19.10.2018

Berliner Testament mit Pflichtteilsstrafklausel

Fordert ein Kind nach dem Tod des ersten Elternteils Auskunft über den Wert des Nachlasses und macht es in diesem Zusammenhang Geldforderungen geltend, kann es, wenn ein sog. Berliner Testament mit Pflichtteilsstrafklausel vorliegt, seine Erbenstellung nach dem Tod des länger lebenden Elternteils verlieren.

OLG Köln 27.9.2018, 2 Wx 314/18
Der Sachverhalt:

Die Eheleute hatten sich wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt und bestimmt, dass nach dem Tod des Längstlebenden die vier Kinder das Vermögen zu gleichen Teilen erben sollten. Sollte jedoch eines der Kinder nach dem Tod des Erstversterbenden vom Überlebenden seinen Pflichtteil fordern, so solle es auch nach dem Tod des Überlebenden auf den Pflichtteil beschränkt bleiben (sog. Pflichtteilsstrafklausel).

Nach dem Tod der zuerst verstorbenen Mutter erkundigte sich eines der Kinder mittel Anwaltsschreiben nach dem Wert des Nachlasses, forderte die Vorlage eines sog. Nachlassverzeichnisses und erklärte, dass für die Berechnung des Pflichtteilsanspruches die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Wert des elterlichen Hausgrundstücks erforderlich sei. Gegen eine Einmalzahlung von 10.000 DM, die auf das Erbe angerechnet werde, sei das Kind bereit, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens und die Geltendmachung des Pflichtteils zu verzichten. Der Vater zahlte daraufhin 10.000 DM, sah das Kind in der Folge aber nicht mehr als seinen Erben an.

Als der Vater verstarb beantragte das Kind den Erbschein mit der Maßgabe zu erteilen, dass es auch als Miterbe mit einem Anteil von 1/4 ausgewiesen wird. Sie berief sich darauf, dass gerade nach dem Tod der Erstverstorbenen kein Pflichtteilsanspruch geltend gemacht worden sei und daher die sog. Pflichtteilsstrafklausel nicht greife. Das Nachlassgericht wies die den Antrag des Kindes zurück. Das Kind erhob dagegen Beschwerde. Das Nachlassgericht half der Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem OLG zur Entscheidung vor. Die Beschwerde hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Gründe:

Das Kind hat mit seinem Schreiben nach dem Tod der Mutter, in dem es sich über den Nachlass erkundigte und gleichzeitig Geld forderte, die Pflichtteilsstrafklausel ausgelöst und ist daher nach dem Tod des Vaters nicht mehr Erbe.

Für die Frage, ob der Pflichtteil gefordert wird, kommt es nicht auf die Einschätzung des fordernden Kindes an, sondern auf die Perspektive des überlebenden Ehegatten. Mit der Pflichtteilsklausel wollten die Ehegatten typischerweise sicherstellen, dass dem Überlebenden bis zu seinem Tod der Nachlass unvermindert verbleibt und nicht durch das Pflichtteilsverlangen eines Schlusserben gestört wird. Zudem soll sichergestellt werden, dass nicht eines der Kinder bei der Verteilung des Gesamtnachlasses bevorteilt wird.

Das Anwaltsschreiben hat ein ernsthaftes Verlangen des Pflichtteils gegenüber dem Vater dargestellt, da dieser für den Fall der Nichtzahlung der 10.000 DM mit einer Inanspruchnahme durch das Kind hätte rechnen müssen. Damit ist nach der Einschätzung eines objektiven Empfängers die Forderung geeignet gewesen, den Vater der Belastung auszusetzen, vor der er gerade geschützt werden sollte. Eine gerichtliche Durchsetzung des Pflichtteilsanspruchs ist nicht erforderlich, um die Folgen der Strafklausel auszulösen.

Linkhinweis:

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OLG Köln PM vom 18.10.2018
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