Brustkrebs: Nur bei Risikopatientinnen ist eine Mammografie indiziert
OLG Hamm 17.9.2013, 26 U 88/12Die Klägerin befand sich seit 2006 in der Krebsvorsorgebehandlung des beklagten Frauenarztes. Bei zwei im Jahr 2007 durchgeführten Untersuchungsterminen stellte der Beklagte keine Auffälligkeiten fest. Bei einem Termin hatte er auf Wunsch der Klägerin neben einem Tast- auch einen Sonografiebefund erhoben.
Bei einem Folgetermin im Frühjahr 2008 wies die Klägerin den Beklagten auf eine tastbare auffällige Brustverhärtung hin, deren weitere Untersuchung zur Diagnose eines größeren Mammakarzinoms mit Lymphknotenmetastasen führte. Das Karzinom und die Metastasen mussten operativ entfernt werden, wobei die Klägerin eine Brust verlor. Sie musste sich einer vorbereitenden Chemotherapie und postoperativen Bestrahlungen unterziehen.
Später verlangte die Klägerin von dem Beklagten Schadensersatz, u.a. ein Schmerzensgeld von 40.000 €, ca. 25.000 € Haushaltsführungsschaden sowie - ab Juni 2010 - eine monatliche Rente von ca. 1.000 €. Hierzu trug sie vor, dass die Beweglichkeit ihres rechten Arms infolge der Krebserkrankung so stark eingeschränkt worden sei, dass sie ihren erlernten Beruf als Friseurin nicht mehr ausüben könne. Die Klägerin war der Ansicht, dass der Beklagte in Kenntnis einer familiären Vorbelastung ihre Brustkrebserkrankung zu spät erkannt habe, so dass diese zu spät behandelt worden sei.
Das LG wies die Klage nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und dessen mündlicher Erläuterung ab.
Die Gründe:
Es kamen keine Ansprüche auf Schmerzensgeld und materiellen Schadensersatz wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers in Betracht.
Auch nach einem weiteren medizinischen Sachverständigengutachten konnte keine fehlerhafte Behandlung der Klägerin durch den Beklagten festgestellt werden. So war eine fehlerhafte Beurteilung der bei den Untersuchungen aus dem Jahr 2007 erhobenen Befunde nicht nachweisbar. Aus dem im März 2008 erhobenen Tastbefund war nicht zu schließen, dass ein tastbarer Tumor bereits bei der letzten Untersuchung im Jahr 2007 vorhanden gewesen sein musste.
Dem Beklagten konnte auch nicht vorgeworfen werden, dass er im Jahr 2007 keine weiteren Befunde erhoben, insbesondere der Klägerin nicht zur Durchführung einer Mammografie geraten hatte. Denn auch unter Berücksichtigung ihrer familiären und persönlichen Vorbelastungen war die Klägerin keine Risikopatientin gewesen, bei der eine weitere Befundung indiziert gewesen wäre. Zudem konnte nicht festgestellt werden, dass der Beklagte die Sonografie im Jahr 2007 fehlerhaft durchgeführt hatte.
Unabhängig von der Frage einer fehlerhaften Behandlung war auch nicht bewiesen, dass der Krankheitsverlauf der Klägerin weniger gravierend verlaufen wäre, wenn eine Brustkrebserkrankung bereits im Jahr 2007 diagnostiziert worden wäre. Mit dem vom 3. Zivilsenat des OLG Hamm am 12.8.2013 (Az.: 3 U 57/13) entschiedenen Fall war der vorliegende Fall insoweit nicht zu vergleichen, da dort ein grober Behandlungsfehler mit der Folge einer Beweislastumkehr zugunsten der dortigen Klägerin vorgelegen hatte.
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