, wie sich das gegenwärtige Mietniveau für vergleichbare Wohnungen nach den Ausführungen der Klägerin darstellt, und konnte diese Angaben - im Bedarfsfall durch Nachfrage bei der Klägerin zur Preisbindung der Vergleichswohnungen - überprüfen. Der Umstand, dass der Mieter allein anhand des Erhöhungsverlangens die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete nicht abschließend mittels der Vergleichswohnungen überprüfen kann, steht der formellen Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens - anders als das LG meint - nicht entgegen.