25.10.2019

Bewilligte Verfahrenskostenhilfe für erste Instanz genügt nicht allein für Vertrauen auf Zusage von Verfahrenskostenhilfe für zweite Instanz

Begehrt der Rechtsmittelführer Verfahrenskostenhilfe, muss er in der Beschwerdeinstanz mit der Ablehnung des Verfahrenskostenhilfegesuchs wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen, wenn sich nach der erstinstanzlichen Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wesentliche Änderungen ergeben haben.

BGH v. 11.9.2019 - XII ZB 120/19
Der Sachverhalt:
Das AG hat der Antragsgegnerin eines Verfahrens über einen Zugewinnausgleich Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Für ihre Beschwerde vor dem OLG beantragte sie wieder Verfahrenskostenhilfe, die ihr jedoch mangels Bedürftigkeit verweigert wurde.

Hiergegen legte die Antragsgegnerin beim AG Beschwerde ein und stellte zugleich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Diesen stützte sie darauf, dass sie mit der Zurückweisung ihres Gesuchs bezüglich Verfahrenskostenhilfe nicht habe rechnen müssen, nachdem ihr im ersten Rechtszug diese bewilligt worden sei.

Den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wies das OLG ebenfalls zurück. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, mithin ist die statthafte Rechtsbeschwerde nicht zulässig, da die Voraussetzungen des § 574 Abs.2 ZPO nicht erfüllt sind.

Der angefochtene Beschluss verletzt die Antragsgegnerin weder in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 Abs. 1 GG noch in ihrem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz gem. Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip.

Ein Rechtsmittelführer, der innerhalb der Rechtsmittelfrist oder Rechtsmittelbegründungsfrist Verfahrenskostenhilfe beantragt hat, ist bis zur Entscheidung über seinen Antrag als unverschuldet verhindert anzusehen, das Rechtsmittel wirksam einzulegen oder rechtzeitig zu begründen, wenn er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit habe rechnen müssen. Das ist allerdings dann nicht der Fall, wenn der Rechtsmittelführer oder sein Verfahrensbevollmächtigter habe erkennen können, dass die wirtschaftlichen Voraussetzungen führ die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe nicht gegeben sind.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Rechtsmittelführerin veränderten sich zwischenzeitlich seit der erstmaligen Verfahrenskostenhilfe der ersten Instanz maßgeblich. Inzwischen erhielt die Antragstellerin aus dem Verkauf eines Grundstücks einen Erlösanteil i.H.v. 12.788 €. Ferner ist eine im Miteigentum der Antragsgegnerin stehende Immobilie im Wert vom 185.000 € von ihr zu verwerten, weil sie dort nicht mehr wohnt. Zwar erhielt die Antragstellerin den Erlösanteil erst zeitlich nach ihrem zweiten Antrag auf Verfahrenskostenhilfe. Jedoch wusste sie schon zuvor von dem Zuwachs an liquiden oder zumindest vollstreckbaren Mitteln.

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