05.07.2021

Bußgeldverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung: Messgerät LEIVTEC XV3 nicht zuverlässig genug

Nach einer Entscheidung des OLG Celle können Messergebnisse des Gerätes LEIVTEC XV3 in Bußgeldverfahren derzeit nicht mehr ohne weiteres zugrunde gelegt werden.

OLG Celle v. 18.6.2021 - 2 Ss (Owi) 69/21
Der Sachverhalt:
Geschwindigkeitsmessungen von Kraftfahrzeugen werden vor Gericht immer wieder als fehlerträchtig angegriffen. Dabei sind die Messgeräte im Zulassungsverfahren einer strengen technischen Prüfung unterworfen. Besteht ein Gerät diese Prüfung, bietet es bei Einhaltung der vorgegebenen Bedienvorschriften i.d.R. die hinreichende Gewähr für die Richtigkeit der erzielten Messergebnisse. Messungen können dann als sog. standardisierte Messverfahren in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren ohne weitere Überprüfungen zugrunde gelegt werden.

Gibt es trotz Einhaltung der Bedienvorschriften jedoch Anhaltspunkte für Fehlerquellen und unzulässige Messwertabweichungen, setzt die Verurteilung eines vermeintlichen "Temposünders" voraus, dass das Gericht im Einzelfall feststellen kann, dass solche Messfehler zu Lasten des Betroffenen ausgeschlossen sind.

Einen derartigen Fall hatte das OLG Celle zu entscheiden: Ein Kraftfahrzeugfahrer wurde mit dem Geschwindigkeitsmessgerät LEIVTEC XV3 kontrolliert. Hiernach sollte er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 37 km/h überschritten haben. Das AG hatte ihn deshalb zu einer Geldbuße von 140 € verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hin hob das OLG dieses Urteil auf und verwies das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das AG zurück.

Die Gründe:
Die für die Bauartprüfung dieses Messgeräts zuständige Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) konnte zwischenzeitlich bei bestimmten Versuchsanordnungen seltene Messfehler reproduzieren, die zulässige Toleranzen überschritten. Da der Abschlussbericht der PTB nicht eindeutig erkennen lässt, unter welchen Messbedingungen sich Messwertabweichungen zu Ungunsten bzw. ausschließlich zu Gunsten Betroffener auswirken können, besteht bei diesem Messgerät derzeit keine hinreichende Gewähr mehr für die Annahme eines standardisierten Messverfahrens und für die Zuverlässigkeit der erzielten Messergebnisse.

Das AG muss deshalb mithilfe eines Sachverständigengutachtens genauer aufklären, ob in diesem konkreten Einzelfall die ausgewiesene Geschwindigkeitsüberschreitung sicher festzustellen ist.
OLG Celle PM vom 2.7.2021
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