30.06.2023

Bemessung des Werts der Beschwer des zur Unterlassung ansehensbeeinträchtigender Äußerungen verurteilten Beklagten

Der BGH hat sich vorliegend mit der Bemessung des Werts der Beschwer eines zur Unterlassung ansehensbeeinträchtigender gegenüber einer Bank getätigter Äußerungen verurteilten Beklagten befasst.

BGH v. 25.4.2023 - VI ZR 111/22
Der Sachverhalt:
Die klagende C-Bank begehrt vom Beklagten die Unterlassung ansehensbeeinträchtigender Äußerungen in Bezug auf ihre geschäftliche Tätigkeit. Die Klägerin hatte mit Wirkung zum 1.6.2004 das Filialgeschäft sowie die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Kundenbeziehungen und Konten der vormaligen S-Bank übernommen. Bis vor kurzem unterhielt sie eine Filiale in T.

Der Beklagte war Kunde der S-Bank. Anfang der 1990er Jahre tätigte er dort zwei Festgeldanlagen i.H.v. 38.000 und 100.000 DM. Die genannten Beträge wurden im Jahr 1992 an eine Bank in Luxemburg transferiert. Im Januar 1993 erfolgte ein Rücktransfer i.H.v. rd. 38.130 DM und im Januar 1994 i.H.v. rd. 96.480 DM. In der Annahme, dass bei der Klägerin als Nachfolgerin der S-Bank noch eine Festgeldanlage bestehen würde, begab sich der Beklagte Ende des Jahres 2014 zur Filiale der Klägerin in T., um sein vermeintliches Guthaben abzuheben. Dabei wurde ihm mitgeteilt, dass bei der Klägerin eine solche Festgeldanlage nicht bekannt sei bzw. nicht bestehen würde. Nachdem diverse Nachforschungen des Beklagten erfolglos geblieben waren, erstattete er Anzeige wegen Betruges bei der Staatsanwaltschaft. Das dort geführte Vorermittlungsverfahren wurde eingestellt.

Mit Schreiben vom 14.4.2020 wandte sich der Beklagte an den Vorstand der Klägerin und bezichtigte diesen sowie weitere Angestellte der Klägerin des Betruges. Zugleich verbreitete der Beklagte die Betrugsvorwürfe gegen die Klägerin und deren Mitarbeiter über sein Facebook-Profil. Auch auf seiner Homepage veröffentlichte der Beklagte entsprechende Vorwürfe sowie die Behauptung, die Klägerin sei als Nachfolgerin der S-Bank für den Verlust der Festgeldanlage verantwortlich. Im Sommer 2020 stellte der Beklagte entlang einer öffentlichen Straße mehrere für die Öffentlichkeit sichtbare und die vollständigen Namen der Beteiligten enthaltende Plakate mit folgender Aufschrift auf:

"Achtung
Bankenbetrug der C-Bank
Der Fililalleiter der C-Bank T ist für den Bankenbetrug mit der C-Bank verantwortlich."

Hierüber wurde auch in den lokalen Medien berichtet.

Das LG gab der Unterlassungsklage statt. Das OLG wies die Berufung des Beklagten durch Beschluss zurück und setzte den Streitwert insoweit auf 15.000 € fest. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt der Beklagte die Zulassung der Revision, um seinen Antrag auf Klageabweisung weiter zu verfolgen. Der BGH entschied, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt, und setzte den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens auf 15.000 € fest.

Die Gründe:
Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteigt 20.000 € nicht.

Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung des angefochtenen Urteils. Der nach dem Interesse des zur Unterlassung ansehensbeeinträchtigender Äußerungen verurteilten Beklagten an einer Beseitigung der Verurteilung zu bemessende Wert der Beschwer entspricht zwar nicht notwendigerweise dem nach dem Interesse der klagenden Partei an dieser Verurteilung zu bemessenden Streitwert. Letzterer gibt aber regelmäßig eine gewisse Orientierung. Denn das Interesse des Klägers an einer solchen Unterlassung ist pauschalierend unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Stellung des Verletzers und des Verletzten sowie von Art, Umfang und Gefährlichkeit der Verletzungshandlung zu bewerten.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze übersteigt der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht. Das OLG hat den Streitwert für das Unterlassungsbegehren unter Berücksichtigung der Umstände des Streitfalls zutreffend auf 15.000 € festgesetzt. Die Beschwerde hat nicht aufgezeigt, dass das Interesse des Beklagten, das Unterlassungsgebot nicht befolgen zu müssen - also weiterhin behaupten zu dürfen, die Klägerin oder ihre Mitarbeiter hätten einen Betrug begangen und seien für das Verschwinden einer Festgeldanlage verantwortlich - höher zu bewerten ist als das Interesse der Klägerin an einer Unterlassung dieser Äußerungen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten bestimmt sich seine Beschwer nicht nach der Höhe der von ihm behaupteten Geldforderungen gegen die Klägerin. Denn diese sind nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Der Beklagte nimmt die Klägerin insbesondere weder auf Auskunft zu dem Verbleib seiner vermeintlichen Guthaben noch auf deren Rückzahlung noch auf Feststellung einer Rückzahlungsverpflichtung in Anspruch. Streitgegenständlich ist vielmehr allein die Frage, ob der Beklagte die von der Klägerin beanstandeten und ihr Unternehmerpersönlichkeitsrecht sowie ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb beeinträchtigenden Vorwürfe erheben und verbreiten durfte.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | BGB
§ 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen
Herget in Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022

Kommentierung | BGB
§ 544 Nichtzulassungsbeschwerde
Heßler in Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022

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