Eigentümerversammlung: Kein Einberufungsrecht eines einzelnen Wohnungseigentümers
LG Karlsruhe v. 12.9.2022 - 11 T 17/22
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten um die Kosten eines Rechtsstreits vor dem AG. Gegenstand der Klage war das Begehren, dass die Beklagten verurteilt werden, den Kläger zu ermächtigen, für die Wohnungseigentümergemeinschaft eine Eigentümerversammlung einzuberufen zwecks Bestellung eines Verwalters.
Im frühen ersten Termin beantragten die Beklagten Klagabweisung. Sodann schlossen die Parteien einen Vergleich. Die Parteien waren sich darin einig, eine Eigentümerversammlung abzuhalten. Tagesordnungspunkt ist - so der Vergleich - die Ermittlung und die Bestimmung eines Verwalters. Die Parteien erklärten in diesem Vergleich den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt und unterwarfen sich einer Entscheidung gem. § 91 a ZPO hinsichtlich der Kosten.
Das AG legte den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a ZPO auf. Das LG wies die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten zurück. Die Rechtsbeschwerde dagegen wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Ein einzelner Wohnungseigentümer oder eine Mehrheit von Wohnungseigentümern hat - ohne eine Ermächtigung iSv § 24 Abs. 3 WEG n.F. und wenn nichts anderes vereinbart ist - kein Einberufungsrecht.
Aus § 24 Abs 2 WEG a.F./n.F. folgt kein Recht zugunsten des dort vorgesehenen Quorums (laut Gesetz: ein Viertel der Wohnungseigentümer), eine Eigentümerversammlung einzuberufen. Eine § 50 Abs 3 GmbHG entsprechende Regelung kennt das WEG nicht.
Im konkreten Fall ist das Quorum des § 24 Abs 2 WEG a.F./n.F. reduziert auf "jeden" Wohnungseigentümer. Der Unterschied zwischen dem schuldrechtlichen "Verlangen" und dem verfügungsrechtlichen "Ermächtigen" bleibt aber nichtsdestotrotz bestehen. Bei nächstliegender und wortlautorientierter Auslegung wurde durch die vorliegende Gemeinschaftsordnung nicht jeder Wohnungseigentümer zur Einberufung der Versammlung ermächtigt, es wurde nur das Mindestquorum der Fordernden reduziert.
Eine Veränderung der Gemeinschaftsordnung durch die "gelebte Praxis", Rechtsbrauch oder gar Gewohnheitsrecht kommt schon aus Transparenzgründen i.d.R. nicht in Betracht, zumal sich der genaue Inhalt des üblichen Vorgehens nicht feststellen lässt. Genausowenig lässt sich eine Selbstbindung kraft Treu und Glaubens o.ä. ausmachen. Niemand muss sich im Ausgangspunkt dem Risiko aussetzen, dass die getroffenen Beschlüsse aus formellen Gründen für ungültig erklärt werden oder dass andere Wohnungseigentümer gegen die unrechtmäßigen Einladungen (etwa im Wege des Eilrechtsschutzes isoliert) gerichtlich vorgehen.
Faktisch großzügig/ unbekümmert mag man in der Gemeinschaft bisher bei Einladungen vorgegangen sein und der die Versammlung Fordernde mag bisweilen zugleich dazu geladen haben. Vor dem Hintergrund, dass offenbar Vollversammlungen die Regel waren, war das Vorgehen jedenfalls nicht schädlich. Denn die rechtliche Besonderheit einer Vollversammlung, bei welcher alle Wohnungseigentümer einer Gemeinschaft bei einer Eigentümerversammlung anwesend sind, besteht darin, dass die Anwesenheit sämtlicher Wohnungseigentümer entsprechend § 51 Abs. 3 GmbHG unter bestimmten Voraussetzungen alle Einberufungsmängel heilt. Allerdings tritt bei Fernbleiben eines Eigentümers in der Versammlung die Heilungswirkung hinsichtlich etwaiger Einberufungsmängel nicht ein.
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Rechtsprechung:
Eigentümerversammlung: Einladung durch nichtbefugte Eigentümer
OLG Frankfurt vom 27.9.2004 - 20 W 513/01
Holger Reichert, MietRB 2005, 126
Rechtsprechung:
Wirksamkeit der Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung
OLG Celle vom 28.4.2000 - 4 W 13/00
MDR 2000, 1428
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Juris
Die Parteien streiten um die Kosten eines Rechtsstreits vor dem AG. Gegenstand der Klage war das Begehren, dass die Beklagten verurteilt werden, den Kläger zu ermächtigen, für die Wohnungseigentümergemeinschaft eine Eigentümerversammlung einzuberufen zwecks Bestellung eines Verwalters.
Im frühen ersten Termin beantragten die Beklagten Klagabweisung. Sodann schlossen die Parteien einen Vergleich. Die Parteien waren sich darin einig, eine Eigentümerversammlung abzuhalten. Tagesordnungspunkt ist - so der Vergleich - die Ermittlung und die Bestimmung eines Verwalters. Die Parteien erklärten in diesem Vergleich den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt und unterwarfen sich einer Entscheidung gem. § 91 a ZPO hinsichtlich der Kosten.
Das AG legte den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a ZPO auf. Das LG wies die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten zurück. Die Rechtsbeschwerde dagegen wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Ein einzelner Wohnungseigentümer oder eine Mehrheit von Wohnungseigentümern hat - ohne eine Ermächtigung iSv § 24 Abs. 3 WEG n.F. und wenn nichts anderes vereinbart ist - kein Einberufungsrecht.
Aus § 24 Abs 2 WEG a.F./n.F. folgt kein Recht zugunsten des dort vorgesehenen Quorums (laut Gesetz: ein Viertel der Wohnungseigentümer), eine Eigentümerversammlung einzuberufen. Eine § 50 Abs 3 GmbHG entsprechende Regelung kennt das WEG nicht.
Im konkreten Fall ist das Quorum des § 24 Abs 2 WEG a.F./n.F. reduziert auf "jeden" Wohnungseigentümer. Der Unterschied zwischen dem schuldrechtlichen "Verlangen" und dem verfügungsrechtlichen "Ermächtigen" bleibt aber nichtsdestotrotz bestehen. Bei nächstliegender und wortlautorientierter Auslegung wurde durch die vorliegende Gemeinschaftsordnung nicht jeder Wohnungseigentümer zur Einberufung der Versammlung ermächtigt, es wurde nur das Mindestquorum der Fordernden reduziert.
Eine Veränderung der Gemeinschaftsordnung durch die "gelebte Praxis", Rechtsbrauch oder gar Gewohnheitsrecht kommt schon aus Transparenzgründen i.d.R. nicht in Betracht, zumal sich der genaue Inhalt des üblichen Vorgehens nicht feststellen lässt. Genausowenig lässt sich eine Selbstbindung kraft Treu und Glaubens o.ä. ausmachen. Niemand muss sich im Ausgangspunkt dem Risiko aussetzen, dass die getroffenen Beschlüsse aus formellen Gründen für ungültig erklärt werden oder dass andere Wohnungseigentümer gegen die unrechtmäßigen Einladungen (etwa im Wege des Eilrechtsschutzes isoliert) gerichtlich vorgehen.
Faktisch großzügig/ unbekümmert mag man in der Gemeinschaft bisher bei Einladungen vorgegangen sein und der die Versammlung Fordernde mag bisweilen zugleich dazu geladen haben. Vor dem Hintergrund, dass offenbar Vollversammlungen die Regel waren, war das Vorgehen jedenfalls nicht schädlich. Denn die rechtliche Besonderheit einer Vollversammlung, bei welcher alle Wohnungseigentümer einer Gemeinschaft bei einer Eigentümerversammlung anwesend sind, besteht darin, dass die Anwesenheit sämtlicher Wohnungseigentümer entsprechend § 51 Abs. 3 GmbHG unter bestimmten Voraussetzungen alle Einberufungsmängel heilt. Allerdings tritt bei Fernbleiben eines Eigentümers in der Versammlung die Heilungswirkung hinsichtlich etwaiger Einberufungsmängel nicht ein.
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