Bestattung in der Ostsee statt Nordsee - Schmerzensgeldanspruch der Witwe hat seine Grenzen
OLG Hamm v. 15.3.2022 - 21 U 170/21
Der Sachverhalt:
Der Beklagte betreibt ein Bestattungsunternehmen und war von der Klägerin mit der Einäscherung und anschließenden (Urnen-)Seebestattung ihres am 5.2.2017 verstorbenen Ehemanns beauftragt worden. Die anonyme Seebestattung fand allerdings in der Ostsee und nicht - wie vereinbart - in der Nordsee statt. Mit ihrer Klage hat die Klägerin ein Schmerzensgeld i.H.v. mindestens 10.000 € begehrt und hierzu behauptet, sie habe aufgrund des fehlerhaften Bestattungsortes ein Psychotrauma entwickelt. Sie leide seitdem an Schlafstörungen, Bluthochdruck und Depressionen.
Das LG hat den Beklagten nach durchgeführter Beweisaufnahme zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 2.500 € verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, der Beklagte habe seine Pflicht aus dem Bestattungsvertrag verletzt, indem er die Seebestattung in der Ostsee statt in der Nordsee vorgenommen bzw. beauftragt habe. Das OLG hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die Haftung des Beklagten stand dem Grunde nach gem. §§ 280 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB in der Berufungsinstanz nicht mehr im Streit.
Das LG hatte auf Grundlage eines Gutachtens sowohl die Depression der Klägerin als auch die Schlafstörungen als kausale Folge der Pflichtverletzung des Beklagten anerkannt. Demgegenüber war es nicht davon ausgegangen, dass auch eine akute Belastungsreaktion sowie Bluthochdruck auf die fehlerhafte Durchführung der Bestattung zurückgeführt werden konnte. An diese Tatsachenfeststellungen ist der Senat gem. § 529 ZPO gebunden, da sie verfahrensfehlerfrei getroffen und mit der Berufung nicht angegriffen wurden.
Das vom LG zuerkannte Schmerzensgeld erwies sich als angemessen. Das Schmerzensgeld soll in erster Linie dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich bieten für diejenigen Schäden und Lebensbeeinträchtigungen, die nicht vermögensrechtlicher Art sind. Das Schmerzensgeld hat eine Doppelfunktion. Neben der Ausgleichsfunktion für erlittene Schmerzen und Leiden soll es dem Verletzten eine Genugtuung für das verschaffen, was ihm der Schädiger insbesondere bei vorsätzlichen Taten angetan hat. Die Genugtuungsfunktion ist grundsätzlich nur noch bei vorsätzlichen Taten oder grob fahrlässigen Schädigungen zu berücksichtigen.
Hinsichtlich der pflichtwidrigen Durchführung der Bestattung liegt indes nach den bindenden Feststellungen des LG nur ein fahrlässiges Verhalten des Beklagten gem. § 276 Abs. 2 BGB vor. Das Schmerzensgeld hat vorliegend - anders als die Klägerin meinte - nicht die Funktion, dem Beklagten einen "Denkzettel" zu verpassen. Dem Schmerzensgeld kommt vorliegend auch keine Präventionsfunktion zu; diese ist nur eine, wenn auch erwünschte, Nebenfolge.
Anspruchsmindernd war im Übrigen zu berücksichtigen, dass die Klägerin ungewöhnlich schwer auf die Nachricht über den Bestattungsort reagiert hatte. Der Senat stellt insoweit klar, dass in keiner Weise beabsichtigt ist, die emotionale Belastung der Klägerin, die mit der Bestattung ihres verstorbenen Ehemannes in der Ostsee einherging, zu bagatellisieren. Aus dem Gutachten des Sachverständigen folgte aber, dass bereits vor der Beerdigung des Ehemannes der Klägerin eine gewisse Prädisposition wegen der diversen früheren Belastungen (Tod ihrer Mutter, Aggressivität in der ersten Ehe, früher Tod ihres Sohnes, Krebserkrankung ihres verstorbenen Ehemannes) vorlag, ohne die die fehlerhafte Seebestattung nicht ausreichend gewesen wäre, um eine Depression auszulösen.
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Justiz NRW
Der Beklagte betreibt ein Bestattungsunternehmen und war von der Klägerin mit der Einäscherung und anschließenden (Urnen-)Seebestattung ihres am 5.2.2017 verstorbenen Ehemanns beauftragt worden. Die anonyme Seebestattung fand allerdings in der Ostsee und nicht - wie vereinbart - in der Nordsee statt. Mit ihrer Klage hat die Klägerin ein Schmerzensgeld i.H.v. mindestens 10.000 € begehrt und hierzu behauptet, sie habe aufgrund des fehlerhaften Bestattungsortes ein Psychotrauma entwickelt. Sie leide seitdem an Schlafstörungen, Bluthochdruck und Depressionen.
Das LG hat den Beklagten nach durchgeführter Beweisaufnahme zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 2.500 € verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, der Beklagte habe seine Pflicht aus dem Bestattungsvertrag verletzt, indem er die Seebestattung in der Ostsee statt in der Nordsee vorgenommen bzw. beauftragt habe. Das OLG hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die Haftung des Beklagten stand dem Grunde nach gem. §§ 280 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB in der Berufungsinstanz nicht mehr im Streit.
Das LG hatte auf Grundlage eines Gutachtens sowohl die Depression der Klägerin als auch die Schlafstörungen als kausale Folge der Pflichtverletzung des Beklagten anerkannt. Demgegenüber war es nicht davon ausgegangen, dass auch eine akute Belastungsreaktion sowie Bluthochdruck auf die fehlerhafte Durchführung der Bestattung zurückgeführt werden konnte. An diese Tatsachenfeststellungen ist der Senat gem. § 529 ZPO gebunden, da sie verfahrensfehlerfrei getroffen und mit der Berufung nicht angegriffen wurden.
Das vom LG zuerkannte Schmerzensgeld erwies sich als angemessen. Das Schmerzensgeld soll in erster Linie dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich bieten für diejenigen Schäden und Lebensbeeinträchtigungen, die nicht vermögensrechtlicher Art sind. Das Schmerzensgeld hat eine Doppelfunktion. Neben der Ausgleichsfunktion für erlittene Schmerzen und Leiden soll es dem Verletzten eine Genugtuung für das verschaffen, was ihm der Schädiger insbesondere bei vorsätzlichen Taten angetan hat. Die Genugtuungsfunktion ist grundsätzlich nur noch bei vorsätzlichen Taten oder grob fahrlässigen Schädigungen zu berücksichtigen.
Hinsichtlich der pflichtwidrigen Durchführung der Bestattung liegt indes nach den bindenden Feststellungen des LG nur ein fahrlässiges Verhalten des Beklagten gem. § 276 Abs. 2 BGB vor. Das Schmerzensgeld hat vorliegend - anders als die Klägerin meinte - nicht die Funktion, dem Beklagten einen "Denkzettel" zu verpassen. Dem Schmerzensgeld kommt vorliegend auch keine Präventionsfunktion zu; diese ist nur eine, wenn auch erwünschte, Nebenfolge.
Anspruchsmindernd war im Übrigen zu berücksichtigen, dass die Klägerin ungewöhnlich schwer auf die Nachricht über den Bestattungsort reagiert hatte. Der Senat stellt insoweit klar, dass in keiner Weise beabsichtigt ist, die emotionale Belastung der Klägerin, die mit der Bestattung ihres verstorbenen Ehemannes in der Ostsee einherging, zu bagatellisieren. Aus dem Gutachten des Sachverständigen folgte aber, dass bereits vor der Beerdigung des Ehemannes der Klägerin eine gewisse Prädisposition wegen der diversen früheren Belastungen (Tod ihrer Mutter, Aggressivität in der ersten Ehe, früher Tod ihres Sohnes, Krebserkrankung ihres verstorbenen Ehemannes) vorlag, ohne die die fehlerhafte Seebestattung nicht ausreichend gewesen wäre, um eine Depression auszulösen.
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