Corona-Testpflicht vor Gericht auch für Geimpfte
OLG Celle v. 2.8.2021 - 2 Ws 230/21 u.a.
Der Sachverhalt:
Vor Beginn einer mehrtägigen Strafverhandlung am LG Hannover im August 2021 hatte die dortige Vorsitzende Richterin angeordnet, dass Verfahrensbeteiligte, Zeugen und Zuschauer den Sitzungssaal nur mit einem tagesaktuellen negativen Schnelltest betreten dürfen. Gegen diese Sicherheitsverfügung haben sich die Verteidiger insbesondere mit der Begründung gewandt, sie seien vollständig geimpft.
Diese Beschwerden hat das OLG als unbegründet verworfen. Eine weitere Beschwerde ist gegen diese Entscheidung nicht statthaft.
Die Gründe:
Gerichte haben nach § 176 Abs. 1 GVG diejenigen Maßnahmen zu treffen, die den ungestörten und gesetzmäßigen Ablauf einer Verhandlung gewährleisten. Hierzu gehören auch Maßnahmen zur Verhinderung einer Ansteckung mit dem Corona-Virus. Eine konkretere Regelung solcher Schutzmaßnahmen durch den Gesetzgeber ist weder naheliegend noch erforderlich.
Gerichte sind hiernach zwar nicht verpflichtet, eine Testpflicht auch für vollständig geimpfte Verfahrensbeteiligte anzuordnen. Die im vorliegenden Fall getroffene Anordnung ist aber auch nicht zu beanstanden. Die Einschätzung der Vorsitzenden, dass eine Testung der Verfahrensbeteiligten geeignet sei, das Ansteckungsrisiko zu verringern, entspricht der Einschätzung des Robert Koch-Instituts. Auch verschiedene weitere Sachverständige rieten in bestimmten Fällen zur Testung auch geimpfter Personen, um ungeimpfte zu schützen. Angesichts der Vielzahl der Teilnehmer an der Strafverhandlung, der langen Dauer der Sitzungen, der steigenden Inzidenzwerte in der Region, der Verbreitung der sog. Delta-Variante des Virus und der noch vergleichsweise geringen Impfquote ist die angeordnete Testpflicht zudem trotz der eingeschränkten Aussagekraft von Schnelltests nicht unverhältnismäßig.
Das Gericht hat vor dem Hintergrund der noch bis vor kurzem andauernden Impfstoffknappheit ausdrücklich nicht abschließend geprüft, ob dem Schutz ungeimpfter Verfahrensbeteiligter möglicherweise deshalb ein geringeres Gewicht beizumessen sein könnte, weil diese sich durch den Verzicht auf eine Impfung freiwillig selbst gefährdeten.
Der angeordneten Testpflicht auch für Geimpfte steht schließlich nicht entgegen, dass vollständig Geimpfte im Anwendungsbereich u.a. der Niedersächsischen Corona-Verordnung verbreitet negativ getesteten Personen gleichgestellt sind.
OLG Celle PM vom 27.8.2021
Vor Beginn einer mehrtägigen Strafverhandlung am LG Hannover im August 2021 hatte die dortige Vorsitzende Richterin angeordnet, dass Verfahrensbeteiligte, Zeugen und Zuschauer den Sitzungssaal nur mit einem tagesaktuellen negativen Schnelltest betreten dürfen. Gegen diese Sicherheitsverfügung haben sich die Verteidiger insbesondere mit der Begründung gewandt, sie seien vollständig geimpft.
Diese Beschwerden hat das OLG als unbegründet verworfen. Eine weitere Beschwerde ist gegen diese Entscheidung nicht statthaft.
Die Gründe:
Gerichte haben nach § 176 Abs. 1 GVG diejenigen Maßnahmen zu treffen, die den ungestörten und gesetzmäßigen Ablauf einer Verhandlung gewährleisten. Hierzu gehören auch Maßnahmen zur Verhinderung einer Ansteckung mit dem Corona-Virus. Eine konkretere Regelung solcher Schutzmaßnahmen durch den Gesetzgeber ist weder naheliegend noch erforderlich.
Gerichte sind hiernach zwar nicht verpflichtet, eine Testpflicht auch für vollständig geimpfte Verfahrensbeteiligte anzuordnen. Die im vorliegenden Fall getroffene Anordnung ist aber auch nicht zu beanstanden. Die Einschätzung der Vorsitzenden, dass eine Testung der Verfahrensbeteiligten geeignet sei, das Ansteckungsrisiko zu verringern, entspricht der Einschätzung des Robert Koch-Instituts. Auch verschiedene weitere Sachverständige rieten in bestimmten Fällen zur Testung auch geimpfter Personen, um ungeimpfte zu schützen. Angesichts der Vielzahl der Teilnehmer an der Strafverhandlung, der langen Dauer der Sitzungen, der steigenden Inzidenzwerte in der Region, der Verbreitung der sog. Delta-Variante des Virus und der noch vergleichsweise geringen Impfquote ist die angeordnete Testpflicht zudem trotz der eingeschränkten Aussagekraft von Schnelltests nicht unverhältnismäßig.
Das Gericht hat vor dem Hintergrund der noch bis vor kurzem andauernden Impfstoffknappheit ausdrücklich nicht abschließend geprüft, ob dem Schutz ungeimpfter Verfahrensbeteiligter möglicherweise deshalb ein geringeres Gewicht beizumessen sein könnte, weil diese sich durch den Verzicht auf eine Impfung freiwillig selbst gefährdeten.
Der angeordneten Testpflicht auch für Geimpfte steht schließlich nicht entgegen, dass vollständig Geimpfte im Anwendungsbereich u.a. der Niedersächsischen Corona-Verordnung verbreitet negativ getesteten Personen gleichgestellt sind.