Berufungsbegründung: Rechtsschutzziel kann durch schlüssige Auslegung eindeutig erkennbar sein
BGH v. 20.8.2019 - VII ZB 29/19
Der Sachverhalt:
Der Beklagte mietete ein Einfamilienhaus der Klägerin. Der Beklagte zahlte die Miete lediglich bis einschließlich August 2017, woraufhin ihn die Klägerin auf Zahlung der ausstehenden Mieten für den Zeitraum von September bis Dezember 2017 einschließlich angefallener Kosten für die Heizungswartung und den Kaminkehrer verklagte.
Hiergegen wendete sich der Beklagte mit seiner Berufung beim LG. Er wurde jedoch darauf hingewiesen, dass die Berufung bereits unzulässig sein dürfte, da weder die Berufungseinlegung noch die Berufungsbegründung die nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Erklärung enthalte, inwieweit das Urteil angefochten und welche Abänderung beantragt werde. Zwar könne sich eine solche Erklärung aus der Berufungsbegründungsschrift ergeben. Dies sei jedoch hier nicht der Fall, weil der Beklagte die Beendigung des Mietverhältnisses zum 1.9.2017 einwende, jedoch offen bleibe, ob der Beklagte sich auch gegen die Verurteilung zur Zahlung der Kosten der Heizungswartung und des Kaminkehrers wende.
Das Berufungsgericht verwarf aus den genannten Gründen die Berufung des Beklagten als unzulässig. Die anschließende Rechtsbeschwerde des Beklagten war vor dem BGH erfolgreich. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückweisung der Sache an das Berufungsgericht, das über die Begründetheit der Berufung zu entscheiden haben wird.
Die Gründe:
Das Vorbringen des Beklagten in der Berufungsbegründung wurde gehörswidrig nicht vollständig zur Kenntnis genommen. Das vom Beklagten verfolgte Rechtsschutzziel ist der Berufungsbegründung hinreichend i.S.d. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO zu entnehmen.
Die Berufungsbegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden. Diese Erklärung muss aber nicht notwendig in einem bestimmten Antrag niedergelegt werden. Die Vorschrift verlangt lediglich, dass die Begründungsschrift ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig erkennen lässt, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil der ersten Instanz angefochten werden soll. Das ist aber bereits dann der Fall, wenn die Berufungsbegründung den Schluss auf die Weiterverfolgung des erstinstanzlichen Begehrens zulässt.
Der Beklagte hat hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er die Abweisung der Klage insgesamt erstrebt und daher im vollen Umfang das gegen ihn ergangene erstinstanzliche Urteil anficht. Dies ergibt sich aus dem zweiten Satz der Berufungsbegründung: "Das erstinstanzliche Gericht ist zu Unrecht von einer begründeten Klage ausgegangen". Der Beklagte hat hierbei gerade keine Einschränkung seines Rechtsschutzziels vorgenommen, so dass bereits diese Erklärung den Schluss zulässt, dass er das Urteil des AG im vollen Umfang seiner Beschwer angreifen will. Weiterhin macht der Beklagte in der Berufungsbegründung geltend, dass der Mietvertrag an sich nicht wirksam war, da die Klägerin gar nicht zur Vermietung ermächtigt war. Damit macht der Beklagte deutlich, dass er der Auffassung ist, mangels Zustandekommen eines Mietvertrags weder die monatlich vereinbarte Nettomiete noch Nebenkosten zu schulden.
Linkhinweis:
Für den auf den Webseiten des Bundesgerichtshofs veröffentlichten Volltext des Beschlusses klicken Sie bitte hier.
BGH online
Der Beklagte mietete ein Einfamilienhaus der Klägerin. Der Beklagte zahlte die Miete lediglich bis einschließlich August 2017, woraufhin ihn die Klägerin auf Zahlung der ausstehenden Mieten für den Zeitraum von September bis Dezember 2017 einschließlich angefallener Kosten für die Heizungswartung und den Kaminkehrer verklagte.
Hiergegen wendete sich der Beklagte mit seiner Berufung beim LG. Er wurde jedoch darauf hingewiesen, dass die Berufung bereits unzulässig sein dürfte, da weder die Berufungseinlegung noch die Berufungsbegründung die nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Erklärung enthalte, inwieweit das Urteil angefochten und welche Abänderung beantragt werde. Zwar könne sich eine solche Erklärung aus der Berufungsbegründungsschrift ergeben. Dies sei jedoch hier nicht der Fall, weil der Beklagte die Beendigung des Mietverhältnisses zum 1.9.2017 einwende, jedoch offen bleibe, ob der Beklagte sich auch gegen die Verurteilung zur Zahlung der Kosten der Heizungswartung und des Kaminkehrers wende.
Das Berufungsgericht verwarf aus den genannten Gründen die Berufung des Beklagten als unzulässig. Die anschließende Rechtsbeschwerde des Beklagten war vor dem BGH erfolgreich. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückweisung der Sache an das Berufungsgericht, das über die Begründetheit der Berufung zu entscheiden haben wird.
Die Gründe:
Das Vorbringen des Beklagten in der Berufungsbegründung wurde gehörswidrig nicht vollständig zur Kenntnis genommen. Das vom Beklagten verfolgte Rechtsschutzziel ist der Berufungsbegründung hinreichend i.S.d. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO zu entnehmen.
Die Berufungsbegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden. Diese Erklärung muss aber nicht notwendig in einem bestimmten Antrag niedergelegt werden. Die Vorschrift verlangt lediglich, dass die Begründungsschrift ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig erkennen lässt, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil der ersten Instanz angefochten werden soll. Das ist aber bereits dann der Fall, wenn die Berufungsbegründung den Schluss auf die Weiterverfolgung des erstinstanzlichen Begehrens zulässt.
Der Beklagte hat hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er die Abweisung der Klage insgesamt erstrebt und daher im vollen Umfang das gegen ihn ergangene erstinstanzliche Urteil anficht. Dies ergibt sich aus dem zweiten Satz der Berufungsbegründung: "Das erstinstanzliche Gericht ist zu Unrecht von einer begründeten Klage ausgegangen". Der Beklagte hat hierbei gerade keine Einschränkung seines Rechtsschutzziels vorgenommen, so dass bereits diese Erklärung den Schluss zulässt, dass er das Urteil des AG im vollen Umfang seiner Beschwer angreifen will. Weiterhin macht der Beklagte in der Berufungsbegründung geltend, dass der Mietvertrag an sich nicht wirksam war, da die Klägerin gar nicht zur Vermietung ermächtigt war. Damit macht der Beklagte deutlich, dass er der Auffassung ist, mangels Zustandekommen eines Mietvertrags weder die monatlich vereinbarte Nettomiete noch Nebenkosten zu schulden.
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